Carles Puigdemont:Der Unabhängigkeitskämpfer

Carles Puigdemont

Carles Puigdemont, Regionalpräsident von Katalonien, hat genug von Spanien.

(Foto: AP)

Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont geht auf Konfrontation mit der Regierung in Madrid - Sympathien erhält er aus einigen EU-Staaten.

Von Thomas Urban

Viel Ärger hat sich der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont nun eingehandelt, ihm droht die Absetzung. Er kündigte nämlich ein Referendum über die staatliche Unabhängigkeit der wirtschaftsstarken Region in der Nordostecke Spaniens an.

Die Katalanen wollen nach seinen Worten nicht länger hinnehmen, dass ihre Steuergelder in anderen Ecken Spaniens versickerten und kaum etwas zu ihnen zurückfließe. Für die Zentralregierung in Madrid ist dies eine Provokation, denn die Verfassung verbietet die Abspaltung einer Region. Mariano Rajoy, der konservative Premier, erklärte dazu, er werde "mit allen Mitteln" das Vorhaben stoppen.

Doch einfach wird dies nicht. Der 54-jährige Puigdemont, führender Kopf der Liberalkonservativen in Barcelona, weiß ein breites Bündnis von Verfechtern der Souveränität hinter sich, von rechts bis linksradikal.

Der Aufsteiger vom Dorf - seine Eltern betrieben eine Konditorei, er ist das zweite von acht Kindern - kann sicher sein, dass das Bündnis der Sezessionisten die nächsten Regionalwahlen haushoch gewinnen würde, falls Madrid seine Regierung absetzte. Vor allem ist er für seine Gegner schwer zu fassen: Er ist stets freundlich, Attacken wehrt er mit Humor ab. Auf internationalem Parkett punktet der frühere Journalist mit exzellentem Französisch und Englisch, womit er den medienscheuen Rajoy eindeutig in den Schatten stellt.

Sympathisanten aus Osteuropa

Vorsichtshalber hat er die EU-Kommission in Brüssel über den Unabhängigkeitsplan informiert. Dort beobachtet man die Konfrontation zwischen Madrid und Barcelona zwar mit Sorge, vermeidet aber eine klare Positionierung. Denn die Katalanen erfreuen sich in einigen EU-Ländern großer Sympathien, besonders im ehemaligen Ostblock.

Puigdemont hat als Reporter für katalanische Zeitungen mehrere Reisen durch die neuen EU-Staaten gemacht und dort viele Kontakte geknüpft. Überdies kann er glaubhaft behaupten, dass er die Probleme der Osteuropäer kennt, sogar aus erster Hand, denn seine Frau ist Rumänin. Er hat sie vor zwei Jahrzehnten kennengelernt, als sie mit einer Theatertruppe zu einem Festival nach Katalonien kam. Sie war 20, er 35, als ihre Romanze begann. Sie schloss noch schnell ihr Anglistikstudium in Bukarest ab, dann heirateten sie nach orthodoxem Ritus. Er spricht mittlerweile auch fließend Rumänisch, ihre beiden Töchter wachsen dreisprachig auf. Seine Frau arbeitet nun für ein englischsprachiges Programm des katalanischen Fernsehens sowie für die einst von ihm gegründete Zeitschrift Catalonia Today.

Entschieden weist Puigdemont den Vorwurf zurück, er führe eine nationalistische Fronde an: "Im Gegenteil, wir sind proeuropäischer als die Spanier in Madrid." So äußert er auch die Überzeugung, dass seine Heimatregion in der EU und in der Euro-Zone bleiben werde, falls das Referendum gelingt und die Verfechter der Souveränität klar siegen. Brüssel werde dann ganz pragmatisch das demokratische Votum anerkennen.

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