Profil:Barbara Jatta

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(Foto: Lena Klimkeit/dpa)

Die Museumsdirektorin ist eine der ersten Chefinnen im Vatikan.

Von Oliver Meiler

Es gibt Karrieren, die haben das Zeug zum Symbol. Die Römerin Barbara Jatta legt eine solche Laufbahn hin. Seit einem Jahr ist die 55 Jahre alte Kunsthistorikerin Direktorin der Vatikanischen Museen, einer der wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Sechs Millionen Besucher im Jahr kommen in die Museen, und es werden immer mehr. Es drängt sie alle mit ungezügelter Macht zur Sixtinischen Kapelle, unter die so wunderbaren wie gefährdeten Deckenmalereien von Michelangelo. Die Massen belasten die Sixtina. Schweiß, Haare, Staub verfangen sich in der Kapelle. Jatta hat zehn zusätzliche Leute angestellt, um dort ständig zu putzen.

Es ist ein toller Job, den der Papst ihr anvertraut hat, aber auch ein schwieriger. Sie selbst spricht von einer "schönen Last", einem "ständigen Spagat" zwischen Bewahren und Erneuern und von einem "Privileg". Barbara Jattas Beförderung war eine Premiere. Nie zuvor in der mehr als 500 Jahre alten Geschichte der päpstlichen Sammlungen hatte eine Frau das Haus geleitet. Lange wäre das undenkbar gewesen. Von allen Männerdomänen galt der Vatikan gewissermaßen als Paradebastion. Franziskus schleift sie nun, ein bisschen wenigstens. Seit der Argentinier Papst ist, wiederholt er bei jeder Gelegenheit, dass Frauen in den vatikanischen Ämtern und Institutionen eine bessere Stellung verdient hätten - zum Wohl der Kirche.

Einiges ist schon passiert. Eine Frau leitet nun die große Kinderabteilung des Krankenhauses Bambino Gesù. Im Presseamt gibt es erstmals eine Vizedirektorin. Die Universität Antonianum, eine von neun päpstlichen Hochschulen in Rom, hat neuerdings eine Rektorin, auch das hatte es davor noch nie gegeben. Im Amt für Laien, Familie und Leben in der römischen Kurie arbeiten jetzt zwei Staatssekretärinnen.

Barbara Jalta ist von allen die ranghöchste, die Galionsfigur des Wandels, auch wenn sie das nicht so gerne hört. Von Frauenquoten hält sie nichts. "Ich hoffe", sagt sie, "dass ich wegen meiner Expertise ausgewählt worden bin und nicht, weil ich eine Frau bin." Wahrscheinlich fügte sich das eine bestens zum anderen. Sechs Kandidaten waren in der engeren Auswahl. Die renommierte Kunsthistorikerin war die einzige Frau, eine energische, elegante und sehr eloquente, auch in Englisch. Wenn sie von ihrem Aufstieg spricht, beginnt sie ihre Sätze dennoch oft mit: "È buffo", es ist lustig. Als bestünde ihre Karriere eben doch auch aus wundersamen Fügungen.

Nach ihrer Promotion an der römischen Universität La Sapienza arbeitete sie zunächst in weltlichen Museen, bevor sie vor zwanzig Jahren ihre erste Anstellung im Vatikan annahm und es später bis zur Leiterin der grafischen Sammlung der vatikanischen Bibliothek brachte. "Ich war also schon Vatikanerin", sagt sie.

Die Mutter von drei erwachsenen Kindern ist gläubige Katholikin. In ihrer Funktion sieht sie durchaus eine missionarische Komponente. Wenn es dem Wachstum des Christentums diene, sagt sie, würde sie auch in Zukunft Werke aus der reichen Sammlung ausleihen. Doch zuletzt sei das einfach viel zu viel geworden. Als Jatta die Leitung der Museen übernahm, waren 750 Werke außer Haus. "Kein Tag verging, an dem nicht eines zurückkam oder wegging." Sie ist da zurückhaltender: Die Zahl der Leihgaben liegt momentan bei dreißig.

Jatta prägt einen neuen Kurs. Sie will die Besucherströme besser verwalten, neu lenken, sie umleiten in weniger populäre Flügel und in den Giardino Quadrato, den Garten im Innenhof, und damit die Sixtina entlasten. Ein zweiter Eingang zum Museum ist ebenfalls geplant, um die langen Warteschlangen etwas zu entzerren. Das wird dann zwar den Aufwand für die Sicherheitskontrollen vergrößern, doch die scheut man nicht. Alle sollen die Schätze des Vatikans sehen können, ohne Einschränkung. So will es auch der Chef, der Papst.

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