Profil:Antonia Moropoulou

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(Foto: Gali Tibbon/AFP)

Die Chemie-Ingenieurin ist die Retterin der Kapelle über dem Grab Jesu.

Von Peter Münch

Wunder sind auch im Heiligen Land nicht mehr alltäglich. Umso erfreulicher ist es, dass am Mittwoch in Jerusalem wieder einmal ein Mirakel gefeiert werden konnte: Die Kapelle über dem vermuteten Grab Jesu erstrahlt nach knapp einjähriger Restaurierung in neuem Glanz - und es hat bei den gesamten Bauarbeiten keinen Streit gegeben und keine Verzögerung. Sogar die Kosten blieben im geplanten Rahmen von 3,5 Millionen Euro. Dem Himmel also sei Dank, einerseits. Andererseits gebührt der Dank vor allem Antonia Moropoulou.

Die 64 Jahre alte griechische Chemie-Ingenieurin mit einer Professur in Athen ist eine überaus freundliche Dame von 1,58 Meter Größe, mit rötlichem Haar und leiser Stimme - sowie enormer Energie. Sie leitete die Renovierungsarbeiten und stand dabei einem Team von 50 Spezialisten vor, die immer nur nachts ihr Werk verrichten konnten, um den täglichen Besucherandrang in der Grabeskirche nicht zu stören. "Extrem faszinierend" fand sie den Job, und zugleich "enorm herausfordernd".

Denn dieser Arbeitsplatz liegt nicht nur an einem der heiligsten Orte der Christenheit, sondern auch an einem der umkämpftesten. Mit strengem Blick verfolgt wurde die Restaurierung von allen sechs Konfessionen, die sich die verschachtelte Grabeskirche, in der die Kapelle steht, nur allzu selten in christlicher Eintracht teilen. Die ständigen Eifersüchteleien hatten die dringend notwendigen Arbeiten so lange verzögert, dass am Ende tatsächlich ein Einsturz drohte. Die Kapelle war schon 1927 bei einem Erdbeben beschädigt und 1947 von den Briten mit einem Stahlkorsett notdürftig stabilisiert worden. Das Gerüst war mittlerweile rostig, die Steine waren feucht und porös. Erst im letzten Moment einigten sich die Vertreter der drei großen Konfessionen - die Griechisch-Orthodoxen, die Armenier und die Katholiken - auf die Renovierung, und Antonia Moropoulou konnte ans Werk gehen.

Wer sie bei den Bauarbeiten besuchte, dem schwärmte sie vor von all den technisch hoch komplizierten Aufgaben, die hier bewältigt werden mussten. Mit Infrarotkameras, Laserscannern und Drohnen wurden zunächst die Schäden aufgenommen. Zum ersten Mal seit 200 Jahren wurde sogar die Marmorplatte über dem Grab geöffnet. Dann mussten Risse zugemörtelt, Steinplatten ersetzt und mit Metallstiften am Fels fixiert werden. Am Ende ist die Grabkapelle nun sogar erdbebensicher.

Für Antonia Moropulou ist die jetzige Übergabe des runderneuerten Heiligtums ein "historischer Moment". Zur Feier des Tages stimmten sogar die sonst stets getrennt betenden Konfessionen gemeinsam den Dankhymnus an. Nun ist alles bereit für den großen Oster-Ansturm. In diesem Jahr nämlich fallen die katholischen und orthodoxen Festtage zusammen. Das mag kein Wunder sein, sondern ein kalendarischer Zufall. In jedem Fall aber ist es eine wunderbare Gelegenheit, Gemeinsamkeit zu demonstrieren.

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