Profil:António Luís Santos da Costa

Legislative Election: Passos Coelho vs Antonio Costa debate; 151111_ch_1

António Luís Santos da Costa: Portugiesischer Sozialistenchef, dem Wortbruch nicht abgeneigt.

(Foto: Manuel De Almeida/dpa)

Sozialist in Portugal, dem Wortbruch nicht abgeneigt.

Von Thomas Urban

Parteifreunde, die Deutschland kennen, haben den portugiesischen Sozialistenchef António Luís Santos da Costa insgeheim vor einem Phänomen gewarnt, das den seltsamen Namen "Ypsilanti-Effekt" trägt. Gemeint ist damit, dass ein Kandidat im Wahlkampf eine Koalition mit einer bestimmten anderen Partei kategorisch ausschließt, nur um sie dann nach der Wahl anzustreben. Daran ist vor sieben Jahren die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti gescheitert. Vor der Landtagswahl hatte sie ein Zusammengehen mit der Linken abgelehnt, danach aber energisch vorangetrieben. Sie verlor darüber ihr Amt und die SPD die vorgezogene Neuwahl.

Costa ist das nicht passiert. Er hat mit Hilfe zweier linker Gruppierungen am Dienstag die konservative Regierung von Pedro Passos Coelho gestürzt. Im Wahlkampf hatte er den Linken noch Koalitionsfähigkeit abgesprochen. Nun will er Premier werden. Dabei hatte er noch unmittelbar nach der Wahl am 4. Oktober seine Niederlage eingestanden und angekündigt, er werde dem Amtsinhaber Pedro Coelho Passos keine Steine bei der Fortführung der Regierungsarbeit in den Weg legen.

Dann änderte Costa seine Meinung über Coelho. Und nicht nur das: Er kündigte auch gleich ein Ende des Sanierungskurses an, zu dem sich das Land verpflichtet hatte, als es vor vier Jahren unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfte und so der Staatspleite entging. Im Wahlkampf hatte Costa noch gesagt, dass der Sparkurs grundsätzlich unvermeidbar sei, allenfalls werde er als Regierungschef die Armen weniger belasten. Dass diese Zusagen nun alle nicht mehr gelten sollen, hat Costa auch aus dem eigenen Lager Kritik eingebracht.

Schließlich waren es die damals regierenden Sozialisten, die das Abkommen über die Sparmaßnahmen mit den Kreditgebern unterzeichnet hatten.

Der Sohn des bekannten kommunistischen Schriftstellers Orlando da Costa, der aus einer zum Katholizismus konvertierten indischen Brahmanen-Familie in der früheren portugiesischen Kolonie Goa stammt, hat in Lissabon Jura studiert und zunächst als Anwalt gearbeitet. Gleichzeitig engagierte er sich bei den Sozialisten. Erst wurde er in den Stadtrat von Lissabon gewählt, dann ins Parlament. Von 1997 bis 2002 gehörte er in verschiedenen Funktionen der sozialistischen Regierung an. Es folgte ein dreijähriger Abstecher ins EU-Parlament, bis er 2005 ins Kabinett von Pedro Sócrates berufen wurde, gegen den derzeit ein Verfahren wegen Korruption läuft.

Aus dem Kabinett gelang Costa 2007 der Sprung auf den Sessel des Oberbürgermeisters von Lissabon. Den Posten gab er im vergangenen April auf, als ihm Umfragen einen klaren Sieg bei der bevorstehenden Parlamentswahl vorhersagten. Gekommen ist es dann anders: Die Sozialisten bekamen weniger als ein Drittel der Stimmen. Der Sturz des Wahlsiegers Coelho ist Costas letzte Chance, selbst Regierungschef zu werden.

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