Profil:Anthony Modeste

Der Millionentransfer von Köln nach China ist auch Pate eines Sommerhits.

Von Klaus Hoeltzenbein

Anthony Modeste

Foto: Marius Becker/dpa

In den Kölner Karneval im Februar zog das Ehepaar Maeva und Anthony Modeste als Rotkäppchen und böser Wolf. Gar lustig war's auf der Prunksitzung des örtlichen Fußballklubs, denn der feierte wie immer sich selbst - und er feierte seinen "jecken Tor-Wolf", wie Medien die Fotos von Modeste unter der zähnefletschenden Narrenkappe betitelten. Ein Programmteil war dann noch die Überreichung eines symbolischen Schecks von einer ominösen "chinesischen Delegation" an diesen Wolf.

Die Scherze im Kölner Karneval sind stets nah an der Wirklichkeit. Meist blicken sie auf Vergangenes, jetzt aber wird die Geschichte mit dem Scheck und China zur Realität. Modeste, dieser bullige, kopfballstarke Stürmer, hat mit seinen 25 Saisontoren das Comeback des lange darbenden 1. FC Köln geprägt, nur der Dortmunder Aubameyang (31) und der Münchner Lewandowski (30) trafen häufiger. Deshalb können die Kölner in diesen Tagen für ihren Verein einen Rekordtransfer besiegeln: Ein Modeste kostet so viel wie zwei Podolskis - und diese Rechnung zeigt exemplarisch, wer auf dem Transfermarkt gerade die Preise treibt. Gegen 15 Millionen Euro war Lukas Podolski, der ewige Volksheld unterm Dom, 2012 zum FC Arsenal nach London umgezogen; in die Premier League, die attraktivste Liga der Welt. Für mehr als das Doppelte zieht Modeste nun nach Tianjin, eine Hafenstadt in der Einflusszone Pekings; in die Super League, wo der Name erst den Staatsplan beschreibt.

Lange hieß es unter den Bundesliga-Managern, China, das sei zwar ein aufstrebender, aber kein konkurrierender Markt. An die wirklich großen Namen traue sich diese Super League nicht ran. Know-how aus Deutschland, dem Weltmeisterland, für den von Staatspräsident Xi Jinping angeordneten Aufstieg in die Weltspitze liefern derzeit vornehmlich zwei Trainer: Felix Magath bei Shandong Luneng und Roger Schmidt, der den populären Arbeiterklub Beijing Guoan übernimmt. Nun aber ist Köln der erste Bundesligist, dem ein Transfer in die Volksrepublik wehtun dürfte. Zwar sind die circa 35 Millionen Euro, die reinkommen, höchst willkommen, die Rendite ist gewaltig: Modeste kam 2015 für 4,5 Millionen von der TSG Hoffenheim. Allerdings war das Kölner Spiel stringent auf ihn zugeschnitten, schneller Ersatz wird kaum und nur sehr teuer zu finden sein.

Niemals geht man so ganz - so wird es einem am Rhein bei Abschieden hinterhergerufen. Modeste, 29, der in Cannes geborene Franzose, dessen Vorfahren aus Martinique stammen, hat geholfen, den Kölner Fußball zu reanimieren. Auch als Pate eines Mallorca-Sommerhits von 2017 wird er in spezieller Erinnerung bleiben. Mit Zeilen wie diesen: "Wer feiert täglich Schützenfest? Anthony Modeste! - Wer braucht beim Kopfball kein Podest? Anthony Modeste! - Wer baut sein Haus ohne Asbest? Anthony Modeste!" Der Hit sammelt Zweizeiler, die die Fans auf ihren Torjäger dichteten. Auf die chinesische Übersetzung darf man gespannt sein.

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