Regisseur:Alex Garland

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Alex Garland: Britischer Backpacker, Bestsellerautor und Filmregisseur. (Foto: Jack Plunkett/Invision/AP)

Der britischer Backpacker, Bestsellerautor und Filmregisseur debütiert mit der erotischen Science-Fiction-Geschichte "Ex Machina".

Von David Steinitz

Ein Rucksack stand am Anfang der Karriere von Alex Garland. Bevor er ein gefeierter Schriftsteller, Drehbuchautor und nun auch Regisseur wurde - in dieser Woche startet sein Regiedebüt "Ex Machina" im Kino - wollte er einfach nur weg.

Der gebürtige Londoner, Jahrgang 1970, war Mitte der Neunzigerjahre gerade mit seinem Geschichtsstudium fertig, als er beschloss, dass es dringend Zeit war, Großbritannien zu verlassen. Das Land wurde von Tony Blair regiert, die Charts von Oasis - und die bequeme, selbstgerechte Partystimmung der Cool-Britannia-Jahre ging Garland gehörig auf die Nerven. Die Welt musste doch noch etwas mehr zu bieten haben als Lagerbier und Britpop.

Also packte er seinen Rucksack, verabschiedete sich von seinen Eltern und reiste als Backpacker durch Südostasien. Dieser lange Trip war die Inspiration für seinen ersten Roman "Der Strand" (1996). Das Buch war eine träumerische Zeitgeist-Aussteigergeschichte und ein fieses PopUpdate des Klassikers "Herr der Fliegen". Garland schrieb es fertig, fand einen Verlag - und verschwand wieder mit seinem Rucksack in der Ferne. Als er zurückkam, war er mit nur 26 Jahren Bestsellerautor. Allein in England wurden binnen eines Jahres gut zwei Dutzend Auflagen von "Der Strand" gedruckt. Kurz darauf verfilmte Danny Boyle den Roman mit dem Star der Stunde: Leonardo DiCaprio.

Und Garland? Wurde durch den plötzlichen Ruhm ein bisschen verrückt, wie er im Nachhinein selbst sagt. Keine Fotos und keine Interviews wollte er der gierigen britischen Boulevardpresse mehr erlauben, weshalb die ihn blitzschnell als arrogante Nordlondoner Version von J. D. Salinger abstempelte. Mit einer Schreibblockade und viel schlechter Laune saß Garland unterbeschäftigt und unglücklich daheim. Bis "Der Strand"-Regisseur Danny Boyle beschloss, dass es mit dem talentierten jungen Schreiber so nicht weitergehen könne. Also holte er ihn ins Filmgeschäft. Für Boyle schrieb Garland dann im Lauf der Jahre die Drehbücher für den ApokalypseHorrorfilm "28 Days Later" (2002) und das Science-Fiction-Abenteuer "Sunshine" (2007). Auch für die Filmadaption des Bestsellers "Alles, was wir geben mussten" schrieb Garland 2010 das Skript.

Doch seine wahre Berufung, sagt Garland, habe er trotz der so beachtlichen Karriere erst jetzt, mit 44 gefunden: Regie führen. Er wolle Filme nicht nur schreiben, sondern auch inszenieren, und die mit so viel Herzblut geschriebenen Drehbücher nicht mehr in fremde Hände geben müssen. Dass auch dieser Drittkarriere nicht viel im Weg stehen wird, beweist nun sein geniales Regiedebüt "Ex Machina", eine finstere Frankenstein-Version fürs Internet-Zeitalter. Obwohl es sich nur um ein kleines Kammerspiel mit winzigem Budget handelt, holt Garland - ganz der spartanische Backpacker - aus dieser Independent-Produktion mehr heraus als so mancher Blockbuster-Regisseur in einer ganzen Karriere.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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