Profil:Ada Colau

Ada Colau; Ada Colau SW für Ipad

Will weiter eine weltoffene Stadt: Ada Colau.

(Foto: Emilio Morenatti/AP)

Oberbürgermeisterin der vom Terror gezeichneten Stadt Barcelona.

Von Thomas Urban

Die Medien berichten es ungläubig: Ein katholischer Pfarrer in Madrid hat in der Sonntagspredigt Ada Colau zur Mitschuldigen des Terroranschlags von Barcelona erklärt. Sie habe verhindert, dass die Flaniermeile La Rambla durch Poller gesichert werde. Die Schuldzuweisung belegt, unter welchem Druck die 43-jährige Bürgermeisterin in diesen Tagen steht. Am Abend nach der Todesfahrt eines islamistischen Terroristen war sie im weißen Kleid vor die Presse getreten und hatte betont: "Unsere Stadt bleibt offen für alle Kulturen." Es könne keinen Gegensatz zwischen Freiheit und Sicherheit geben.

Doch wie soll man die integrative Kraft, die Barcelona einzigartig macht, nach einem solchen Attentat aufrechterhalten? Ada Colau setzt auf die öffentliche Geste. Zusammen mit dem katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont hat sie die Bürger von Barcelona für Samstag zu einer Großdemonstration gegen Terrorismus und extremistische Gewalt aufgerufen.

Ein Terroranschlag dieses Ausmaßes ist die wohl größtmögliche Herausforderung für eine Bürgermeisterin. Ada Colau hatte noch nicht viel Gelegenheit, Erfahrung zu sammeln. Seit zwei Jahren steht sie an der Spitze der Stadt. Sie hatte sich zuvor in linksalternativen Gruppen gegen Immobilienspekulation, Zwangsräumungen von Schuldnern und Auswüchse des Massentourismus engagiert. Sie selbst nahm früher an Hausbesetzungen teil.

Bei den Kommunalwahlen 2015 trat Ada Colau für ein basisdemokratisches Bündnis an, das auf Anhieb zur stärksten Gruppierung im Rathaus wurde, aber die absolute Mehrheit weit verfehlte. Trotzdem brachte sie eine Mehrheit hinter sich, die sie zur Bürgermeisterin wählte. Konservative und Liberale hofften wohl insgeheim, die frühere Philosophiestudentin, die keinen Abschluss hat, werde mangels Verwaltungserfahrung rasch scheitern. Sie irrten sich, denn Ada Colau kam schnell mit der neuen Rolle zurecht.

Zu schnell, meinen ehemalige Mitstreiter. Immer mehr wandelte sie sich zur durchsetzungsstarken Realpolitikerin, deren äußerer Stil etwas an Angela Merkel erinnert. So ließ sie die Stadtpolizei einsetzen, um Räumungsbefehle zu vollstrecken. Ebenso drohte sie den linksradikalen Gegnern des Massentourismus, die Reisebusse und Mietwagen besprühten, mit dem Staatsanwalt.

Nun steht sie vor der größten Herausforderung: Barcelona ist Hochburg von Salafisten, die gegen alles kämpfen, was der zweifachen Mutter wichtig ist: Multikulti, Gleichberechtigung, Rechte sexueller Minderheiten. Diese Welten sind schwer vereinbar. Eine klare Positionierung wird von ihr auch im Konflikt um das geplante Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens verlangt. Früher lief Ada Colau bei Demos von Catalanistas mit. Doch auch hier hat das Amt sie zur Realpolitikerin gemacht. Stadtbedienstete dürfen sich für die - verfassungswidrige - Abstimmung einsetzen, entschied sie. Aber nur in der Freizeit.

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