Euro-Rettungsschirm:Merkel kann mit eigener Mehrheit rechnen

Erleichterung nach der Probeabstimmung der Union: Die schwarz-gelbe Regierung erwartet bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm ESFS am Donnerstag etwa 18 Abweichler. Damit wäre nicht nur die eigene, sondern ganz knapp auch die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit gesichert.

Stefan Braun, Claus Hulverscheidt und Nico Fried

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kann bei der Abstimmung über die Reform des Euro-Rettungsschirms im Bundestag mit einer eigenen Mehrheit rechnen. Dies zeichnete sich nach den Fraktionssitzungen von Union und FDP am Dienstag ab. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou räumte unterdessen bei einem Besuch in Berlin gravierende politische Fehler seines Landes in der Vergangenheit ein, verlangte zugleich aber Respekt für die einfachen Bürger.

In der Unions-Fraktion stimmten nach Teilnehmerangaben elf Abgeordnete gegen die Ausweitung des EFSF. Zwei enthielten sich. Der Abgeordnete Wolfgang Bosbach, der bereits angekündigt hat, die Reform abzulehnen, nahm an der Sitzung nicht teil. In der FDP wurde zunächst nicht abgestimmt. Fraktionschef Rainer Brüderle äußerte aber die Erwartung, dass sich die Zahl von vier Skeptikern aus einer Probeabstimmung vor zwei Wochen nicht erhöhen werde. Bei einem entsprechenden Abstimmungsverhalten am Donnerstag würden der Koalition damit 18 Stimmen fehlen.

Union und FDP verfügen derzeit über 330 der insgesamt 620 Abgeordneten. Die absolute Mehrheit, auch Kanzlermehrheit genannt, liegt also bei 311 Stimmen. Um sie zu erreichen, könnte sich Merkel 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen aus den eigenen Reihen erlauben. Ob sie das schafft, ist unklar, da einige Abgeordnete nicht an den Fraktionssitzungen teilnahmen und mindestens einer aus der Union aus gesundheitlichen Gründen am Donnerstag nicht an der Abstimmung teilnehmen kann. Die Kanzlerin hatte allerdings mehrmals betont, dass ihr eine relative Mehrheit der Stimmen, also eine sogenannte eigene Mehrheit, reichen würde. Dafür müsste die Koalition mehr Stimmen erreichen als die anwesenden Abgeordneten der Opposition zuzüglich der Abweichler aus den Reihen von Union und FDP zusammen.

Vor den Fraktionssitzungen hatten Spekulationen weiter für Unruhe gesorgt, das Finanzvolumen des EFSF, das mit der aktuellen Reform auf 440 Milliarden Euro erweitert wird, müsse danach noch viel stärker erhöht werden. In Regierungskreisen hieß es, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schließe einen solchen Schritt im Gegensatz zu CSU und FDP ausdrücklich nicht aus. Öffentlich versuchte der Minister aber, diesen Eindruck zu widerlegen. Am Dienstag besuchte er dazu die Fraktionssitzung der FDP. Zuvor war es auch in der Sitzung der CSU-Landesgruppe zu Unmutsäußerungen gegen ihn gekommen.

Papandreou sagte bei der Jahrestagung des Industrieverbands BDI, er habe einen "brutalen" Sparkurs eingeleitet, der die Menschen hart treffe. Würden diese nun im Ausland auch noch permanent kritisiert, sei das für sie frustrierend. Athen erhält seit 2010 Milliardenkredite von den Euro-Partnern, weil die Regierung wegen ihrer hohen Verschuldung an den Kapitalmärkten kein Geld mehr zu erträglichen Konditionen bekommt.

Papandreou sagte, der Reformweg sei zur Hälfte geschafft und werde ohne Abstriche weitergegangen. Er garantiere zudem, dass Griechenland alle Auflagen erfülle, die als Gegenleistung für die Kredite vereinbart worden seien. 2012 wolle der Staat so weit sein, dass er - ohne Berücksichtigung der Kosten für Zins und Tilgung - mehr einnehme als ausgebe. Für all diese Reformen verlangten die Griechen keinen Applaus. "Wir verlangen aber Respekt", sagte Papandreou. Finanzminister Evangelos Venizelos teilte mit, dass die obersten Experten der sogenannten Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank in dieser Woche zur Einschätzung der Lage nach Griechenland zurückkehrten.

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