1900 pro Monat extra:Besser mit Polster

Wie man sich für den Fall absichern kann, dass die staatliche Vorsorge im Alter nicht reicht - und wann man damit starten sollte.

Von Kim Björn Becker

Vielleicht liegt es ja auch nur am Namen. Die Riester-Rente, also die staatlich geförderte Zusatzabsicherung im Alter, ist seit ihrer Einführung zum feststehenden Begriff geworden, es gibt sogar ein eigenes Verb für diese Form der Altersvorsorge: riestern. Ganz anders beim Pendant in der Pflege. Seit 2013 gibt es auch für die gesetzliche Pflegeversicherung eine staatlich geförderte private Zusatzversicherung, den sogenannten Pflege-Bahr. Der Name geht auf den früheren FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr zurück, das Verb "bahren" sucht man in der deutschen Sprache aber bislang vergebens.

Dabei ist das Problem, für das der Pflege-Bahr eine Lösung sein soll, für viele Betroffene nicht minder gravierend als mögliche Lücken bei der Rente. Denn die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt nicht alle Kosten für eine professionelle Betreuung im Alter. Die Stiftung Warentest erwartet, dass die Finanzlücke bei der Pflege mindestens 540 Euro pro Monat beträgt und in Einzelfällen sogar bei mehr als 2300 Euro liegen kann.

Um sich gegen dieses Risiko abzusichern, bieten Versicherer seit einigen Jahren private Pflegezusatzversicherungen an. Nach Angaben des Verbands der Privaten Krankenversicherung gab es im vergangenen Jahr fast 3,3 Millionen Policen. Davon hatten 684 000 Versicherte in Deutschland einen Pflege-Bahr abgeschlossen, sich also für das staatlich geförderte Modell entschieden. Insgesamt sichern sich aber nur vergleichsweise wenige privat ab, es sind momentan etwa vier Prozent aller Pflege-Pflichtversicherten.

Viele Versicherer stellen bestehende Verträge automatisch um, wenn in wenigen Tagen die umfassende Pflegereform der großen Koalition in Kraft tritt - es gibt aber keine einheitliche Regelung für den Übergang.

Die meisten Versicherer zahlen derzeit zwischen 300 und 1900 Euro pro Monat

Dass die Zusatzversicherungen ihren Zweck bislang zumeist erfüllt haben, bescheinigte ihnen kürzlich die Stiftung Warentest. Eine Untersuchung etlicher Verträge habe ergeben, dass viele Policen die Versicherten "gut vor finanziellen Risiken absichern", sagt Aline Klett, Pflege-Expertin der Stiftung. Allerdings unterscheiden sich die angebotenen Modelle teils deutlich - und sind nicht für jeden geeignet.

Das gilt auch im neuen Pflegesystem, das vom 1. Januar 2017 an in Kraft ist.

Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Pflegetagegeldversicherung. Fast 2,4 Millionen Menschen haben eine solche Police, bei der die Versicherungsgesellschaft im Pflegefall ein vorher festgelegtes Tagegeld auszahlt. Die Höhe hängt davon ab, wie stark der Versicherte beeinträchtigt ist - die meisten Versicherer zahlen derzeit zwischen 300 und 1900 Euro. Wofür der Versicherte das Geld verwendet, ist seine Sache. Dafür muss er die Beiträge (ein 55-Jähriger Neukunde kommt auf knapp 90 Euro pro Monat) ein Leben lang zahlen, teils auch dann, wenn er pflegebedürftig ist. Kann er die Raten nicht mehr aufbringen, ist der Versicherungsschutz dahin. Weil die Kosten für Pflege voraussichtlich steigen werden, erhöhen sich auch die Beiträge, warnt Klett: "Die Tagegeldversicherungen sind daher nur für Menschen zu empfehlen, die finanziell recht gut dastehen und auch schon anderweitig fürs Alter vorgesorgt haben".

Der Pflege-Bahr ist eine Sonderform der Tagegeldversicherung, dabei fördert der Staat die Monatsbeiträge mit fünf Euro, und beim Auszahlungsbetrag sind Mindestsummen festgelegt. Anders als bei vielen anderen Policen müssen die Versicherer einen Kunden auch dann aufnehmen, wenn er Vorerkrankungen hat und bei regulären Tarifen Aufschläge zahlen müsste oder gar abgelehnt würde. Zudem dürfen beim Pflege-Bahr höchstens fünf Jahre zwischen Versicherungsbeginn und den ersten Auszahlungen liegen - bei ungeförderten Verträgen können die Versicherer aber auch längere Vorlaufzeiten festlegen. "Grundsätzlich ist es empfehlenswert, dass man sich erst dann absichert, wenn man in etwa weiß, wie gut man im Alter dasteht und ob man dann zum Beispiel abbezahltes Wohneigentum hat", sagt Klett. Zwischen 40 und 50 Jahren sei ein gutes Alter, um über Pflegezusatzversicherungen nachzudenken.

Daneben gibt es noch Pflegekostenversicherungen, dafür haben sich zuletzt etwa 355 000 Menschen entschieden. Sie sind meist günstiger als die Tagegeld-Variante, ein 55-Jähriger zahlt etwas weniger als 70 Euro - und wie der Name sagt, übernimmt die Versicherung dabei vor allem nachgewiesene Kosten für professionelle Pflege. "Damit ist die Pflegekostenversicherung eher für jene geeignet, die davon ausgehen, dass sie die Hilfe von Fachleuten in Anspruch nehmen", sagt Klett. Wer auch von Angehörigen versorgt werden kann, sei mit einer Tagegeldversicherung flexibler.

Und dann gibt es noch Pflegerentenversicherungen, die nach dem Modell der Lebensversicherung aufgebaut sind. Die Beiträge waren im Test die höchsten, meist mehr als 200 Euro pro Monat. Aber sie bleiben grundsätzlich stabil und der Kunde hat die Möglichkeit, Zahlungen zeitweise auszusetzen - auch wenn die Leistungen dadurch abnehmen. Im Pflegefall muss er dafür nichts mehr zahlen und bekommt eine monatliche Rente überwiesen - oder eine Einmalzahlung.

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