Pressefreiheit in China:"Rückfall in dunkle Zeiten"

Pressefreiheit in China: Eine der seltenen Demonstrationen für mehr Pressefreiheit in der südchinesischen Stadt Guangzhou (Archivbild vom 8. Januar 2013)

Eine der seltenen Demonstrationen für mehr Pressefreiheit in der südchinesischen Stadt Guangzhou (Archivbild vom 8. Januar 2013)

(Foto: AFP)

Die staatliche Medienbehörde in China hat die Arbeitsbedingungen für Journalisten erneut verschärft: Fortan ist die Weitergabe von geheimen Informationen illegal - und geheim kann alles sein. Kritiker befürchten eine Zunahme der Selbstzensur.

  • Journalisten dürfen künftig keine Geheimnisse mehr veröffentlichen, teilte die staatliche Medienbehörde mit. Das gilt für Staatgeheimnisse, Unternehmensgeheimnisse, aber auch generell unveröffentlichte Informationen.
  • Noch ist unklar, ob die Regel auch für ausländische Journalisten gilt.
  • Auf dem Index für Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht China auf Platz 175 von 180 Ländern.

"Heikle Informationen" dürfen nicht mehr veröffentlicht werden

Bislang war es für Journalisten in China eine hochgradig komplizierte Angelegenheit, ihrer Arbeit nachzugehen. Doch mit der jüngsten Verschärfung der Regeln ist es nahezu unmöglich geworden: Wie die nationale Medienbehörde mitteilte, wurde die Weitergabe von heiklen Informationen verboten. Reporter dürfen bislang unveröffentlichte Informationen nicht kopieren, aufnehmen, aufbewahren oder im privaten Gespräch weitergeben.

Die Regeln gelten für alle Arten von Informationen: von Staatsgeheimnissen über Unternehmensgeheimnisse bis hin zu generell unveröffentlichten Informationen. Ob eine Information ein Staatsgeheimnis ist, kann auch nachträglich festgelegt werden.

Christian Mihr von der Organisation "Reporter ohne Grenzen" bezeichnete die Verordnung als absurd: "Die Verbreitung unbekannter Informationen und Nachrichten ist die Kernaufgabe von Journalismus", sagte er. "Diese wesentliche Funktion von Journalismus jetzt verbieten zu wollen, kommt einem Rückfall in die dunklen Zeiten der maoistischen Diktatur gleich." Der Chefredakteur eines chinesischen Magazins sah die weitere Berichterstattung von Journalisten in China gefährdet. "Die Regeln geben den Behörden freie Hand. Sie können einem damit alles als Verstoß auslegen", sagte er und bat darum, seinen Namen nicht zu veröffentlichen. "Das wird eine Selbstzensur von Journalisten befördern." Zwar hätten Behörden auch vorher schon gegen kritische Berichte vorgehen können. "Aber die neuen Regeln gehen viel weiter als zuvor."

Verbot von Gerüchten im Netz

Im Juni hatte die staatliche Behörde für Presse, Veröffentlichungen, Radio, Film und Fernsehen bereits verschärfte Regeln bekanntgegeben. Reportern wurde verboten, außerhalb ihrer Provinzen oder Regionen zu recherchieren. Zudem verlangte die Behörde, dass Journalisten ihre Arbeitgeber oder Behörden um Erlaubnis fragen, bevor sie Recherchen zu "kritischen Themen" aufnehmen.

Gleichzeitig verbot die Behörde den Reportern, selbst recherchierte Informationen einfach auf privaten Blogs oder Internetseiten zu veröffentlichen. In der Vergangenheit hatten Journalisten immer wieder die Zensur damit umgangen, dass sie heikle Berichte nicht in staatlich kontrollierten Medien veröffentlichten, sondern auf privaten Blogs.

Der Einfluss des Staatschefs

Seit Xi Jinping im vergangenen Jahr zum Staatschef aufgestiegen ist, klagen Berichterstatter in China vermehrt über strengere Vorgaben für ihre Arbeit. Vergangenes Jahr hatte die Behörde alle chinesischen Journalisten zu Marxismus-Kursen verpflichtet. Es wurde ein Verbot zur Verbreitung von Gerüchten im Internet verhängt. Dutzende Blogger wurden daraufhin festgenommen und warten noch immer auf ihre Gerichtsprozesse. Auf dem Index für Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht China auf Platz 175 von 180 Ländern.

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