Premier verhängt Ausnahmezustand:Militärputsch in Thailand

Während sich der umstrittene Premier auf der UN-Vollversammlung in New York befindet, haben in Bangkok Polizei und Armee die Macht übernommen.

In Thailand hat die Armee nach eigenen Angaben am Dienstag mit einem Putsch die Macht übernommen. Ein Sprecher erklärte, das Parlament, die Regierung und das Verfassungsgericht seien aufgelöst. Die Putschisten ließen über alle Fernsehstationen verbreiten, sie hätten eine Kommission eingesetzt, die über politische Reformen entscheiden solle.

Zuvor waren Panzer ins Zentrum der Hauptstadt Bangkok eingerückt und hatten das Regierungsviertel umstellt. Premier Thaksin Shinawatra verhängte von New York aus, wo er an der UN-Vollversammlung teilnahm, den Ausnahmezustand.

Als Sprecher der Putschisten, die sich als "Rat für demokratische Reformen unter der Monarchie" bezeichneten, fungierte der Kommandeur der Bodenstreitkräfte, Generalleutnant Sonthi Boonyaratglin. "Der Rat hat es für nötig befunden, von nun an die Macht zu übernehmen", erklärte er in Bangkok. Die Armee habe die volle Kontrolle über das Land. Auch in den Provinzen sei sie auf keinen Widerstand gestoßen.

Die Verfassung von 1997 sei außer Kraft gesetzt. Militärsprecher Akara Chitroj erklärte, Thaksins Stellvertreter Chitchai Wannasathit sei aus seinem Amt entfernt und zusammen mit Verteidigungsminister Thammarak Isaragura na Ayuthaya festgenommen worden. Beide gelten als enge Vertraute Thaksins.

In der Fernseh-Botschaft der Aufständischen wurde dazu aufgerufen, Ruhe zu bewahren. Der Rat erkenne König Bhumibol als Staatschef an. Der Putsch sei nötig gewesen, da die Regierung Thaksin das Land gespalten und der Korruption Tür und Tor geöffnet habe.

Machtübernahme nur "vorübergehend"

Die Übernahme der Macht sei vorübergehend, sie werde schon bald wieder dem Volk übertragen. Die Armee wurde landesweit angewiesen, nur die Befehle des Rats zu befolgen. Offenbar gab es Bedenken, regierungstreue Soldaten könnten einen Gegenputsch starten. Es ist der 20.Staatsstreich in Thailand seit 1932. Zuletzt hatte das Militär vor 15 Jahren rebelliert.

Thaksin ließ in New York erklären, er betrachte sich noch immer als Regierungschef. Ein Vertrauter des Ministerpräsidenten sagte, Thaksin sei "ziemlich ruhig" und bleibe zunächst im Hotel. Seine ursprünglich geplante Rede vor der UN-Vollversammlung wurde aber abgesagt.

Thaksin forderte die Militärchefs auf, sich illegaler Aktionen zu enthalten. Zunächst war unklar, ob die gesamte Armee hinter den Putschisten stand. Nach Angaben aus Regierungskreisen wollte Thaksin am Donnerstag aus New York zurückkehren, einen Tag früher als geplant.

Am Abend hatten Panzer das Regierungsviertel umstellt. Augenzeugen berichteten, etwa 50 Soldaten seien in die Gebäude eingedrungen und hätten dort die Polizisten entwaffnet. Der Staatsrundfunk unterbrach sein Programm, spielte patriotische Musik und zeigte Bilder der vom Volk verehrten Königsfamilie. Augenzeugen berichteten von Truppenbewegungen in Bangkok seit dem Nachmittag. Das Straßenbild sei jedoch ungewöhnlich ruhig gewesen.

Für Oktober war eine Parlamentswahl in Thailand vorgesehen. Sie wurde aber verschoben und sollte dann im November stattfinden. Zuvor hatte das Verfassungsgericht die vorgezogene Parlamentswahl von April dieses Jahres für ungültig erklärt und Neuwahlen angesetzt. Thaksin hatte sich im März nach wochenlangem Druck von Demonstranten gebeugt und im April die Wahl drei Jahre früher als geplant stattfinden lassen. Die Opposition bezeichnete diese jedoch als unfair und boykottierte sie. An den Neuwahlen im November wollte sie aber teilnehmen.

Thaksin wird von seinen Gegnern Machtmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Vor allem kritisieren sie den steuerfreien Verkauf von Anteilen seiner Familie an dem Telekomkonzern Shin Corp, den Thaksin gegründet hatte. Im August wurde nach Polizeiangaben ein Sprengstoff-Attentat auf Thaksin verhindert. Als Hauptverdächtiger war der Fahrer eines Sicherheitsdienstes festgenommen worden.

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