Präsidialamt ruft Bush zum Sieger aus:"Bushs Vorsprung in Ohio uneinholbar"

Obwohl das Ergebnis im entscheidenden Staat Ohio vielleicht erst in Wochen feststehen wird, nimmt das Weiße Haus den Sieg für George W. Bush in Anspruch. Der Präsident führt mit 136.500 Stimmen, bis zu 250.000 müssen aber noch ausgezählt werden.

Bush habe den Schlüsselstaat Ohio "statistisch uneinholbar" für sich entschieden und so seine Wiederwahl "mit entscheidendem Abstand" sichergestellt, sagte Bushs Stabschef Andrew Card. Aus Respekt werde dem Herausforderer John Kerry aber noch Zeit gegeben, über das Ergebnis der Wahl nachzudenken, sagte Card weiter. Bush wolle sich erst zu einem späteren Zeitpunkt äußern.

Zuvor hatte bereits die Kommunikationsdirektorin von Bushs Wahlkampfteam, Nicolle Devenish, gesagt, Kerry mache sich "Illusionen", wenn er noch auf einen Sieg in Ohio hoffe. "Präsident Bush ist heute nacht mit den Stimmen aus dem großartigen Staat Ohio wiedergewählt worden." Sie warnte Kerrys Demokraten vor einem Streit um das Ergebnis: "Dieser Versuch ist verzweifelt und wird der Demokratischen Partei lang anhaltenden Schaden zufügen."

Demokraten bestehen auf Auszählung aller Stimmen

Bush führt derzeit mit 254 vor 252 Wahlmännerstimmen; 270 werden für den Sieg benötigt. Kerry konnte zuletzt noch die zehn Wahlmänner des Bundesstaates Wisconsin für sich verbuchen.

Allerdings kann sowohl Präsident Bush als auch Herausforderer Kerry die Präsidentenwahl nur mehr mit den Stimmen aus Ohio gewinnen. Derzeit führt Bush in dem Bundesstaat nach offiziellen Angaben mit etwa 136.500 Stimmen Vorsprung, die regulär in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen sind ausgezählt. Damit käme Bush auf 51,01 Prozent, Kerry auf 48,52 Prozent der Stimmen.

Kerry gibt angesichts des knappen Rennens in Ohio seine Hoffnung auf einen Wahlsieg nicht auf. Er ließ seinen Vizepräsidentschaftskandidaten John Edwards erklären: "Wir haben vier Jahre auf diesen Sieg gewartet. Wir können noch eine weitere Nacht warten."

Der republikanische Innenminister und Wahlleiter des Bundesstaates Ohio, Ken Blackwell, sagte, dass ungefähr 150.000 vorläufige Stimmen sowie Stimmen von bis zu 100.000 Briefwählern noch ausgezählt werden müssen, was dem Gesetz nach erst in elf Tagen möglich ist.

Auf der Internetseite des Wahlleiters werden 135.000 dieser vorläufigen Stimmen aufgeführt, wobei 10 von 88 Wahlkreisen noch keine Meldung gemacht haben. Diese Stimmen müssen auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden. Zudem besteht für Briefwahlstimmen noch eine Frist von zehn Tagen für den rechtzeitigen Eingang. Sie müssen lediglich einen Poststempel mit dem Datum des Wahltages tragen.

Vizepräsidentschaftskandidat John Edwards machte deutlich, dass sie Demokraten auf der Auszählung dieser Stimmen bestehen, bevor sie eine Niederlage einräumen: "John Kerry und ich haben versprochen, dass jede Stimme zählt und jede Stimme gezählt wird. Heute Nacht werden wir unser Wort halten und für beides kämpfen", sagte er.

Die Demokraten rechnen damit, dass viele der vorläufigen Stimmen auf sie entfallen dürften. Allerdings sind unter den Briefwahlstimmen auch die zahlreiche Militärangehöriger in Übersee, die eher dem Bush-lager zugerechnet werden.

Im Bundesstaat Iowa ist die Auszählung der Stimmen in der Nacht unterbrochen worden, ohne dass ein Sieger feststeht. Die Entscheidung sei nach Auszählung von 99 Prozent der Wahlbezirke gefallen, weil Auswertungscomputer ausgefallen seien, sich die Öffnung von Briefwahlunterlagen verzögert habe und Wahlhelfer erschöpft seien, berichtete der Fernsehsender CNN. Erst im Laufe des Mittwochs werde feststehen, wer die sieben Wahlmännerstimmen des Staates erhalte. Derzeit entfallen nach vorläufigem Stand 50 Prozent der Stimmen auf Bush, Kerry folgt mit 49 Prozent.

Anders als bei der Wahl vor vier Jahren hätte Bush bei einem Wahlsieg auch die Mehrheit des amerikanischen Volkes hinter sich. Derzeit kommt er auf 57,476 Millionen Stimmen, was etwa 51 Prozent entspricht. Für Kerry stimmten 53,798 Millionen Wähler, ungefähr 48 Prozent. Der Vorsprung Bushs beträgt somit 3,678 Millionen Stimmen. Nach Ansicht von Wahlbeobachtern würde dieses Ergebnis Bush gestärkt in eine zweite Amtszeit gehen lassen, da er nicht mehr mit dem Makel mangelnder Legitimierung behaftet wäre.

Kandidaten gewinnen ihre jeweiligen Hochburgen

In ihren jeweiligen Hochburgen konnten die Kandidaten das Rennen für sich entscheiden: Der demokratische Herausforderer John Kerry dominierte wie erwartet in den Neuengland-Staaten im Nordosten. Amtsinhaber George W. Bush konnte im Süden und im Mittleren Westen des Landes punkten. Wegen der hohen Wahlbeteiligung blieben die Wahllokale mancherorts länger geöffnet, um den wartenden Wählern die Stimmabgabe zu ermöglichen.

Bush hat in folgenden Staaten gewonnen (Zahl der Wahlmänner in Klammern):

Kentucky (8) Indiana (11) Georgia (15) West Virginia (5) South Carolina (8) Oklahoma (7) Tennessee (11) Alabama (9) Virginia (13) Mississippi (6) North Carolina (15) Texas (34) Wyoming (3) South Dakota (3) North Dakota (3) Kansas (5) Nebraska (6) Louisiana (9) Utah (5) Montana (3) Arkansas (6) Missouri (11) Colorado (9) Idaho (4) Arizona (10) Florida (27) Alaska (3) Nevada (5)

John F. Kerry hat in folgenden Staaten gewonnen:

Vermont (3) Delaware (3) Connecticut (7) Illinois (21) Maine (4) Maryland (10) Massachusetts (12) New Jersey (15) Washington, D.C. (3) New York (31) Rhode Island (4) Pennsylvania (21) Kalifornien (55) Washington (11) Oregon (7) Minnesota (10) New Hampshire (4) Michigan (17) Hawaii (4) Wisconsin (10)

Noch ausgezählt werden müssen die Stimmen in Iowa mit sieben Wahlmännern, New Mexico mit fünf und Ohio mit zwanzig Wahlmännern.

Hohe Wahlbeteiligung

Nach einem erbittert geführten Wahlkampf machten am Dienstag offenbar so viele Amerikaner wie nie zuvor von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Die Behörden erwarteten eine Wahlbeteiligung von 117,5 bis 121 Millionen Bürgern - das wären 58 bis 60 Prozent der Wahlberechtigten.

Möglicherweise könnte auch die bisher höchste Beteiligung von 62,8 Prozent im Jahr 1960 übertroffen werden. Bis zuletzt mobilisierten die Parteien die Bürger, um sie zur Stimmabgabe zu bewegen. Jeder zehnte Wähler nahm zum ersten Mal an einer Präsidentenwahl teil.

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