Präsidentschaftswahl:Island wählt Politik-Neuling zum Präsidenten

Gudni Th. Johannesson

Islands neuer Präsident: Gudni Jóhannesson.

(Foto: dpa)
  • Island hat einen neuen Präsidenten: Mit 38,5 Prozent gewann der Historiker Gudni Jóhannesson die Wahl.
  • Der parteilose Historiker ist ein Politik-Neuling. In der Bevölkerung ist er vor allem durch seine Auftritte als TV-Experte bekannt geworden.
  • Wegen der EM wurde in dem Land mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Ein Wahllokal wurde deshalb sogar im EM-Quartier in Frankreich geöffnet.

Der Historiker Gudni Jóhannesson hat die Präsidentenwahl in Island gewonnen. Nach Auszählung eines Großteils der Stimmen lag der parteilose 48-Jährige mit 38,5 Prozent vor der Unternehmerin Halla Tómasdóttir, die 29,4 Prozent holte. Die übrigen sieben Kandidaten lagen weit dahinter. Der isländische Präsident hat zwar vor allem repräsentative Aufgaben, kann aber auch ein Veto gegen Gesetzentwürfe einlegen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regierungsbildung.

"Jetzt scheint der Sieg da zu sein, und ein neues Kapital beginnt", sagte Jóhannesson am frühen Sonntagmorgen in Reykjavík zu seinen Anhängern. Jóhannesson, der in Island als politischer Experte bekannt ist, folgt auf den bisherigen isländischen Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson, der nach fünf Amtszeiten und 20 Jahren an der Staatsspitze nicht mehr angetreten war. Die Zeit bis zu seinem Amtsantritt am 1. August will Jóhannesson nutzen, um sich auf die neuen Aufgaben vorzubereiten, sagte er. Vor der ersten steht er schon im Herbst, wenn in Island ein neues Parlament gewählt wird.

Ein Wahllkokal gab es auch im EM-Quartier der Isländer

Die Präsidentenwahl stand auch unter dem Eindruck der Veröffentlichung der Panama Papers. Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson war nach den Enthüllungen im April zurückgetreten. Die Süddeutsche Zeitung hatte zusammen mit dem internationalen Journalisten-Netzwerk ICIJ einen umfangreichen Datensatz über Briefkastenfirmen ausgewertet, die über die in Panama ansässige Finanzkanzlei Mossack Fonseca laufen. Der isländische Regierungschef geriet unter Druck, nachdem sein Name im Zusammenhang mit einer Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln aufgetaucht war.

Neben Gunnlaugsson hatte eine ganze Reihe von einflussreichen Isländern Geld in Steueroasen geparkt. Das Vertrauen der isländischen Bevölkerung in die Politik hat in den letzten Monaten stark gelitten. Der Politik-Neuling Jóhannesson steht für einen Neuanfang. Der Historiker, der vor der Wahl als klarer Favorit galt, hatte nie ein politisches Amt inne. Er ist vor allem durch seine Auftritte als Experte im Fernsehen populär. Viele Landsleute hatten ihn bestärkt, sich für den Präsidenten-Posten zu bewerben.

Zur Wahlbeteiligung gab es zunächst keine Angaben. Wegen des sensationellen Erfolgs der Isländer bei der Fußball-EM hatten Experten im Vorfeld mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Damit auch die Inselbewohner wählen konnten, die zurzeit in Frankreich sind, hatte das Innenministerium aber spontan ein Wahllokal im Camp des Nationalteams in Annecy eingerichtet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: