Präsidentschaftswahl in Iran:Ahmadinedschad gewinnt überraschend klar

Mahmud Ahmadinedschad kann in Iran Präsident bleiben: Nach Auszählung von mehr als 80 Prozent der Stimmen liegt er mit 65 Prozent uneinholbar vor seinem Herausforderer Mussawi. Der wirft Ahmadinedschad Wahlmanipulation vor. Auch Iran-Experten aus dem Westen vermuten Betrug.

Irans ultrakonservativer Staatschef Mahmud Ahmadinedschad steuert auf eine zweite Amtszeit zu. Bei der Präsidentenwahl vom Freitag kam er nach Auszählung der Stimmen aus 87 Prozent der Wahlurnen auf 64,88 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission des Innenministeriums am Samstag mitteilte. Sein aussichtsreichster Herausforderer, der gemäßigt Konservative Mir Hossein Mussawi, erreichte demnach 32,6 Prozent. Für einen Sieg waren 50 Prozent der Stimmen nötig.

Mahmud Ahmadinedschad; Reuters

Mahmud Ahmadinedschad steht vor seiner zweiten Amtszeit als iranischer Präsident.

(Foto: Foto: Getty)

Gegen 04.20 Uhr MESZ waren laut der Wahlkommission im Innenministerium fast 29 Millionen Stimmzettel aus dem ganzen Land ausgewertet. Den vorläufigen Angaben zufolge erzielte Ahmadinedschad fast 19 Millionen Stimmen und lag damit mehr als 9,5 Millionen Stimmen vor Mussawi.

Die beiden weiteren Herausforderer Ahmadinedschads, der frühere Chef der Revolutionsgarden Mohsen Resai und Ex-Parlamentspräsident Mehdi Karubi, landeten den jüngsten Teilergebnissen zufolge deutlich abgeschlagen auf dem dritten und vierten Platz. Insgesamt waren etwa 46 Millionen Iraner zum Urnengang aufgerufen gewesen.

Ahmadinedschads überragendes Abschneiden weckte allerdings umgehend Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen. Mussawi und seine Anhänger sprachen von einer Manipulierung des Urnengangs und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe. Er werde diese "Manipulationen" nicht hinnehmen, erklärte Mir Hossein Mussawi auf seiner Webseite. Das Verhalten einiger Beamter während und nach der Abstimmung "erschüttere die Stützpfeiler" des politischen Systems in Iran. Mussawi rief die Behörden dazu auf, die "Gesetzesübertretungen" umgehend einzustellen. Das Volks werde niemanden respektieren, der mit Betrug an die Macht gekommen sei. Auch mehrere Iran-Experten im Westen vermuten Betrug.

Schon vor der Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses hatten sich beide Lager zum Sieger der Wahl erklärt. Die Zahl der für Ahmadinedschad abgegebenen Stimmen mache "jeden Zweifel" an seinem Sieg hinfällig, sagte ein Vertreter aus seinem Wahlkampfteam nach Auszählung von mehr als zwei Dritteln der Stimmen. Stunden zuvor hatte bereits das Lager von Mussawi den Sieg für seinen Kandidaten beansprucht.

In der Hauptstadt Teheran feierten Anhänger Ahmadinedschads den erwarteten Sieg ihres Kandidaten auf den Straßen, während die Anhänger Mussawis gegen einen Sieg Ahmadinedschads demonstrierten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP ging die Polizei vor Mussawis Wahlkampfzentrale gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Sie machten Ahmadinedschad lautstark für den "Ruin" des Landes verantwortlich und kündigten eine Fortsetzung ihres Protests an. Ein Polizist traf eine Demonstrantin offenbar mit dem Schlagstock im Rücken. Die Polizei forderte die Inhaber der Geschäfte in der Umgebung auf, ihre Läden zu schließen.

Der Andrang an den Wahlurnen war am Freitag so groß, dass die Wahllokale länger als ursprünglich geplant geöffnet hatten. Ein früherer ranghoher Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats des Iran, Agha Mohammadi, hatte vorhergesagt, die Wahlbeteiligung werde bei 70 Prozent liegen. Die relativ geringe Wahlbeteiligung in der ersten Runde der Präsidentenwahl im Iran im Jahr 2005 gilt als einer der Hauptgründe für den überraschenden Sieg des damaligen Außenseiters Ahmadinedschad vor vier Jahren.

Bei einer Wiederwahl wäre es für Ahmadinedschad die zweite Amtszeit. Der Politiker stand vor der Wahl vor allem wegen seiner verschwenderischen Wirtschaftspolitik in der Kritik. International ging Ahmadinedschad mit seiner Atompolitik und harschen Äußerungen über Israel auf Konfrontationskurs.

US-Präsident Barack Obama, der im Vorfeld keinen der Kandidaten öffentlich unterstützt hatte, sagte am Freitag, die Entscheidung der Wahl gehöre den Iranern. Es könne jedoch "ebenso wie im Libanon" passieren, dass die Menschen "neue Möglichkeiten in Betracht ziehen". Dort war das pro-westliche Lager nach den Parlamentswahlen als Sieger über die israelfeindliche Hisbollah hervorgegangen.

"Wer auch immer am Ende die Wahl gewinnt, die Tatsache, dass es dort eine lebhafte Debatte gab, wird uns helfen, neue Wege im gemeinsamen Dialog einzuschlagen", sagte Obama.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: