Präsidentenwahl in Tschechien:Ein Außenseiter in der Stichwahl

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Er geht als Überraschungskandidat in die Stichwahl um das Präsidentenamt: Karel Schwarzenberg. (Foto: dpa)

In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl haben die Tschechen für eine Überraschung gesorgt: Der Linkspopulist Milos Zeman liegt zwar vorne, muss aber in zwei Wochen gegen den adeligen Außenseiter Karel Schwarzenberg antreten. Ihr Zweikampf hat schon angefangen.

Von Klaus Brill, Prag

Die Stimme stockte, die Überraschung hatte auch den Hauptbetroffenen erfasst. Karel Schwarzenberg, der tschechische Außenminister und bekannteste Vertreter des altböhmischen Adels, war sichtlich ergriffen von seinem unerwarteten Erfolg. Wider alle Vorhersagen der Meinungsforscher hat er es bei der ersten Runde der Präsidentenwahl in Tschechien am Samstag geschafft, unter neun Bewerbern auf den zweiten Platz zu gelangen.

Also wird er bei der Stichwahl in zwei Wochen gegen den Erstplazierten Milos Zeman, einen früheren Ministerpräsidenten, antreten - und er hat gute Chancen, zu gewinnen. Denn bei der Endentscheidung ist er der Kandidat des bürgerlichen Lagers und könnte außer jenen 23,4 Prozent der Wähler, die ihm schon in der ersten Runde ihr Vertrauen schenkten, auch die Unterstützung all jener Bürger gewinnen, die am Freitag und Samstag einen der anderen Mitbewerber des liberal-konservativen Spektrums gewählt haben.

Dies war vor allem der parteilose vormalige Ministerpräsident Jan Fischer, der in den Umfragen wochenlang als Favorit gehandelt worden war. Mit 16,4 Prozent aber landete er nach Angaben des Statistischen Amtes in Prag nur auf dem dritten Platz. Und Premysl Sobotka, der langjährige frühere Senatspräsident, erhielt gar nur 2,5 Prozent - ihm blieb der zweitletzte Platz. Immerhin war er der Kandidat der Demokratischen Bürgerpartei (ODS), die als bisher stärkste Kraft des bürgerlichen Lagers den Ministerpräsidenten stellt und die deshalb diese Präsidentenwahl als ein Fiasko sondersgleichen zu verbuchen hat.

Schlagfertig, trinkfest und volksnah

Als Sieger der ersten Runde darf sich der Linkspopulist Milos Zeman fühlen, der früher die Sozialdemokratische Partei (CSSD) anführte und als ihr Spitzenmann auch von 1998 bis 2002 die Regierung führte. Für ihn votierten 24,2 Prozent der Wahlbeteiligten - nur 0,8 Prozent mehr als für Schwarzenberg. Zeman ist durchaus populär, weil er sich schlagfertig, trinkfest und volksnah gibt und weil er seine langjährigen politischen Erfahrungen ins Spiel zu bringen wusste. Mit der CSSD hatte er sich schon vor Jahren überworfen und im Zorn dann eine eigene Partei gegründet, die nach Berichten von Prager Medien von russischen Geschäftsleuten unterstützt wird.

Zeman, der sich explizit als linken Politiker bezeichnet, kann sich indessen nicht sicher sein, im zweiten Wahlgang alle Stimmen des linken Lagers zu erhalten - dann hätte er vermutlich bei der jetzigen politischen Stimmungslage die Mehrheit. Zwar haben ihm die Kommunisten bereits ihre Unterstützung für die zweite Runde zugesagt, hingegen gibt es bei den Sozialdemokraten sicher viele, die ihm noch wegen seines Austritts und der Gründung einer Konkurrenzpartei grollen.

Der eigene sozialdemokratische Kandidat Jiri Dienstbier jr., der populäre Sohn des gleichnamigen bekannten früheren Dissidenten, kam in der ersten Runde nur auf 16,1 Prozent und landete damit hinter Jan Fischer auf dem vierten Platz. Auch dies ein Beleg dafür, wie miserabel die Meinungsforscher mit ihren Prognosen lagen, denn ihm waren noch wesentlich geringere Stimmenanteile vorhergesagt worden.

Exotischer Kandidat mit Hang zu Tätowierungen: Vladimir Franz erhielt immerhin 6,8 Prozent der Stimmen. (Foto: dpa)

Als Exot mit großer Beliebtheit bei den jungen Leuten kam der Künstler und Musiker Vladimir Franz immerhin auf 6,8 Prozent der Stimmen; er erregte vor allem deshalb Aufmerksamkeit, weil er am ganzen Körper tätowiert ist. Die übrigen Bewerber, darunter eine rechtsnationale frühere TV-Moderatorin und eine Schauspielerin, blieben unter fünf Prozent.

Wie nicht anders zu erwarten, war der Wahlabend am Samstag für die beiden Spitzenreiter bereits der Auftakt zu einem kurzen, heftigen Zweikampf. Schwarzenberg nannte den Rivalen Zeman "einen Mann der Vergangenheit" und ließ damit anklingen, dass der einstige Sozialdemokrat wegen eines üblen Kuhhandels mit der Opposition in seiner Regierungszeit noch in unguter Erinnerung ist.

Zeman konterte witzig, Schwarzenberg sei "ein Mann der Gegenwart" - weshalb er auch für all die Misserfolge und Skandale der derzeitigen Regierung, der die von Schwarzenberg geführte Partei TOP 09 nun einmal angehört, haftbar zu machen sei. Wider Erwarten haben die Tschechen also in zwei Wochen eine äußerst spannende Paarung vor sich.

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