Der Menschenrechtsaktivist und Dichter Michael Higgins ist aller Voraussicht nach der neue Präsident Irlands. Sein schärfster Konkurrent, der Unternehmer Sean Gallagher, der sich als Jurymitglied in einer Fernseh-Talentsuch-Show für junge Manager einen Namen machte, gestand ihm am Telefon seine Niederlage ein. Er hoffe, Higgins werde ein Präsident, auf den man stolz sein könne.
In den letzten Umfragen vor der Wahl hatte Gallagher noch deutlich vor Higgins gelegen. Als Higgins am Freitagabend im Auszählzentrum Dublin Castle ankam, wurde er von Menschen umzingelt, die dem 70-Jährigen zum Sieg gratulieren wollten.
Minuten später gaben die Wahlkommissare erste Ergebnisse bekannt, wonach Higgins knapp 40 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte und damit so gut wie uneinholbar vorne lag. "Ich bin sehr froh, dass es so deutlich war. Das wird es mir möglich machen, ein Präsident für's ganze Volk zu sein", sagte er.
Gallagher lag in den meisten Wahlbezirken an zweiter Stelle. Der frühere IRA-Kommandeur Martin McGuinness von der Sinn Fein-Partei schnitt in Bezirken an der Grenze zu Nordirland gut ab. Vier weitere Kandidaten lagen weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.
Bei der Abstimmung am Donnerstag ging es um die Nachfolge von Präsidentin Mary McAleese, die nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte. Die 3,2 Millionen Stimmberechtigten hatten die Wahl zwischen sieben Kandidaten. Wegen des komplizierten Auszählungsverfahrens wird ein endgültiges Ergebnis nicht vor Samstag erwartet.
Der Präsident wird in Irland vom Volk gewählt und hat in erster Linie repräsentative Aufgaben. Jedoch hat die amtierende Präsidentin McAleese maßgeblich zur Aussöhnung mit Großbritannien und der protestantischen Mehrheit in Nordirland beigetragen.
Dieses Mal war die Wahl insofern politisch brisant, als das Volk die Kandidaten der etablierten Parteien entschieden ablehnte. Fianna Fáil, die Partei, aus der die meisten der bisher acht Präsidenten kamen, hatte nicht einmal einen Kandidaten aufgestellt - wegen akuter Chancenlosigkeit. Die christdemokratische Fine Gail, die mit Labour seit Februar regiert, hatte den farblosen Gay Mitchell ins Rennen geschickt.