Präsident Sisi in Berlin:Nötige Ratschläge

Kanzlerin Merkel tadelt die Gewaltpolitik in Ägypten.

Von Stefan Braun

Unterdrückung der Opposition, die Verhaftung politischer Gegner, die Verhängung von Todesstrafen gegen Andersdenkende - all das ist für eine Demokratie undenkbar. Deshalb war es richtig, dass die Bundeskanzlerin diese Position im Gespräch mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi klar vertreten hat. Hätte sie es nicht getan, hätte sie die Grundprinzipien des friedlichen und demokratischen Gemeinwesens verraten.

Doch so nötig das war, so wichtig ist es, mit den Ägyptern im Gespräch zu bleiben. Das Land steckt in einer Situation, die man am ehesten mit der von Algerien vor Ausbruch des blutigen Bürgerkriegs vergleichen könnte. Hier wie dort hatten Islamisten demokratische Wahlen gewonnen; hier wie dort versuchten diese, den Erfolg zur Abschaffung von Liberalität und Demokratie zu nutzen; hier wie dort hat das Militär dieser Form der islamistischen Machtübernahme Einhalt geboten. Algerien ist seither gelähmt. Das Land lebt unter einer Betonplatte, eingesperrt im gegenseitigen Misstrauen, unfähig zur Versöhnung.

Wer sich das bewusst macht, ahnt, wie viel Angst derzeit in Kairo im Spiel ist, auch beim Regime selber. Deshalb braucht das Land Ratgeber und Helfer, die klarmachen, dass es falsch ist, jegliche Opposition derart radikal zu unterdrücken. Diese Gier nach totaler Sicherheit zerstört die eigene Seele.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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