Präsident Obama und Hillary Clinton:Das Seifenoper-Risiko

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Eine Außenministerin Hillary Clinton wäre die kompetenteste, die Amerika bekommen könnte. Doch der Hang der Clintons zur Inszenierung gefährdet Obamas unaufgeregten Politikstil.

Nina Jauker

Im politischen Washington gibt es zur Zeit nur ein Gesprächsthema: Macht sie's oder macht sie's nicht? Alles dreht sich um die Frage, ob Hillary Clinton in der neuen US-Regierung den einflussreichen Posten der Außenministerin bekommt. Obamas Team und das Clinton-Lager schieben sich bereits gegenseitig die Schuld für das Drama um die Nominierung zu.

Kompetent, aber auch mit einem Makel behaftet: die mögliche US-Außenministerin Hillary Clinton. (Foto: Foto: AP)

"Undefinierte Position im Senat"

Nach US-Medienberichten mehren sich die Anzeichen, dass der designierte US-Präsident der früheren First Lady das Amt der "Secretary of State" in Kürze offiziell anbieten wird. Wie der Sender CNN unter Berufung auf Berater Obamas nun berichtet, sei der künftige Präsident "auf bestem Wege", seine einst härteste Rivalin im demokratischen Vorwahlkampf nach Thanksgiving am Donnerstag kommender Woche zu nominieren.

Clinton selbst soll nach Medienberichten angeblich noch unentschieden sein, ob sie ein mögliches Angebot Obamas annehmen soll. Wie die New York Times berichtet, sei Clinton hin und her gerissen, ob sie ihre Unabhängigkeit aufgeben solle, um Teil der Regierungsmannschaft zu werden - oder ob sie im Senat bleiben solle, wo ihr Einfluss im Vergleich zu dienstälteren Abgeordneten jedoch begrenzt sei.

Risiko Hillary

Das Blatt berichtet weiter, die demokratische Führung habe ihr als Alternative zum Ministerposten eine führende, wenn auch "noch nicht definierte" Position im Senat angeboten.

Als großes Hindernis für einen Ministerposten galt bisher ihr Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, wegen der undurchsichtigen Spendeneinnahmen seiner Wohltätigkeitsstiftung. Er hat inzwischen jedoch eine Liste mit den Namen von 200.000 Spendern überreicht, um mögliche Interessenkonflikte bei einer Amtsübernahme seiner Frau zu vermeiden.

Das Zögern des Obama-Teams ist verständlich, denn die Risiken einer Nominierung Clintons sind groß. Sie könnte das Ende des "No Drama Obama" bedeuten. Obamas unaufgeregte Art, Politik zu machen, droht vom Clinton'schen Politikstil zerstört zu werden: Bills und Hillarys Zeit im Weißen Haus war ein von Vertrauensbrüchen und Indiskretionen geprägtes Psychodrama.

Joe Biden allein zu Haus

Sorge bereitet Obamas Beratern auch, dass der neue Präsident sich mit Hillary eine deutlich erfahrenere Politikerin ins Haus holt. Das Team Obamas hatte zwar erfolgreich verhindert, dass Clinton die Vizepräsidentschaft erhielt - doch nun bot ihr der Chef persönlich einen ungleich wichtigeren Job an. Der eindrucksvolle bürokratische Apparat des Außenministeriums würde Hillary Clinton, deren Bekanntheitsgrad in der restlichen Welt im Vergleich zu den meisten US-Politikern kaum zu übertreffen ist, zu noch größerem Einfluss verhelfen. Zudem wäre der ebenfalls außenpolitisch versierte Joe Biden kaum erfreut, sich auf die Rolle eines stillen Vizepräsidenten zurückzuziehen und Hillary Clinton bei ihrem medialen Siegeszug zuzusehen.

Dass sie für den Posten bestens geeignet ist, bestreiten nicht einmal ihre heftigsten Gegner. Sie habe die intellektuellen Voraussetzungen, ein fundiertes Wissen über die Weltpolitik und die Energie, die man braucht, um eine halbe Million Flugmeilen pro Jahr zurückzulegen, urteilt Gerard Baker in der Times. Dazu kommt noch, dass es kaum wirkliche Alternativen gibt. John Kerry neigt zur Arroganz, Bill Richardson, der Gouverneur von New Mexico, hat eine zu bunte Vergangenheit; und Richard Holbrooke verärgerte das außenpolitische Team Obamas, indem er ihnen die Kompetenz absprach.

Der letzte Akt der Clinton-Saga

Dennoch bereitet die Entscheidung Obamas Team Kopfschmerzen. Denn sollte Hillary Clinton während der nächsten vier Jahre eigene politische Impulse setzen und sich vom neuen Präsidenten distanzieren wollen - gäbe es keine bessere Bühne dafür als das Außenministerium. Die schärfsten Debatten zwischen Obama und Clinton in den Primaries drehten sich um die Außenpolitik.

Und hier kommt die größte Sorge Obamas ins Spiel: Eine Nominierung von Clinton könnte ein Element seines Images gefährden, das wesentlich für seinen unglaublichen Erfolg war: die Zielgerichtetheit seiner Politik und den inneren Zusammenhalt seiner Kampagne, die frei von internen Spannungen war. Clinton würde zwar nicht versuchen, dem Präsidenten aktiv zu schaden, so Baker in der Times. Sie sei eine loyale Demokratin. Doch die Clintons sind bekannt dafür, dass Politik sich mit ihnen immer auf Persönlichkeiten reduziert und jede Krise eine emotionale Seifenoper wird. Als etwa Hillarys Chancen im Vorwahlkampf schwanden, wurden alle Register gezogen. Das Wahlkampfteam schickte Chelsea in die Schlacht, die Auftritte von Mutter und Tochter Clinton wurden zum Renner.

Und das beste Beispiel ist die Tatsache, dass Washington seit Wochen vom Psychodrama um Hillarys Nominierung absorbiert ist. Eine Außenministerin Clinton würde der Welt zeigen, dass Barack Obama es versteht, fähige Leute um sich zu scharen. Doch die Gefahr besteht darin, dass die amerikanische Außenpolitik für die nächsten vier Jahre zu einer Bühne wird, auf der der vorerst letzte Akt der Clinton-Saga gespielt wird.

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