Präsident Lula tritt ab:"Der Sohn Brasiliens"

Vom Schuhputzer zum Staatschef: Brasiliens Präsident Lula hat eine beeindruckende Karriere hingelegt und ist bei seinen Landsleuten beliebt wie nie. Am 3. Oktober wird ein neuer Präsident gewählt - und Lula tritt ab. Sein politisches Leben in Bildern.

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PRESIDENT ELECT LULA GREETS SUPPORTERS BEFORE SWEARING IN CEREMONY IN BRAZILIA

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Endlich Präsident: Nach drei gescheiterten Versuchen wird der Gewerkschafter Luiz Inácio da Silva, Spitzname Lula, 2002 mit 61 Prozent der Stimmen zum brasilianischen Staatschef gewählt. Am 1. Januar 2003 tritt er in der Hauptstadt Brasilia sein Amt an.

Zuvor hatte er sich bereits 1989, 1994 und 1998 mit seiner Partido dos Trabalhadores (Partei der Arbeiter) als Präsidentschaftskandidat versucht und war jedes Mal unterlegen.

A FAN EMBRACES CANDIDATE LUIS INACIO LULA DA SILVA DURING LAST RALY

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Aufgewachsen als siebtes von acht Kindern, hat Lula eine Ahnung von den Nöten der armen Leute. Er beginnt sein Arbeitsleben mit zwölf Jahren als Schuhputzer und Straßenverkäufer, arbeitet mir 14 als Dreher in einer Kupferfabrik und tritt als junger Mann in die Gewerkschaftsbewegung ein. Dort steigt er schnell zu wichtigen Posten auf.

So vertritt er zu Beginn seiner politischen Karriere sozialistische Positionen (wie hier bei seiner Präsidentschaftskandidatur 1989). Er unterstützt die brasilianische Landlosenbewegung und fordert eine Landreform. Außerdem spricht er sich gegen die Rückzahlung der brasilianischen Auslandsschulden aus.

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In seinen Präsidentschaftswahlkämpfen vollzieht Lula (hier mit seiner Frau Marisa Letícia) allerdings dann Stück für Stück eine politische Kehrtwende, tritt erstmals im Anzug auf und schwört seinen linksradikalen Positionen immer mehr ab. Seinen Spitznamen nimmt er zu seinem Amtsantritt offiziell an. Auf portugiesisch bedeutet "Lula" soviel wie "Tintenfisch".

Luiz Inacio Lula da Silva, 2002

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Sein fehlender linker kleiner Finger - Folge eines Unfalls mit 19 in seiner Zeit als Stanzer in einer Autofabrik - ist bei Lulas Amtseinführung schon zu seinem Markenzeichen geworden.

Zu Beginn seiner Amtszeit leidet die brasilianische Wirtschaft unter einer akuten Finanzkrise. Lula bekämpft die Kapitalflucht mit einer restriktiven Haushaltspolitik. Außerdem beginnt er damit, Brasiliens enorme Staatsschulden abzutragen. Ihm kommt zu Hilfe, dass China immer mehr Rohstoffe braucht - und Brasilien exportiert: Eisenerz, Sojabohnen, Kaffee, Erdöl.

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Quelle: ALEXANDRE MENEGHINI

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2004 bekommt Lula erstmals Gegenwind im eigenen Land. Die Angestellten von Bingosalons und andere wütende Bürger protestieren gegen seinen Erlass, sämtliche Spiellokale dieser Art im Land zu schließen. Der Hintergrund: Lulas Arbeiterpartei ist in eine Wahlspendenaffäre verwickelt, weil einer der Chefs einer illegalen Lotterie zusammen mit einem Mitarbeiter des brasilianischen Stabschefs auf einem Video auftaucht.

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Aber Lula sitzt die Anschuldigungen aus und verbucht Erfolge: General Motors investiert in Brasilien, die Wirtschaft läuft nach der Finanzkrise wieder an. Bei seinem Amtsantritt hatte man trotz aller Beteuerungen noch befürchtet, dass Lula Brasilien in den Kommunismus führt. Das Gegenteil ist der Fall.

Gleichzeitig ist Lulas Regierung immer wieder in Korruptionsskandale verstrickt. Die Vorwürfe reichen von Steuerhinterziehung des Zentralbankpräsidenten über Veruntreuung bei der staatlichen Banco de Brasil bis hin zu Bestechung von Mitgliedern anderer Parteien. Für Lula sind das alles "politische Intrigen".

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Lula pflegt sein Image als leutseliger Aufsteiger, der alle an Brasiliens wirtschaftlichem Erfolg teilhaben lassen will. "Um país de todos" - ein "Land für alle" soll Brasilien werden. Dafür lädt Lula Indio-Häuptlinge ein und startet ein Regierungsprogramm mit dem verheißungsvollen Namen "Fome Zero" - "null Hunger". Das Programm hilft den ärmsten Familien vor allem durch direkte finanzielle Zuwendungen. Viele Kinder können zum ersten Mal zur Schule gehen und die Kinderarbeit verringert sich. Zwar kritisiert die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, das Programm bekämpfe nicht die Ursache für Armut und Hunger, nämlich die Einkommensungerechtigkeit - aber Lula kann sich Millionen dankbarer Wähler sicher sein.

Brazilian energy minister Roussef arrives in Asuncion for Mercosur summit

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In Lulas erster Amtsperiode tritt dann auch die jetzige Präsidentschaftskandidatin Dilma Roussef zum ersten Mal als Ministerin in Erscheinung. Sie ist zu diesem Zeitpunkt zuständig für Minen und Energie und wird schnell zu einer wichtigen Beraterin für Lula.

File photo of Brazilian President Lula reacting during a ceremony in Rio de Janeiro

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Zwar holen Lula die Korruptionsvorwürfe gegen seine Regierung immer wieder ein, und 2005 sieht es sogar so aus, als ob er 2006 verlieren könne...

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... aber die florierende brasilianische Wirtschaft kommt ihm zugute. Für Brasiliens Arme ist er ein Held und bei Wahlkampfveranstaltungen (wie hier in San Bernardo dos Campos bei Sao Paulo) sind die Massen begeistert.

Luiz Inacio Lula da Silva

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Folgerichtig heißt am 1. Januar 2007 der brasilianische Präsident zum zweiten Mal Luiz Inácio Lula da Silva.

Luiz Inacio Lula da Silva

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Während seiner zweiten Amtszeit wird Brasilien unabhängig von Ölimporten, die brasilianische Ölfirma Petrobas fährt Rekordgewinne ein und mit zahlreichen Ländern trifft Lula Erschließungsvereinbarungen.

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Quelle: AFP

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"I love this guy", soll Barack Obama über Lula beim G-20-Treffen in London 2009 gesagt haben. Aber Lula ist inzwischen viel zu selbstbewusst, um sich zu sehr an die USA zu binden.

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Quelle: AFP

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So kümmert es ihn im Frühling 2010 nicht sonderlich, dass US-Außenministerin Hillary Clinton ziemlich pikiert reagiert, als er sich mit Irans religiösem Führer Ali Chamenei und dem türkischen Premier Tayyip Erdogan in Teheran trifft. Lula will einen Erfolg im Atomstreit mit dem Iran erzielen, um UN-Sanktionen noch abzuwenden. Der Triumph von Teheran währt aber nur einen Tag, denn der Kompromiss erweist sich als äußerst fehlerbehaftet und letztlich nicht umsetzbar. Lula kann das aber egal sein - er geriert sich gerne als Vermittler und sieht Brasilien auf dem Weg in den UN-Sicherheitsrat.

Dilma Rousseff, Luiz Inacio Lula da Silva

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Auch innenpolitisch ist das Feld bereitet. Dilma Rousseff hat Lula schon länger als Nachfolgerin auserkoren. Die brasilianische Verfassung sieht vor, dass ein Präsident nur acht Jahre hintereinander im Amt bleiben darf. Rousseff selbst ist Technokratin, zurückhaltend und streng. Trotzdem könnte sie nach Umfragen bei den Wahlen am Sonntag schon im ersten Wahlgang gewinnen und direkt Präsidentin werden. Ihre Popularität verdankt die 63-Jährige vor allem - Lula.

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Quelle: AFP

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Er kämpft für sie, macht Stimmung auf Wahlkampfveranstaltungen und lobt sie als kompetent und durchsetzungsstark. Rousseff wäre die erste weibliche Präsidentin Brasiliens, von Lulas Gnaden.

Seit einem Jahr kann man in Brasilien sein Leben als Kinofilm ansehen: "Der Sohn Brasiliens" heißt der Streifen mit schon über einer Million brasilianischen Besuchern. Kürzlich wurde er von einer Kommission des Kulturministeriums einstimmig zum brasilianischen Beitrag für die Oskars auserkoren. Lula wird's gefreut haben.

© sueddeutsche.de/hild/bavo/bön
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