Posse um CDU-Wahlplakat in Schleswig-Holstein:Grün am Hals

Ein CDU-Kandidat auf rot-grünen Plakaten? Was wie ein Versehen wirkt, ist die offizielle Kampagne der Konservativen in Schleswig-Holstein. Ihr Spitzenkandidat Jost de Jager zeigt sich vor der Landtagswahl farblich flexibel. Die Opposition reagiert hämisch.

Jasmin Off

Auch im hohen Norden ist derzeit Weiß die dominierende Farbe auf den Titelseiten regionaler Zeitungen, Schnee und Eis prägen das Erscheinungsbild Schleswig-Holsteins. Aber daneben hat es ein farbenfrohes Thema in die Schlagzeilen lokaler Medien geschafft: Die bunte Optik der CDU-Plakate für die Landtagswahl im Mai. Darauf zu sehen ist Spitzenkandidat Jost de Jager, mit einem grünen Schal um den Hals. Und teilweise vor rotem Hintergrund.

Jost de Jager

Jost de Jager auf den CDU-Plakaten zur Landtagswahl: Der schwarze Spitzenkandidat mit grünem Schal mal auf rotem, mal auf grünem Hintergrund.

(Foto: CDU)

Traditionell ist Schwarz die Farbe der Union, auf Werbeveranstaltungen wirbt die Partei üblicherweise mit blau und weiß sowie dem Orange-Ton, der auch die Handtasche der Kanzlerin ziert. Rot ist klassischerweise SPD und Linken überlassen, Grün gehört den Grünen. Jost de Jager, bislang Wirtschaftsminister und nach dem Stolpern seines Vorgängers Christian von Boetticher eher die zweite Wahl als Spitzenkandidat, scheint das egal zu sein. Mehr noch - bei der Farbwahl geht der CDU-Kandidat äußerst offensiv vor: Wie Fotos beweisen, war sein Schal bei der Aufnahme der Fotos ursprünglich mausgrau. Das Grün, so bestätigt die Partei auf Nachfrage, sei erst nachträglich am Computer eingefügt würden, weil "Grün einfach schöner" gewesen sei.

Eine Schummelei, wie geschaffen für den Wahlkampf der anderen. Entsprechend freudig reagierten die Grünen auf die Entdeckung: "Auch wir finden, dass Grün eine klasse Farbe ist", sagte Robert Habeck, Vorsitzender der Grünen im Landtag. "Aber bei der CDU wirkt Grün schal". Damit de Jager künftig nicht mehr nachkolorieren müsse, überreichte Habeck dem Unionskandidaten ein neuen, tatsächlich grünen Schal, verbunden mit der Hoffnung, "dass er ihn in diesem Wahlkampf häufig tragen wird".

Kunterbunt wird die Angelegenheit angesichts der Hintergründe, vor denen der als blass geltende de Jager gezeigt wird: Es gibt Plakate in den Varianten Blau, Grün, Orange, Violett und Rot - je nach Thema. Der Schal bleibt indes immer grün. So kommt es, dass de Jager seine Aussage zum Thema Bildung ("Mein Grundsatz: Die beste Bildung für unsere Kinder") in rot-grüner Optik macht. Also in den Farben jener Parteien, die die amtierende schwarz-gelbe Regierung am 6. Mai ablösen wollen.

Die Wähler sind entsprechend irritiert. Auf Facebook spekulieren User, ob de Jager vielleicht heimlich das politische Lager gewechselt habe. Ob er etwas verwechsle oder Spitzenkandidat von Helgoland sei. Die Farben des Insel-Wappens sind weiß, rot und grün.

Auffällig ist zudem, dass die Farbe des bisherigen Partners FDP, Gelb, in keiner der Plakat-Varianten vorkommt. Die kriselnden Liberalen liegen in Umfragen bei vier Prozent und kommen für eine Neuauflage der Koalition eher nicht in Frage, obwohl Fraktionschef Wolfgang Kubicki ("Die FDP hat als Marke generell verschissen") seit Monaten mit kantigen Worten um Aufmerksamkeit kämpft. In der Pressestelle der CDU heißt dazu vielsagend: "Alle anderen Farben waren einfach schöner und gelb war uns schlicht zu grell."

Überhaupt weist die Union Hintergedanken von sich, wenn es um die farbliche Gestaltung ihrer Kampagne geht. Der grüne Schal? "Eine ganz spontane Entscheidung", sagt eine Sprecherin. Man freue sich, "dass das Ganze so hohe Wellen schlägt" und nehme es "mit einem Schmunzeln hin". Die Farb-Diskussion gebe es schon, seit die CDU in Schleswig-Holstein beschlossen habe, bei Parteiveranstaltungen grüne Rückwände zu benutzen. "Ein schwarzer Spitzenkandidat vor grünem Hintergrund macht sich einfach gut", sagt der Landesgeschäftsführer Daniel Günther.

Ob die Strategie aufgeht, wird sich wohl erst am Wahltag zeigen. Im benachbarten Hamburg hat man an Schwarz-Grün keine guten Erinnerungen: Die Koalition aus Union und Grünen zerbrach 2010 im Streit, es folgte eine klare Wahlniederlage. Seitdem regiert in der Hansestadt die SPD mit absoluter Mehrheit. Oder anders ausgedrückt: Rot, pures Rot.

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