Porträt:Mann des Zwielichts

Mario Scaramella will vieles sein: Sicherheitsexperte, Professor und auch CIA-Beauftragter.

Stefan Ulrich

Ob Mario Scaramella nun Mitopfer oder Täter des Anschlags auf den Russen Alexander Litwinenko ist, muss Scotland Yard erst noch klären. Schon jetzt aber wird man dem jungen Italiener mit dem vollen Gesicht nicht zu nahe treten, wenn man ihn als Mann des Zwielichts bezeichnet.

Mario Scaramella, AP

Mario Scaramella

(Foto: Foto: AP)

Der Lebenslauf des Spezialisten für Umweltsicherheit zeichnet sich dadurch aus, dass seine Angaben nebulös sind und sich kaum überprüfen lassen. Der 36 Jahre alte Italiener selbst stellt sich als Geheimdienst- und Sicherheitsexperte dar und will für verschiedene Hochschulen in Italien, Kolumbien, Großbritannien und den USA gearbeitet haben.

Italienischen Medienberichten zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft Rom gegen ihn wegen Geheimnisverrats, Waffenhandels und Verleumdung.

Er begann als Rechtsanwalt

Seine Karriere soll Scaramella 1995 als Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Umweltschutz in Neapel begonnen haben. Er selbst erzählte einer neapolitanischen Zeitung, er sei dann ins Ausland gegangen, um "Sicherheitsthemen" zu studieren. Nach Stationen in England, Frankreich und Belgien sei er nach Italien zurückgekehrt. Dort habe er zunächst die Staatsanwaltschaft von Verona zur Zeit der großen Korruptionsskandale in den neunziger Jahren und danach die Ermittler in Reggio Calabria beraten.

In Amerika hätte ihn dann der US-Geheimdienst CIA aufgesucht und nach Kolumbien geschickt. Dort will er Verbindungen zwischen der Drogenmafia und russischen Spionen erforscht haben.

Ein CIA-Agent vermittelte ihn dann angeblich an einen Staatsanwalt in Palermo, der ihn wiederum an einen hohen Politiker - den Forza-Italia-Senator Paolo Guzzanti - weiterreichte. Von da an wird die Biographie Scaramellas klarer: Der Neapolitaner wurde 2003 Berater des sogenannten Mitrokhin-Untersuchungsausschusses des italienischen Parlaments, dem Guzzanti bis heute vorsitzt. Der Ausschuss soll eigentlich klären, was der russische Geheimdienst KGB alles in Italien getrieben hat.

Verbindungen zu den linksextremistischen Roten Brigaden

Tatsächlich haben italienische Zeitungen nun aber Mitschnitte aus Telefongesprächen veröffentlicht, wonach Guzzanti Scaramella beauftragte, belastendes Material über linke Politiker zu finden. So geriet offenbar insbesondere der damalige Oppositionsführer und heutige Premierminister Romano Prodi ins Visier Scaramellas. Auch der Führer der Grünen Partei und der Präsident der Region Kampanien sollten offenbar angeschwärzt werden. Prodi ist empört und will Scaramella nun verklagen.

Wie Scaramella den Job als Berater des Parlamentsausschusses erhielt, ist noch unklar. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa bemängelte ein Mitglied der Kommission zunächst den Lebenslauf des Sicherheitsexperten. Dieser präsentierte daraufhin sofort neue, völlig andere Daten - und wurde prompt genommen. Scaramella war es denn auch, der Litwinenko an den Ausschuss vermittelte.

Der in London ermordete russische Ex-Spion sollte unter anderem Verbindungen zwischen den linksextremistischen italienischen Roten Brigaden und Moskau in den siebziger Jahren aufdecken. Litwinenko soll Scaramella und Guzzanti zudem vor Anschlägen gewarnt haben, die angeblich einige Ukrainer auf die beiden Italiener verüben wollten. Als Waffen sollten demnach Sprengkörper dienen, die in ausgehöhlten Bibeln versteckt waren.

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