Populismus:Rechtes Klassentreffen

Marine Le Pen, France's National Front political party leader, kisses Netherland's Geert Wilders, president of PVV during the far-right French party's congress in Lyon

Die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen mit dem Niederländer Geert Wilders.

(Foto: Robert Pratta/Reuters)

In Koblenz kommen die europäischen Rechtspopulisten zusammen, um sich auf das Wahljahr einzustimmen. Mehrere Pro-Europäer stellen sich ihnen entgegen.

Von Josef Kelnberger und Thomas Kirchner, Koblenz/Brüssel

Schon am Freitagvormittag rückte die Polizei in beachtlicher Stärke vor der Rhein-Mosel-Halle an. Mit einem halben Dutzend Lkw wurden Absperrgitter herbeigeschafft, als Unterstützung für die tausend Beamten, die an diesem Samstag im Einsatz sein werden. Sie sollen die beiden Lager trennen, die um Europas Zukunft ringen: Auf der einen Seite stehen die Rechtspopulisten mit Marine Le Pen, Geert Wilders und Frauke Petry an der Spitze; sie werden vor mehreren Hundert Gleichgesinnten ihren Anspruch bekräftigen, den Kontinent umzukrempeln. Auf der anderen Seite werden mindestens tausend Gegendemonstranten erwartet. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sollen Reden gegen rechts halten, auch SPD-Chef Sigmar Gabriel will sich blicken lassen. Zudem wird Beethovens "Ode an die Freude" angestimmt, als Hymne der Europäischen Union. Nicht ganz so sensibel dürfte indes der Protest der Antifa ausfallen.

Es geht weniger um konkrete Politik als vielmehr um Symbolik in Koblenz. Die Rechtspopulisten treffen sich nur einige Gehminuten entfernt vom Deutschen Eck, wo ein monumentales Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. als Vater der Deutschen Einheit feiert. Und sie kommen zusammen unmittelbar nach der Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump. Seinen Erfolg werten Europas Nationalisten als Ermunterung zum Auftakt eines Wahljahres, in dem Marine Le Pen in Frankreich Präsidentin werden will, Geert Wilders als Favorit in die niederländischen Wahlen geht und Frauke Petry die AfD in den Bundestag führen will. Für Le Pen ist es zudem der erste Auftritt in Deutschland. Er soll ihren Landsleuten demonstrieren, dass sie nicht isoliert ist in Europa.

Europas Rechtspopulisten eint die Abneigung gegen die EU, sie alle wettern gegen eine angebliche muslimische Überfremdung ihrer Länder. Aber in der Sache gibt es zum Teil erhebliche Differenzen. Mehrere Vorstandsmitglieder der AfD haben darauf hingewiesen, es handle sich in Koblenz um keine Parteiveranstaltung. Vielen in der AfD gilt Le Pens Front National als zu extrem rechts und wegen seiner wirtschaftspolitischen Programmatik zudem als "sozialistisch". Das Treffen organisiert hat Marcus Pretzell, der Ehemann von AfD-Chefin Frauke Petry, in seiner Eigenschaft als Mitglied der rechtspopulistischen Europaparlaments-Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF). Das Treffen trägt deshalb den Stempel der ENF.

In Koblenz, so sieht das Pretzell, versammeln sich die Spitzenpolitiker des "neuen Europas", Männer und Frauen, die kurz davor stünden, "in ihren Ländern die Regierungsverantwortung zu übernehmen". Innerhalb von zwei Stunden werden Geert Wilders, Marine Le Pen, Matteo Salvini von der italienischen Lega Nord, der FPÖ-Europaparlamentarier Harald Vilimsky und Frauke Petry ihre Reden halten. Da ist keine Zeit für Gespräche am Rande, sie sind auch nicht vorgesehen. Wilders zum Beispiel verbringt keine Minute länger als nötig bei solchen Auftritten.

Treffen der europäischen Rechtspopulisten hat es immer wieder gegeben, etwa im vergangenen Jahr in Wien. Damals kamen Le Pen, Pretzell, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Vertreter befreundeter Parteien aus Tschechien, Belgien, Bulgarien, Rumänien und Großbritannien zusammen. 2013 hatten Wilders und Le Pen mit einer öffentlichen Begegnung in Den Haag das Ende ihrer Differenzen bekräftigt. Petry und Strache trafen sich vergangenes Jahr sogar auf der Zugspitze; auch mit Le Pen soll die AfD-Vorsitzende bei einem Essen in der Nähe von Straßburg schon ausführlich geredet haben.

Teil der Koblenzer Inszenierung ist offensichtlich der Ausschluss einiger Journalisten. Erst der folgende Protest sorgte für die mediale Aufmerksamkeit, auf die es die Initiatoren abgesehen haben. "Es gibt für Journalisten kein Recht, auf eine Veranstaltung zu gehen", sagt Pretzell. Wobei er eine Handvoll Medienvertreter auch gezielt fernhalten will, "sie greifen auf der persönlichen statt der inhaltlichen Ebene an". Damit habe er "ein Problem".

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