Polizei:"Wir sind keine Lagerwächter"

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Wer soll die geplanten Asyl- und Abschiebezentren absichern? Unter Polizisten regt sich Unmut darüber, diese Aufgabe womöglich übernehmen zu müssen. Auch Bund und Länder sind sich uneins.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kommt Widerstand gegen die Sicherung zentraler Asyl- und Abschiebungszentren, in denen Union und SPD im Fall einer großen Koalition Flüchtlinge unterbringen wollen. "Solche Einrichtungen tragen Züge eines Lagers. Es gibt Einlasskontrollen und Bewegungseinschränkung", sagte der stellvertretende Vorsitzende der GdP, Jörg Radek der Süddeutschen Zeitung. "Das Einrichten und Betreiben solcher Zentren kann keine Zuständigkeit der Bundespolizei sein. Wir stellen auch infrage, ob die Überwachung und Absicherung der Zentren überhaupt eine polizeiliche Aufgabe sein kann."

Kommt es zur großen Koalition, wollen Union und SPD alle ankommenden Flüchtlinge zur Identifikation in sogenannten Anker-Zentren unterbringen. Dort soll das gesamte Asylverfahren bis zur Entscheidung abgewickelt werden. Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Deutschland sollen die Zentren nach einer Weile verlassen können und auf Kommunen verteilt werden. Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive sollen aus den Zentren möglichst zügig in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Etliche Staaten allerdings nehmen abgelehnte Asylbewerber nur widerstrebend zurück oder stellen ihnen keine Papiere aus. In solchen Fällen dürften Flüchtlinge über Monate in den geplanten Anker-Zentren festgehalten werden. Die Gesamtdauer des Aufenthalts soll bei Erwachsenen 18 Monate nicht überschreiten.

Offen blieb im Koalitionsvertrag allerdings, wer die Absicherung der Zentren übernimmt. Die Bundespolizei jedenfalls könne es nicht sein, sagte der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, zunächst der Passauer Neuen Presse. "Das gehört nicht zu unseren Aufgaben, wir sind keine Lagerwächter."

Bundes- und Landespolizei sind sich nicht einig über die Zuständigkeiten

Die 44 000 Mitarbeiter der Bundespolizei sind für Grenzsicherung zuständig, für Sicherheit in der Luft und auf der Schiene und für Abschiebungen ins Ausland. Wird hingegen in Deutschland ein Abschiebungsbeschluss vollstreckt, ist das Sache der Länderpolizei. Zusätzliche Aufgaben in Anker-Zentren aber, etwa den Transport von Flüchtlingen und deren Beaufsichtigung, wollen die Landespolizisten nicht einfach übernehmen, etwa in Bayern. Die Bundespolizei soll in die Pflicht genommen werden, schließlich sei sie wegen der Flüchtlingszahlen personell erheblich besser ausgestattet worden.

Die GdP wiederum verweist darauf, dass die Bundespolizei für Grenzsicherung zuständig sei, insbesondere an der deutsch-österreichischen Grenze. Für andere Grenzen, etwa nach Polen, fehle Personal. Einige Polizeigewerkschafter besichtigten kürzlich das Transitzentrum im bayerischen Manching. "Es gibt eine Umzäunung, es gibt Zugangskontrollen und Bewegungseinschränkungen", sagt GdP-Vize Radek. Er finde es sinnvoll, Asylverfahren an einem Ort zu bündeln. "Aber wenn Sie viele Leute in einer Massenunterkunft haben, müssen Sie auch dafür sorgen, dass es nicht zu Gewalt kommt." Die Verantwortung für Überwachungsmaßnahmen könne nicht bei der Bundespolizei oder Beamten der Länder abgeladen werden.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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