Politischer Aschermittwoch:Kalt, eiskalt, Westerwelle

Beim politischen Aschermittwoch bemühte sich Westerwelle, das Grundvertrauen in seine Person wiederherzustellen. Sein Problem: Ein solches Vertrauen hat es nie gegeben.

Heribert Prantl

Der politische Aschermittwoch ist ein Tag, an dem seit jeher auf krachlederne Weise Politik gemacht wird. Dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist soeben an diesem Tag etwas ganz Besonderes gelungen: die Spaltung des Krachledernen in seine zwei Teile.

Politischer Aschermittwoch: FDP-Chef Guido Westerwelle mühte sich in Straubing, das Vertrauen wiederherzustellen.

FDP-Chef Guido Westerwelle mühte sich in Straubing, das Vertrauen wiederherzustellen.

(Foto: Foto: dpa)

Das Urige, das hinterfotzig Derbe, das Krachende also löste sich von seiner Rede erst ab und dann auf - und übrig blieb nur das Lederne. Es war dies ein überzeugender Versuch, die quälend zähe Politik der CSU auf der Bühne der Dreiländerhalle in Passau anschaulich darzustellen. Aber das wäre eigentlich überflüssig gewesen, weil man diese Politik ja schon zur Genüge kennt.

Interessanter war daher die Anstrengung des Guido Westerwelle in Straubing. Westerwelle unternahm dort den Versuch des indirekten Abrückens von seiner spätrömischen Eselei bei gleichbleibender Lautstärke. Er brachte das Kunststück fertig, mit Entrüstung in der Stimme rhetorisch abzurüsten. Das funktionierte so, dass er zwar immer wieder "Ich bleibe dabei" in den Saal rief, aber durchaus nicht dabei blieb. Er wiederholte seine Rüpeleien gegen die Hartz-IV-Empfänger nicht, er fuhr auch nicht fort mit deren pauschaler Abwertung.

Westerwelle rühmte sich, wie weiland Franz Josef Strauß, der Mitgliedschaft im Verein für deutliche Aussprache; er habe einfach mutig ausgesprochen, was auszusprechen war. Auf diese Weise verdeckte Westerwelle den Versuch der politischen Lautverschiebung: Er tut jetzt einfach so, als habe er von vornherein nie etwas anderes gewollt, als den Sozialstaat "treffsicherer" zu machen, als sei es ihm nie darum gegangen, Sozialleistungen abzubauen, sondern nur darum, sie besser einzusetzen.

Sein törichtes Gerede von der Dekadenz des Sozialstaats wickelt er nun ein in die hinlänglich bekannte Westerwelle-Suada über Leistung, die sich lohnen muss - und verlangt im Übrigen mit dem Gestus des Aufklärers eine Grundsatz-Debatte.

Es ist dies der Versuch, das Grundvertrauen in seine Person wiederherzustellen. Westerwelles Problem ist es aber, dass es dieses Grundvertrauen nie gegeben hat.

Politiker wie Kohl, Genscher, Lambsdorff, Merkel oder neuerdings auch wieder Schäuble können oder konnten darauf auch außerhalb des eigenen politischen Lagers bauen.

Gegen Westerwelle aber gibt es einen weitverbreiteten Grundvorbehalt, der ihn als Mann der sozialen Kälte, als einen Politiker ohne Herz beschreibt: kalt, eiskalt, Westerwelle.

An diesem Grundvorbehalt, den Westerwelle mit seinen jüngsten Ausfällen genährt hat, leidet die FDP, weil sie eine Ein-Mann-Partei geworden ist. Auf dem unguten Image ihres Parteichefs rutscht die FDP nach unten, zunächst in den Umfragen und wohl demnächst auch bei der kleinen Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen.

Die Spaltung des Krachledernen hat dazu geführt, dass es bei der FDP kracht und bei der CSU ledern zugeht. Beiden Parteien tut das nicht gut.

Im Video: In der Sozialstaatsdebatte rückt die Kanzlerin erstmals deutlich von ihrem Vizekanzler ab.

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