Politischer Aschermittwoch:Abschiedsrede ohne Abschied

Nach Stoibers Rede weiß man: Der Noch-CSU-Chef denkt gar nicht daran, sich aus der Politik zurückzuziehen.

Peter Fahrenholz

Für eine Standortbestimmung der CSU taugt der politische Aschermittwoch in Passau nicht viel. Am größten Stammtisch der Welt, wie die CSU die Veranstaltung gerne nennt, geht es vor allem darum, die Ressentiments des konservativen Teils der Klientel zu bedienen, der in Passau immer in großer Zahl vertreten ist.

Das hat Edmund Stoiber bei seiner letzten Rede dort nach Kräften getan. Keine Gnade für Terroristen, keine Abwertung der althergebrachten Mutterrolle und natürlich kein EU-Beitritt der Türkei - Stoiber hat alle Reizthemen so intoniert, dass ihm der Jubel sicher war. Für die reale Politik der CSU bedeutet das wenig. Was in Passau stets krachledern inszeniert wird, kommt wenig später meist friedlicher daher.

Interessanter waren da schon die persönlichen Einblicke, die Stoiber gewährte. Man weiß jetzt, dass er zu Wladimir Putin ein beinahe so inniges Verhältnis pflegt wie Gerhard Schröder. Dass Putin, wie Stoiber launig erzählte, sogar den russischen Geheimdienst einspannte, um zu erfahren, warum der CSU-Chef im Herbst zurücktritt, wird wohl in den ewigen Anekdotenschatz der CSU eingehen.

Vor allem weiß man jetzt aber, wie sich Stoiber seine eigene Zukunft vorstellt. Der Noch-CSU-Chef denkt nämlich gar nicht daran, sich aus der Politik zurückzuziehen, sondern will sich weiterhin nach Kräften in alles Mögliche einmischen.

Stoiber hat in Passau eine Abschiedsrede gehalten, aber Abschied nehmen will er nicht. Er sei 65 und fit, hat er verkündet. Die Stoiber-Fans quittierten das mit Applaus, aber wenn der Jubel erst einmal verklungen ist, kann Stoibers Anspruch seinen Nachfolgern noch gewaltig zu schaffen machen.

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