Politische Beziehungen:Warum sich die beiden Koreas nicht versöhnen lassen

FILE PHOTO: KCNA picture of North Korea's leader Kim Jong Un speaking during a New Year's Day speech

Die Kluft zwischen Nordkorea und Machthaber Kim Jong-un und Südkorea hat sich in den vergangenen Monaten vergrößert.

(Foto: REUTERS)

Was auch immer Nordkoreas Offerten an den Süden ausgelöst hat, es kündigt noch lange keinen politischen Frühling an. Im Gegenteil: Kim Jong-un bleibt der Mann der Eiszeit.

Kommentar von Stefan Kornelius

Genau drei Nukleartests in zwei Jahren, mehr als 80 Raketentests unter Kim Jong-un - es gibt gute Gründe, warum Nordkorea in den vergangenen Monaten mit den härtesten Sanktionen belegt worden ist, die je über ein Land verhängt wurden. Umso erstaunlicher die Euphorie, mit der Südkoreas Regierung nun auf den plötzlichen Annäherungsversuch von Machthaber Kim reagiert. Mit geradezu frivoler Eilfertigkeit schlägt der Vereinigungsminister ein Treffen und Gespräche vor. Dabei weiß doch gerade seine Politikerklasse mit jahrzehntelanger Erfahrung im innerkoreanischen Annäherungsspiel, wie nah beinander Euphorie und Lähmung im Umgang mit dem Norden liegen.

Als die Olympischen Winterspiele nach Südkorea vergeben wurden, war klar, dass dieses Symbolereignis auch Gegenstand der koreanischen Versöhnungspolitik werden könnte. Zweimal schon liefen Mannschaften aus den beiden Koreas gemeinsam bei olympischen Spielen ein, zweimal bildeten sie eine symbolisch vereinte Nation, zweimal jubelten die Menschen nördlich und südlich des 38. Breitengrads gemeinsam. Die Spiele wecken starke patriotische Gefühle und bedienen die Sehnsucht nach Einheit. Sie gaukeln aber auch Vereinigungsoptionen vor, die es nicht gibt. Die Koreas können sich nicht näher kommen, so lange nicht eines der beiden Systeme kollabiert.

Die Kluft hat sich in den vergangenen Monaten eher noch vergrößert. Das nordkoreanische Raketen- und Nuklearprogramm zeugt nämlich nicht nur vom Selbstbehauptungswillen des Kim-Regimes, es dient nicht nur dem Systemerhalt. Nein, Kim Jong-un hat auch die offensive Wirkung seiner nach wie vor eher symbolischen Nuklearstreitmacht verstanden. Und Donald Trump hat ihm bei diesem Lernprozess geholfen. Denn der harte Konflikt zwischen Pjöngjang und Washington hat vor allem Südkorea gespalten und vor eine scheinbar wenig angenehme Wahl gestellt: Soll man nun lieber an der Seite des Beschützers USA in einen Nuklearkrieg ziehen - oder könnte der nationale Weg der Versöhnung nicht mehr Erfolg versprechen?

Selbst im Geiste Olympias lassen sich die beiden Koreas so schnell nicht versöhnen

So radikal diese Alternative klingt, so unrealistisch ist sie. Weder besteht ernsthaft die Gefahr eines Nuklearkriegs zwischen Nordkorea und den USA. Noch hat Südkorea eine Chance, in einem Verhandlungsprozess den Norden auf den nuklearfreien Pfad zu bringen und das Land zu einer Vereinigung ohne nordkoreanisches Juche-Kalendarium und ohne Kim-Führung zu bewegen. Südkorea braucht die USA zur Verteidigung; der Norden den externen Feind zum Selbsterhalt.

Der olympische Frühling wird an diesen Grundsätzen der koreanischen Teilung wenig ändern. Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in lässt also einen Funken Realismus aufblitzen, wenn er sagt, dass Gespräche über die innerkoreanischen Beziehungen nicht von der Lösung des Atomstreits getrennt werden können. Und Kim Jong-un benennt ebenfalls seine wahren Absichten, wenn er sagt, dass es zur Verbesserung dieser Beziehungen einige Voraussetzungen bräuchte: Stopp der Militärmanöver und der Verlagerung von US-Flugzeugen nach Südkorea, Ende der Sanktionspolitik durch Südkorea.

Was auch immer das Tauwetter zu den Winterspielen ausgelöst hat, es kündigt noch lange keinen Frühling an. Im Gegenteil: Kim Jong-un bleibt bei allen Offerten der Mann der Eiszeit.

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