Politik kompakt:"Ich spiele nicht den Lafontaine"

Friedrich Merz, ehemaliger CDU/CSU-Fraktionschef und Liebling der Konservativen, hat keine Lust auf eine neue Rechtspartei. Seinen alten Parteikollegen empfiehlt er, sich ein Beispiel an Karl-Theodor zu Guttenberg zu nehmen.

Kurzmeldungen im Überblick

Der ehemalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz hält nichts davon, die Führung einer möglichen rechtsbürgerlichen Protestpartei zu übernehmen. "Ich spiele nicht den Lafontaine auf der anderen Straßenseite", sagte der CDU-Politiker der Zeit. Damit bezog sich Merz auf den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, der später Chef der Partei Die Linke wurde. Nach der Debatte um die Thesen des Bundesbankers Thilo Sarrazin zur Integration war Merz immer wieder als möglicher Kopf einer neuen Partei rechts der Union genannt worden.

Friedrich Merz tritt zur Bundestagswahl nicht mehr an

Hält nichts von einer neuen Rechtspartei: Der Anwalt und ehemalige CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz.

(Foto: ddp)

Merz, der heute sein Geld als Rechtsanwalt verdient, verteidigte die Volksparteien: "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Volksparteien den Sinn haben, parteipolitische Radikalisierung zu verhindern. Sie binden und integrieren zur Mitte." Jede bürgerliche Protestpartei würde automatisch solche Radikale anziehen.

Zur Debatte über das Profil der CDU sagte Merz: "Für ein größeres Problem als angeblich fehlende konservative Standpunkte halte ich es, dass die Partei sich zu oft nicht festlegt und zu beliebig ist." Bei der Sehnsucht nach dem Konservativen handele es sich eher um die Sehnsucht nach einem "Stück Haltung und Gestus".

Die Union solle sich ein Vorbild am Verteidigungsminister nehmen: "Warum hat Karl-Theodor zu Guttenberg so viele Anhänger? Doch nicht, weil die alle seine politischen Konzepte so toll finden. Sondern weil er für eine bürgerliche Haltung steht und weil sie ein Bild von ihm haben, das sie einschätzen können", sagte Merz.

Bei Unionspolitikern stoßen die FDP-Pläne zur Vereinfachung der Einbürgerungsmodalitäten auf Ablehung, in Pakistan sind erneut mutmaßliche Aufständische bei Drohnen-Angriffen getötet worden und der ehemalige US-Präsident Carter hat sich erstmals zu den Hintergründen seines Nordkorea-Besuchs geäußert: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

(dpa)

Frankreich; Nationalversammlung stimmt für Rentenreform

Ungeachtet der jüngsten Massenproteste hat die französische Nationalversammlung die Rentenreform von Präsident Nicolas Sarkozy gebilligt. 329 der 577 Abgeordneten stimmten für die Pläne der Regierung. Sie sehen vor, dass die Franzosen künftig deutlich länger arbeiten sollen: Das Mindestalter für den Bezug der vollen Rente soll bis 2018 schrittweise von 60 auf 62 Jahre steigen. Sarkozy hatte die Rentenreform als wichtigstes Vorhaben für seine verbleibende Amtszeit erklärt.

Die Abstimmung war von einem Eklat überschattet: Der Parlamentspräsident musste die Sitzung zwischenzeitlich unterbrechen. Abgeordnete der oppositionellen Sozialisten hatten versucht, die Abstimmung hinauszuzögern. Am Nachmittag wurde dann ohne weitere Aussprache und gegen den Protest der Opposition abgestimmt. Die zweite Kammer des Parlaments, der Senat, muss dem Entwurf nun ebenfalls noch zustimmen, bevor er Gesetzeskraft erlangt.

(dpa)

Afghanistan: Mehr als 50 Festnahmen durch Bundeswehr-Eliteeinheit

Deutsche Elitesoldaten haben in Afghanistan in den vergangenen drei Jahren mehr als 50 Aufständische festgenommen und an die afghanischen Behörden übergeben. Die Spezialkräfte der "Task Force 47" der Bundeswehr habe bei ihren Operationen auch mehrfach Unterstützung aus der Luft bekommen, heißt es in einer Antwort des Verteidigungsstaatssekretärs Thomas Kossendey auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Zweimal sei es dabei zu Bombardements gekommen.

Die "Task Force 47" ist seit Oktober 2007 mit bis zu 120 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, gezielt gegen Taliban-Kämpfer vorzugehen, die auf einer Liste der internationalen Schutztruppe Isaf stehen. Gezielte Tötungen sind der Bundeswehr in Afghanistan aber im Gegensatz zu anderen Nationen nicht erlaubt. Laut Kossendey waren deutsche Soldaten auch "weder an der Vorbereitung und Planung noch an der Durchführung" von Tötungsaktionen der US-Spezialkräfte beteiligt. Für eine der insgesamt vier Isaf-Ziellisten hat die Bundeswehr bisher insgesamt 15 Personen gemeldet, denen "ein konkretes Gefährdungspotenzial für Isaf und die afghanischen Sicherheitskräfte zugeordnet" worden sei. Zwei von ihnen wurden laut Verteidigungsministerium in Gefechten getötet.

(dpa)

Nahost - Verhandlungen, Granaten und Luftangriffe

Parallel zu den Nahost-Friedensverhandlungen hat Israel Luftangriffe im palästinensischen Gaza-Streifen geflogen. Ziel war laut israelischer Armee ein Schmugglertunnel an der ägyptischen Grenze. Laut der in Gaza regierenden radikalislamischen Hamas wurde ein Palästinenser getötet und vier verletzt. Israel reagierte nach eigenen Angaben auf Beschuss aus dem Küstengebiet. Eine Rakete und acht Granaten seien auf den Süden des Landes abgefeuert worden, verletzt wurde niemand. So viele Geschosse seien seit März 2009 nicht mehr an einem einzigen Tag auf israelischen Boden niedergegangen, sagte eine Armeesprecherin.

Nicht weit entfernt wurde die zweite Runde der Nahost-Friedengespräche fortgesetzt. In Jerusalem war der Streit über die jüdischen Siedlungen im Westjordanland das bestimmende Thema. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte vor einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, beide Männer würden sich nun zusammensetzen und die dringendsten Punkte des jahrzehntealten Konflikts ansprechen.

(Reuters)

Wulff fordert Respekt vor ostdeutschen Erfolgen

Vor dem Hintergrund neuer Studien zur psychologischen Spaltung Deutschlands hat Bundespräsident Christian Wulff eine Ignoranz im Westen gegenüber ostdeutschen Leistungen kritisiert: "Offenbar haben nicht alle verstanden, dass man mit großem Respekt dem begegnen muss, was hier in den vergangenen 20 Jahren geleistet wurde", sagte Wulff der Thüringer Allgemeinen.

Er wünsche sich, dass noch mehr Menschen aus anderen Regionen Deutschlands nach Thüringen, Sachsen oder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern reisen, um sich die Ergebnisse dieser Veränderungs- und Leistungsfähigkeit anzuschauen. In den alten Bundesländern könne man sich ein Vorbild daran nehmen, wie zum Beispiel an den Thüringer Schulen und Hochschulen gelehrt und gelernt wird.

Zugleich verteidigte der Bundespräsident die Art und Weise der Wiedervereinigung vor 20 Jahren. "Das war kein Anschluss", sagte er und widersprach damit Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Der SPD-Politiker hatte unlängst auch über eine Deindustrialisierung Ostdeutschlands geklagt.

Wulff widersprach Platzeck auch in diesem Punkt, ohne ihn beim Namen zu nennen: Eine solche Deindustrialisierung habe es nicht gegeben. "Die Wirtschaft der DDR lag am Boden und war nicht wettbewerbsfähig", sagte Wulff. Dass dies in den neuen Ländern zum Teil immer noch anders gesehen werde, sei verständlich. "Da gibt es Prägungen, lange Linien, da müssen wir Geduld haben", sagte das Staatsoberhaupt.

Wulff bedauerte, dass im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Deutschen Einheit oft das Negative betont werde. "Warum finden Probleme immer mehr Aufmerksamkeit als Erfolge? Wir sollten auch das Positive, die unendlich vielen Gemeinsamkeiten betonen", sagte Wulff.

(dapd)

Schnelle Einbürgerungen: Union stemmt sich gegen FDP

Das Vorhaben der FDP, Einbürgerungen nach Deutschland zu vereinfachen, stößt beim Koalitionspartner auf Widerstand: Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lehnt die Pläne der Liberalen für mehr doppelte Staatsbürgerschaften und schnellere Einbürgerungen von Ausländern ab. "Mehrstaatigkeit fördert nicht die Integration, sondern widerspricht ihr", sagte Herrmann der Zeitung Die Welt. Das führe zu Loyalitätskonflikten und begünstige die Entwicklung von Parallelgesellschaften.

Herrmann sagte, die FDP-Initiative für eine sogenannte Turbo-Einbürgerung nach vier statt bisher acht Jahren schieße weit über das Ziel hinaus. Das geltende Recht biete bereits ausreichende Möglichkeiten, besonderen Integrationsleistungen durch eine Abkürzung der Mindestaufenthaltsdauer Rechnung zu tragen. "Eine weitergehende Verkürzung auf vier Jahre halte ich nicht für gerechtfertigt", betonte Herrmann.

Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann und der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, zeigten sich skeptisch in Bezug auf die FDP-Pläne: Die CDU-Politiker äußerten gegenüber dem Blatt die Befürchtung, die von den liberalen vorgeschlagenen Maßnahmen könnten zu Lasten der Integration gehen.

(dapd-bay)

Pakistan: US-Drohnen töten 17 Menschen

US-Drohnen haben in pakistanischen Stammesgebieten mindestens 17 mutmaßliche Aufständische getötet. In einem Vorort von Miranshah, der größten Stadt in der Region Nord Waziristan, wurden in der Nacht zu Mittwoch zwei Häuser von sieben Raketen getroffen, wie pakistanische Armeevertreter berichteten. Damit wurden in den vergangenen 24 Stunden in den pakistanischen Stammesgebieten im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Afghanistan mindestens 26 Rebellen durch Drohnenattacken getötet.

Seit Anfang September wurden bei zwölf Drohnen-Attacken in den Stammesgebieten mehr fast 70 Menschen getötet. Die Angriffe haben die anti-amerikanischen Ressentiments in dem muslimischen Land verstärkt.

(AFP)

Carter erklärt Hintergründe seiner Reise nach Pjöngjang

Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat sich erstmals öffentlich zu seiner Reise nach Nordkorea Ende August geäußert, während der er die Freilassung eines inhaftierten Amerikaners bewirkte. Nordkorea habe seine Reise nach Pjöngjang zur Bedingung für die Freilassung von Aijalon Mahli Gomes gemacht, sagte Carter in Atlanta. Es habe fünf Wochen gedauert, bis er die Genehmigung des Weißen Hauses und des US-Außenministeriums dafür erhalten habe. Nordkorea habe bei seiner Ankunft darauf bestanden, Gomes erneut den Prozess zu machen und diesen dann begnadigt. Er hoffe, dass seine Reise den Friedensgesprächen zwischen Nord- und Südkorea sowie den USA auf die Sprünge helfen werde.

Gomes war im Januar festgenommen und im April wegen illegaler Einreise zu acht Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. Carter sagte, er glaube, dass Gomes in der Haft menschlich behandelt worden sei. Eine ärztliche Untersuchung nach seiner Freilassung habe dies bestätigt, sagte der Ex-Präsident.

(dapd)

Musharraf kündigt Rückkehr in die Politik an

Der frühere pakistanische Staatschef Pervez Musharraf will in die Politik zurückkehren. Er werde im Oktober eine neue Partei gründen, sagte er am Rande einer Wirtschaftskonferenz in Hongkong. Er zeigte sich zuversichtlich, seine Popularität zurückgewinnen zu können. Er werde anlässlich der für 2013 geplanten Parlamentswahlen nach Pakistan zurückkehren, sagte der 67-Jährige.

Der Ex-General war im August 2008 nach monatelangen Protesten als Präsident zurückgetreten. Musharraf lebt nun überwiegend in Großbritannien. Sollte er nach Pakistan zurückkehren, droht ihm eine juristische Untersuchung wegen des Putsches im Oktober 1999, der ihn an die Macht brachte, und die darauf folgende neunjährige Militärherrschaft.

(dapd)

Merkel soll Koch-Biographie in Berlin vorstellen

Angela Merkel (CDU) wird Anfang Oktober offenbar das neue Buch ihres Parteifreundes und früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch vorstellen. Die Kanzlerin soll das biographische Werk mit dem Titel Konservativ - Ohne Werte und Prinzipien ist kein Staat zu machen nach Informationen von Spiegel online am 4. Oktober in Berlin präsentieren.

Auf der Homepage des 52-Jährigen ist zu lesen, das 220 Seiten starke Werk sei "Abschiedsgeschenk und politisches Manifest zugleich". Der ehemalige CDU-Spitzenpolitiker habe sich selbst immer als "konservativer Reformer" gesehen: "Gerade in einer Zeit rasanter Veränderung sind verbindliche Werte und Tugenden, Geschichtsbewusstsein sowie Traditionen notwendig, um die anstehenden Probleme zu lösen und Gesellschaft zusammenzuhalten", heißt es in der Ankündigung des Buches.

Koch war von 1999 bis 2010 Ministerpräsident von Hessen. Das Verhältnis des ehemaligen hessischen Landesvaters zu Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Laufe seiner Karriere von Spannungen geprägt.

(sueddeutsche.de)

Anti-amerikanische Proteste in Kabul

Die Polizei in der afghanischen Hauptstadt Kabul hat mit Warnschüssen in die Luft eine Menschenmenge auseinandergetrieben, die gegen die in den USA geplante, inzwischen aber abgesagte Verbrennung von Koran-Ausgaben protestierte. Etwa 800 Afghanen nahmen an der Protestkundgebung in den Außenbezirken von Kabul teil. Kleriker forderten dabei die Absetzung der afghanischen Regierung und verlangten den Abzug der ausländischen Truppen. Die Demonstranten verbrannten Reifen und warfen Steine auf die Polizisten. Mindestens drei Personen wurden verletzt.

(dapd)

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