Politik kompakt:Von der Leyen fordert Web-Knigge

Die Familienministerin will Benimmregeln fürs Netz, die Staatsanwaltschaft untersucht einen Wahlkampf-Song der NPD und bin Ladens Sohn soll getötet worden sein.

Von der Leyen fordert Verhaltenskodex fürs Internet

Von der Leyen, Getty

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat neue Pläne fürs Internet.

(Foto: Foto: Getty)

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will Benimmregeln für das Internet einführen. In Online-Netzwerken, Blogs und Chats müsse ebenso wie im Schulalltag ein "achtsamer und wacher Umgang miteinander" eingefordert werden, sagte von der Leyen der Rheinischen Post. Ziel es sei, gemeinsam mit den Verantwortlichen sowie jugendlichen Nutzern einen Verhaltenskodex zu entwickeln. Außerdem müssten minderjährige Internet-Surfer über die Gefahren des Netzes aufgeklärt werden - zum Beispiel darüber, "dass sich Erwachsene mit üblen Absichten in ihre Chats einschleichen können". Von der Leyen hatte mit ihren Vorschlägen für das Sperren von Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten, die inzwischen gesetzlich verankert sind und ab dem 1. August wirksam werden, eine Debatte über Zensur im Netz entfacht.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen NPD-Wahlkampf-Lied

Die Berliner Staatsanwaltschaft überprüft den Wahlkampf-Auftritt der rechtsextremen NPD im Internet. "Wir untersuchen, ob der Inhalt strafrechtlich relevant ist", sagte Oberstaatsanwalt Michael von Hagen dem Berliner Tagesspiegel. Möglicherweise sei ein Lied auf der Homepage als Beleidigung und öffentliche Aufforderung zu Tätlichkeiten gegen den früheren Vize-Präsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, zu werten. Auch Äußerungen gegen den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir würden untersucht, hieß es. Im Text des "Wahlkämpfer-Liedes" auf der Homepage der NPD werden Friedman Schläge angedroht. Friedman war dem Bericht zufolge für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Bundeswehr-Offensive in Afghanistan dauert an

Die groß angelegte Offensive unter Beteiligung der Bundeswehr gegen die radikal-islamischen Taliban im Norden Afghanistans war am Donnerstag noch im Gange. Deshalb könne man über den Stand der Operation mit der Bezeichnung Oqab (Adler) und zu Einzelheiten des Einsatzes keine Angaben machen, erklärte das Verteidigungsministerium in Berlin. Erfreulich sei, dass es unter den deutschen Soldaten bislang keine Verwundeten oder gar Tote gegeben habe.

Nicht bestätigt wurden Meldungen, in denen es unter Berufung auf den Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammad Omar, geheißen hatte, die gemeinsam operierenden deutschen und afghanischen Soldaten hätten einen der Unruhedistrikte wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Der Distrikt Char Darrah sei am Vorabend von Taliban-Kämpfern und Al-Qaida- Terroristen "gesäubert" worden, wurde Omar zitiert. Mindestens 13 Aufständische seien getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kabul kamen bei den Gefechten auch vier afghanische Soldaten ums Leben.

An der seit mehreren Tagen andauernden Offensive, bei der die Bundeswehr erstmals auch Schützenpanzer und Mörser einsetzt, sind etwa 300 deutsche Soldaten und 900 afghanische Sicherheitskräfte beteiligt. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hatte den Einsatz mit der Verschlechterung der Sicherheitslage begründet. Im Distrikt Char Darrah waren erst Ende Juni bei einem Gefecht mit Taliban-Kämpfern drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen.

Deutschland will den Angehörigen eines 15-jährigen Afghanen, der am Sonntag an einem Kontrollpunkt von einem Bundeswehr-Soldaten erschossen worden war, eine Entschädigung zahlen. Wie viel Geld die Familie bekommen soll, stehe noch nicht fest, hieß es am Donnerstag in Kreisen der Bundeswehr. Im Herbst vorigen Jahres hatte die Bundeswehr einer Familie nach dem Tod einer jungen Mutter und ihrer zwei Kinder 20.000 Dollar gezahlt.

Mussawis Schwager seit mehr als einem Monat in Haft

Im Zuge der Proteste gegen den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Iran ist auch der Schwager des iranischen Oppositionsführers Mir-Hossein Mussawi festgenommen worden. Ihr Bruder befinde sich bereits mehr als einen Monat lang in Haft, sagte Mussawis Ehefrau Sahra Rahnaward laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ilna vom Donnerstag. Bislang seien alle Versuche fehlgeschlagen, eine Freilassung des 62-jährigen Kommunikationsingenieurs zu erreichen. Nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl vor einem Monat waren in Iran heftige Proteste gegen die Wiederwahl von Staatschef Mahmud Ahmadinedschad ausgebrochen.

Prozess gegen Mumbai-Attentäter geht trotz Geständnisses weiter

Der Prozess gegen den wohl einzigen überlebenden Attentäter der Anschläge von Mumbai geht ungeachtet dessen Geständnisses weiter. Der auch als Kasab bekannten Angeklagte Mohammed Ajmal Amir Iman habe nur ein "Teilgeständnis" abgelegt, sich aber nicht in allen 83 Anklagepunkten schuldig bekannt, erklärte Richter M.L. Tahaliyani. Die Staatsanwaltschaft hatte trotz des am Montag überraschend abgelegten Geständnisses eine Fortführung des Prozesses beantragt. Am Mittwoch forderte Kasab für sich die Todesstrafe. Der Anwalt des Angeklagten bat das Gericht nach der Entscheidung über die Fortführung des Prozesses, ihn von seinen Pflichten zu entbinden. Sein Mandant habe kein Vertrauen in ihn. Der Richter lehnte das Gesuch ab. Die Suche nach einem Anwalt für Kasab hatte sich von Anfang an schwierig gestaltet.

Russland will gegen Aufrüstung Georgiens vorgehen

Russland wird nach den Worten von Vize-Außenminister Grigori Karasin mit konkreten Maßnahmen die Auffüllung des Waffenarsenals von Georgien verhindern. Sein Land sehe mit großer Sorge die Aufrüstungsbemühungen der georgischen Führung, denen zahlreiche Länder auffallend gelassen und positiv gegenüberstünden, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass Karasin. Es werde erwogen, die militärische Zusammenarbeit mit Staaten zu begrenzen oder zu beenden, die Georgien mit Waffen versorgten. Russland hat der Ukraine dies wiederholt vorgeworfen.

Zugleich hielt Karasin namentlich nicht genannten Staaten vor, militärische Zusammenarbeit mit Georgien unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe zu verschleiern. Er spielte damit offenkundig auf die USA an, die Georgien mit Hilfslieferungen versorgen. Unterdessen sagte US-Vizepräsident Joe Biden der Führung in Tiflis demonstrativ die Unterstützung seines Landes zu. "Der Grund für meinen Besuch ist zu zeigen, dass wir an Eurer Seite stehen", sagte Biden vor Gesprächen mit Präsident Micheil Saakaschwili.

Machtkampf in der Freien Union

In der Freien Union formiert sich rund einen Monat nach der Parteigründung Widerstand gegen eine Alleinherrschaft der Vorsitzenden Gabriele Pauli. In einem offenen Brief fordern mehrere Freie-Union-Vorstandsmitglieder einen unverzüglichen Rücktritt Paulis. "Sie haben in Anmaßung von nicht durch die Satzung gedeckten Befugnissen zwei Mitglieder des Präsidiums ihres Amtes zu entheben versucht und diese öffentlich beschuldigt, ohne dafür bis heute Belege vorzuweisen", heißt es in dem Schreiben. Auch habe Pauli mehrere Beschlüsse des Bundesvorstands übergangen. Unter den 16 Unterzeichnern des Briefs sind mehrere Vorstandsmitglieder. Die beiden von der Parteichefin eigenmächtig ihrer Ämter enthobenen Freie-Union-Vizechefs Sabrina Olsson und Michael Meier streben darüber hinaus eine gerichtliche Klärung des Streits mit Pauli an.

Obama kritisiert "dümmliche" Festnahme von Harvard-Dozenten

Mit einer Mischung aus spöttischen Bemerkungen und scharfer Kritik hat US-Präsident Barack Obama die Festnahme des schwarzen Harvard-Dozenten Henry Louis Gates kommentiert, der die Tür zu seiner eigenen Wohnung aufgebrochen hatte. Es sei ein "dümmliches Vorgehen", wenn die Polizisten jemanden festnähmen, wenn seine Unschuld bereits bewiesen sei, sagte Obama. Sarkastisch stellte Obama sich die Frage, ob er etwa mit Polizeischüssen rechnen müsse, wenn er etwa die Tür zum Weißen Haus in Washington oder zu seiner Wohnung in Chicago aufbreche. Da er bei der Festnahme seines Freundes nicht dabeigewesen sei, könne er nicht den Anteil an "Rassismus" beurteilen, der zu dem Verhalten der Polizisten geführt habe. In den USA gebe es aber eine "lange Geschichte" von unverhältnismäßigem Vorgehen der Polizei gegen Afro-Amerikaner und Menschen lateinamerikanischer Herkunft.

Grünen-Politiker: "Soldaten reden von Krieg"

Der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan wird nach Ansicht des Grünen-Politikers Winfried Nachtwei von der Bundesregierung beschönigt. "Soldaten, mit denen ich kürzlich in Kundus gesprochen habe, reden von Krieg", sagte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag der Münsterschen Zeitung. Die Bundesregierung sei mit dem Einsatz "nie offen, ehrlich und konkret" umgegangen. "Da wurde lieber beschönigt, als die ganze Wahrheit zu sagen", sagte Nachtwei. Seit April gebe es in Afghanistan immer mehr kriegsähnliche Situationen. Kundus habe sich zu einem Hauptangriffsziel der Taliban entwickelt.

Eventuell hoch radioaktiver Müll im maroden Lager Asse

Im maroden Atommülllager Asse bei Salzgitter könnte möglicherweise auch hoch radioaktiver Abfall lagern. Darauf soll es neue Hinweise geben, berichtete das ARD-Magazin "Monitor". Bisher waren die Behörden davon ausgegangen, dass in dem Lager nur schwach- und mittelstark strahlender Atommüll untergebracht ist. "Monitor" will nun erfahren haben, dass 1966 das Forschungsministerium der Siemens AG die Einlagerung von 25 Fässern mit hoch radioaktivem Abfall zugesagt habe. Ob die Fässer tatsächlich angeliefert wurden, ist allerdings unklar. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, sagte, seine Behörde habe dazu bisher keine Hinweise.

Tribunal will Karadzic-Verfahren beschleunigen

Das Verfahren gegen den wegen Völkermordes angeklagten ehemaligen bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic soll nach dem Willen der Richter beschleunigt werden. Sie wiesen die Staatsanwaltschaft an, die geplante Beweisführung vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien zu straffen und die Zahl der anzuhörenden Zeugen zu reduzieren. Hintergrund sind Befürchtungen, dass sich der Prozess über Jahre erstrecken und der internationalen Gemeinschaft ungeahnte Kosten auferlegen würde.

Karadzic kündigte unterdessen an, vor Gericht zu beweisen, dass die Zahl der Opfer des Massakers von Srebrenica "um Tausende" zu hoch angegeben wurde. Dafür verlangte er unter anderem Zugang zu DNA-Untersuchungen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass im Juli 1995 von bosnischen Serben, deren politischer Anführer Karadzic war, in der damaligen UN-Schutzzone etwa 8000 bosnische Muslime ermordet wurden.

Nordkorea nennt Clinton "kleines Schulmädchen"

Nordkorea schießt gegen US-Außenministerin Hillary Clinton zurück. Clinton sei nichts anderes als eine "komische Dame", die die elementare Etikette der internationalen Gemeinschaft nicht kenne, erklärte das nordkoreanische Außenministerium. "Manchmal wirkt sie wie ein kleines Schulmädchen". Clinton hatte am Montag in einem Interview das kommunistische Regime in Nordkorea im Zusammenhang mit den jüngsten Raketen-Tests mit einem kleinen Kind verglichen, das auf sich aufmerksam machen will. Washington werde sich nicht zu einer Überreaktion provozieren lassen, erklärte sie.

Unterdessen lehnte Nordkorea das von den USA angebotene umfassende Paket mit Anreizen zum Abbau seines umstrittenen Atomprogramms ab. Der Diplomat Ri Hong Sik bekräftigte bei der Südostasiatischen Sicherheitskonferenz auf Phuket in Thailand zugleich, dass die sogenannten Sechser-Gespräche nicht fortgesetzt werden. Clinton, die an der Konferenz teilnahm, äußerte Bedauern, dass Nordkorea "keine Bereitschaft bekundet, den Weg der Denuklearisierung zu gehen".

Bin-Laden-Sohn vermutlich bei US-Angriff getötet

Ein Sohn des al-Qaida-Anführers Osama bin Laden ist vermutlich bei einem US-Angriff in Pakistan getötet worden. Saad bin Laden sei in diesem Jahr offenbar Opfer einer von einer US-Drohne abgefeuerten Rakete geworden, meldete der US-Rundfunkverbund NPR unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise. Ein genauer Zeitpunkt wurde nicht genannt. Es stehe zu 80 bis 85 Prozent fest, dass der Sohn tot sei, hieß es weiter. Saad bin Laden sei nicht Ziel des Angriffs gewesen, er habe sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufgehalten. Es sei zwar Mitglied der al-Qaida gewesen, habe aber keine Führungsposition innegehabt. Ob sich Osama bin Laden zum Zeitpunkt des Angriffs in der Nähe aufgehalten habe, sei unklar.

SPD-Linke plädiert für Wiedereinführung der Vermögenssteuer

Der Vorsitzende der SPD-Linken im Bundestag, Ernst-Dieter Rossmann, hat sich für die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer in Deutschland ausgesprochen. "Wir haben das nie ausgeschlossen", sagte Rossmann der Rheinischen Post. "Wenn die Länder als Nutznießer dieser Steuer ihre Blockade aufgeben, sind die Sozialdemokraten im Bund die ersten, die das voll unterstützen", sagte der Abgeordnete. In das SPD-Wahlprogramm war die Vermögenssteuer auf Wunsch des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier nicht aufgenommen worden.

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