Politik kompakt:"Lustiges Telefonieren" nach dem Kundus-Luftschlag

Lesezeit: 6 min

Der gefeuerte Bundeswehr-Inspekteur Schneiderhan sagt dem Kundus-Ausschuss, er habe vor Minister Guttenberg nichts verheimlicht. Dafür greift er den Pressestab von Ex-Minister Jung an.

im Überblick

Wolfgang Schneiderhan, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, hat seine Informationspolitik nach dem Luftschlag nahe Kundus in Afghanistan verteidigt. Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages in Berlin zur Kundus-Affäre bestritt er, Informationen verheimlicht zu haben - weder vor dem damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) noch gegenüber dessen Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Auch über mögliche zivile Opfer habe er frühzeitig informiert. Schneiderhan räumte zugleich ein, dass die Zeit, Guttenberg mit den Vorkommnissen vertraut zu machen, "schon sehr knapp" gewesen sei.

Er will nichts verheimlicht haben: Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, vor dem Bundestags-Untersuichungsausschuss in Berlin. (Foto: dpa)

Er kritisierte allerdings den Pressestab Jungs scharf: Nach dem Luftangriff am 4. September 2009 in Afghanistan habe es ein "lustiges Telefonieren", aber "kein orchestriertes Vorgehen" gegeben. Das habe nicht zu einer stringenten Beurteilung der Lage beigetragen. "Dafür bin ich nicht verantwortlich und dafür möchte ich mich auch nicht verantwortlich machen lassen", sagte er.

Guttenberg hatte Schneiderhan und mit Ex-Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert im Zuge der Kundus-Affäre entlassen. Der Minister hatte ihnen vorgeworfen, ihm Berichte zu dem Luftschlag vorenthalten zu haben. Bei dem von Oberst Georg Klein befohlenen Angriff auf zwei Tanklastzüge waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter viele Zivilisten.

In die Wolfsburger Stadtwerke-Affäre kommt Bewegung, in Afghanistan wurde ein ranghoher al-Qaida-Führer getötet. Lesen Sie weitere Meldungen im Überblick.

(dapd)

Bundesaußenminister Guido Westerwelle und seine US-Kollegin Hillary Clinton haben nach einem Treffen in Washington die Zusammenarbeit ihrer Länder gewürdigt. Clinton gratulierte dem deutschen Volk zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung. Deutschland habe damals gezeigt, dass man Mauern niederreißen könne. Westerwelle bedankte sich während des gemeinsamen Auftrittes vor Journalisten vor allem für die amerikanische Unterstützung während der Wendezeit.

Bei ihrem Treffen hätten Themen wie die Zukunft der Nato, der Nahost-Friedensprozess und die strategische Bedeutung der Türkei im Mittelpunkt gestanden, sagten beide. Zu Berichten, wonach Terroristen in Pakistan Anschläge auf Ziele in Großbritannien, Frankreich und Deutschland geplant haben sollen, wollten Westerwelle und Clinton nicht Stellung nehmen.

(dapd/dpa)

Bremens SPD-Regierungschef Jens Böhrnsen soll seine Partei auch bei der kommenden Landtagswahl 2011 zum Wahlsieg führen. Einstimmig nominierten ihn die 198 Delegierten bei ihrem Landesparteitag zum Spitzenkandidaten. Böhrnsen versprach, vor allem die Sozialpolitik der Bundesregierung anzugreifen. Die SPD müsse dagegen halten, und zwar "nicht mit Kuschelkurs, sondern mit klaren Worten", sagte Böhrnsen.

Im kleinsten Bundesland regiert die SPD seit Kriegsende ununterbrochen, seit 2007 in einer rot-grünen Koalition. Böhrnsen will diese Regierung fortsetzen. Am 22. Mai 2011 wählen die Hanseaten ihr neues Parlament.

(dpa)

Die USA haben ihren Sanktionskurs gegen den Iran verschärft. Erstmals seien nun auch Sanktionen gegen führende Mitglieder des Regimes wegen Menschenrechtsverstößen erlassen worden, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton in Washington. Eine von Präsident Barack Obama unterzeichnete Anordnung sehe finanzielle Sanktionen und Reisebeschränkungen gegen acht iranische Offizielle vor. Ihre von den USA kontrollierbaren Vermögen sollen eingefroren werden und sie keine Reisevisa für die USA erhalten. Unter ihnen sind Minister, Mitglieder der Kommandospitze der Revolutionsgarden (IRGC) sowie der Generalsstaatsanwalt des Landes. "Diese Offiziellen sind dafür verantwortlich, dass iranische Bürger auf tyrannische Weise geschlagen, gefoltert, vergewaltigt, erpresst oder getötet worden", sagte Clinton.

(dpa)

Nach monatelangen heftigen Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea haben sich die Streitkräfte beider Länder auf ihre ersten Gespräche seit fast zwei Jahren geeinigt. Das Treffen zwischen Offizieren beider Seiten werde am Donnerstag im Grenzort Panmunjom stattfinden, teilte das Verteidigungsministerium in Seoul am Mittwoch mit.

Südkorea hatte vor einigen Tagen einem Gesprächsvorschlag des kommunistischen Nachbarlandes unter bestimmten Bedingungen zugestimmt. Demnach will Südkorea bei dem geplanten Arbeitstreffen über den Konflikt um die Versenkung eines seiner Kriegsschiffe sprechen. In einer Note an Nordkorea habe man deutlich gemacht, dass es auch um die "Verantwortung Nordkoreas für den Angriff auf das Kriegsschiff Cheonan" gehen sollte, hatte es geheißen. Die nordkoreanische Volksarmee will unter anderem über die umstrittene Seegrenze im Gelben Meer und die Verbreitung von anti-nordkoreanischem Propagandamaterial über die Landesgrenze reden. Nordkorea hatte wiederholt gegen das Regime in Pjöngjang gerichtete Flugblattaktionen südkoreanischer Gruppen als Provokation kritisiert. Das Angebot Nordkoreas wurde von Beobachtern zunächst als weiterer Hinweis dafür verstanden, dass das Land die angespannte Lage zu entschärfen versuche. Südkorea macht den Norden für den Untergang der Cheonan im Gelben Meer verantwortlich, bei dem im März 46 Soldaten getötet wurden. Nordkorea bestreitet eine Verwicklung.

(dpa)

Kaum ist der Chef gefeuert, wird gegen seine Untergebenen ermittelt: Nach der Entlassung des Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow untersuchen die Behörden mutmaßliche Korruptionsfälle in der Stadtverwaltung. Einer ganzen Reihe von Stadtbediensteten werde Korruption vorgeworfen, zitierte die Nachrichtenagentur RIA den Sprecher des Ermittlerteams. Es war die erste offizielle Stellungnahme, dass Luschkow möglicherweise mit einer Anklage wegen Korruption zu rechnen hat.

Präsident Dmitrij Medwedjew hatte am Vortag, an dem er Luschkow entließ, lediglich erklärt, er habe das Vertrauen in den Bürgermeister verloren. In mehreren Fernsehdokumentationen war in den vergangenen Wochen der Vorwurf weit verbreiteter Korruption in der Verwaltung der russischen Hauptstadt erhoben worden. So soll Luschkows Frau, eine milliardenschwere Bauunternehmerin, vom Posten ihres Mannes profitiert haben. Das Ehepaar weist die Vorwürfe zurück.

(Reuters)

Nordkorea hat weitere atomare Aufrüstung angekündigt. Damit reagiere sein Land auf die von den USA ausgehende Bedrohung, sagte der stellvertretende Außenminister Pak Kil Yon vor der UN-Vollversammlung in New York. "Solange atomar getriebene US-Flugzeugträger vor unseren Küsten kreuzen, können wir die atomare Abschreckung nicht aufgeben, sondern müssen sie verstärken." Endgültig strebe die Regierung in Pjöngjang aber die weltweite Abschaffung aller Kernwaffen an. Das kommunistisch regierte und international isolierte Land soll spaltbares Material für mindestens sechs bis acht Atomwaffen besitzen.

(Reuters)

Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat ihren Nachtragshaushalt in den Düsseldorfer Landtag eingebracht. Er sieht deutlich mehr Schulden vor. Nach dem Entwurf soll die Nettoneuverschuldung in diesem Jahr um 2,3 Milliarden Euro auf knapp 8,9 Milliarden Euro steigen.

Der Nachtragshaushalt ist eine Nagelprobe für Rot-Grün. Das Regierungsbündnis ist auf die Unterstützung der Opposition angewiesen, da es keine absolute Mehrheit hat. Dabei muss Rot-Grün vermutlich darauf setzen, dass sich die Abgeordneten der Linksfraktion zumindest der Stimme enthalten. CDU und FDP lehnen den Haushalt strikt ab. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) begründete den Schuldenanstieg mit Lasten der vorherigen schwarz-gelben Landesregierung. CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann kritisierte, es sei ein Haushalt "auf Kosten unserer Kinder".

(AFP)

In die Wolfsburger Stadtwerke-Affäre um angeblich illegale Wahlkampfhilfen für die CDU in Niedersachsen kommt Bewegung: Das Innenministerium hat ein Disziplinarverfahren gegen Wolfsburgs Oberbürgermeister Rolf Schnellecke (CDU) eingeleitet. Hintergrund ist der Vorwurf des ehemaligen Stadtwerke-Pressesprechers Maik Nahrstedt, die Stadtwerke hätten verdeckte Unterstützung von CDU-Wahlkämpfen geleistet - für Schnellecke, aber auch für den heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff im niedersächsischen Landtagswahlkampf 2003.

Schnellecke wies die Vorwürfe gegen ihn "mit größtem Nachdruck" zurück. Er wird von der Staatsanwaltschaft Braunschweig neben dem Kronzeugen Nahrstedt und Ex-Stadtwerke-Chef Markus Karp als Beschuldigter geführt. "Alle Behauptungen der Vorteilsannahme sind unwahr und werden sich nachweislich als falsch herausstellen", erklärte Schnellecke. Es sei einer der "schmutzigsten Angriffe", den er je erlebt habe.

Nahrstedt hatte behauptet, er habe auf Kosten der Stadtwerke Wahlkampf für die CDU betrieben. Die CDU wies die Vorwürfe zurück. Als Drahtzieher nannte Nahrstedt den Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens, Markus Karp. Wie jetzt bekannt wurde, darf Karp trotz der Ermittlungen gegen ihn seinen Posten behalten. Allerdings bleibe er auf eigenen Wunsch bis zur Aufklärung des Falles beurlaubt, teilte der Aufsichtsrat der Stadtwerke nach einer Krisensitzung mit.

(dpa)

Bei einem Luftangriff in der ostafghanischen Provinz Kunar ist nach Angaben der Internationalen Schutztruppe Isaf ein hochrangiger Kommandeur des Terrornetzwerks al-Qaida getötet worden. Die Isaf teilte am Mittwoch mit, Abdallah Omar al-Kuraischi habe Angriffe arabischer Kämpfer in Kunar und der Nachbarprovinz Nuristan koordiniert.

Die Nato-geführte Isaf hatte den Luftangriff bereits am vergangenen Sonntag gemeldet, nun aber erst die Identität des al-Qaida-Anführers bestätigt. Der Tod von Omar al-Kuraischi sei "ein bedeutender Sieg für das afghanische Volk" und werde terroristische Aktivitäten in der Region verringern, sagte der amerikanische Isaf-Oberst Rafael Torres.

Am Dienstag war indes erneut ein Nato-Soldat bei einem Angriff Aufständischer getötet worden. Seine Nationalität wurde zunächst nicht bekannt gegeben. Mit 536 getöteten Soldaten ist das laufende Jahr bereits jetzt das bislang verlustreichste seit Beginn des Krieges in Afghanistan.

(dpa/AP)

Weil ein für Hinrichtungen mit der Giftspritze wichtiges Mittel zur Mangelware geworden ist, verzögern sich in den USA bereits Exekutionen. Nach Fällen in den Bundesstaaten Kentucky und Oklahoma kann in Kalifornien von diesem Freitag an vorerst nicht mehr der tödliche Cocktail verabreicht werden - weil dann das Haltbarkeitsdatum der letzten Charge Sodium Thiopental abläuft, wie die New York Times am Dienstag meldete. In den beiden anderen Staaten waren nach Medienberichten Exekutionen in den vergangenen Wochen bereits verschoben worden. Weshalb das Mittel knapp wurde, ist nach Angaben der Zeitung unklar. Der zuständigen Behörde FDA sei bereits im März bekanntgewesen, dass Sodium Thiopental allmählich zur Mangelware wird. Einem Sprecher des einzigen US-Herstellers, Hospira im Staat Illinois, zufolge ist ein wichtiger pharmazeutischer Bestandteil derweil nur sehr schwer erhältlich. Das Unternehmen erwarte, das Mittel Anfang nächsten Jahres wieder anbieten zu können. Sodium Thiopental ist eines von drei Giften, das Todeskandidaten in mehr als 30 Staaten der USA gespritzt wird. Hospira-Sprecher Dan Rosenberg sagte der New York Times, das Unternehmen sei alles andere als glücklich darüber, dass das Narkosemittel den Weg in die Todeszelle gefunden habe. "Hospira stellt dieses Produkt her, um Leben zu verbessern oder zu retten", sagte er. "Das Mittel ist nicht für den Vollzug der Todesstrafe gekennzeichnet, und Hospira unterstützt die Verwendung in dieser Prozedur auch nicht."

(dpa)

Bei schweren Gefechten mit kremltreuen Einheiten sind im russischen Konfliktgebiet Nordkaukasus mindestens zehn Untergrundkämpfer getötet worden. Sondertruppen des Innenministeriums hätten in zwei Städten der Teilrepublik Dagestan die Lager von Aufständischen gestürmt, teilte ein Behördensprecher am Mittwoch in der Regionalhauptstadt Machatschkala nach Angaben der Agentur Interfax mit. Die Gruppen hätten sich in der Stadt Kaspijsk sowie in Machatschkala in Privathäusern verschanzt. In den verarmten Unruherepubliken Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien liefern sich islamistische Separatisten und kriminelle Banden immer wieder blutige Gefechte mit kremltreuen Einheiten.

(dpa)

© sueddeutsche.de/segi/mikö/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: