Politik kompakt:Polen leitet neue Ermittlungen zu Auschwitz ein

Das Institut für Nationales Gedenken in Polen will die Verbrechen der Nazis im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau noch einmal untersuchen. Möglichst alle Auschwitz-Überlebenden sollen befragt werden.

im Überblick

66 Jahre nach Kriegsende will Polen neue Erkenntnisse über die Verbrechen der Deutschen im NS-Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gewinnen. Das Institut für Nationales Gedenken (IPN), das die Verbrechen der Kommunisten und der Nationalsozialisten in Polen untersucht habe das Hauptverfahren über Auschwitz erneut aufgenommen, sagte der Chefermittler der Krakauer IPN-Abteilung, Piotr Piatek.

Vor 70 Jahren wurde der 'Judenstern' eingefuehrt

Eine Ermittlergruppe des polnischen Instituts für Nationales Gedenken soll die Verbrechen der Nazis in Auschwitz noch einmal untersuchen und herausfinden, ob es KZ-Wächter gibt, die bisher nicht bestraft wurden.

(Foto: dapd)

Vor mehr als drei Jahrzehnten wurden die Ermittlungen eingestellt. Dabei seien laut Piatek weder alle Zeugen vernommen noch alle schriftlichen Quellen ausgewertet worden. Es habe zudem "politische Blockaden" gegeben, erläuterte der Staatsanwalt. Nun sollen mehrere hundert noch lebende Ex-Häftlinge befragt werden. Bereits im Dezember sollen IPN-Mitarbeiter mit der Untersuchung deutscher Archive beginnen.

Piatek schloss nicht aus, dass noch ehemalige Auschwitz-Wächter leben, die noch nicht bestraft worden seien. Weil es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handele, seien ihre Taten nicht verjährt, betonte der Ermittler. Neue Erkenntnisse über die Opferzahl seien auch möglich.

Unterdessen haben Eigentümer aus Deutschland ein Gemälde an Polen zurückgegeben, das vor 67 Jahren aus dem von den Nazis besetzten Warschau geraubt wurde. Er freue sich enorm, dass mit dem Porträt des polnischen Königs Jan III. Sobieski ein weiteres Kunstwerk an seinen ursprünglichen Ort zurückgekehrt sei, sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski in Warschau. Sein Land werde weiterhin dafür kämpfen, dass "alle Kunstwerke, die die Besatzer einst geraubt haben, zurückkehren können".

(dpa)

Bei einem Doppelanschlag in Bagdad sind mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen, nach der konstituierenden Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses sitzen zum ersten Mal Vertreter der Piratenpartei in einem Landesparlament und die Bundesländer wollen die Glücksspielmarkt liberalisieren. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Zwei Terroranschläge in Bagdad

Bei einem Doppelanschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Donnerstag mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Nach Polizeiangaben erschütterte die erste Explosion einen Musikladen kurz nach 19 Uhr Ortszeit. Dabei wurden zwei Menschen getötet. Die zweite Explosion ereignete sich am selben Ort nur vier Minuten später, nachdem Helfer am Tatort in einem schiitisch geprägten Stadtteil eintrafen.

Nach Angaben eines Sanitäters wurden 36 Menschen verletzt. In der vergangenen Woche hatte US-Präsident Barack Obama den Abzug aller US-Truppen bis Jahresende angekündigt. Zurzeit sind noch 39.000 US-Soldaten im Irak stationiert.

(dapd)

Piratenpartei erstmals in einem Landesparlament vertreten

Die Piratenpartei ist erstmals in einem deutschen Landesparlament vertreten: Mit der konstituierenden Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses sind die gewählten Parlamentarier handlungsfähig geworden - und damit auch die 15 Mitglieder der Piratenfraktion.

Schon bei der ersten Sitzung brachten die Piraten zwei Anträge ein. Mit diesen wollten sie die Geschäftsordnung des Hauses ändern, um kleine Fraktionen und fraktionslose Abgeordnete zu stärken, wie der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Delius sagte. Bereits kurz nach Beginn twitterten Piraten aus der Sitzung.

(dapd)

Bundestag beschließt Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze

Die Geheimdienste haben auch künftig besondere Rechte bei der Bekämpfung des Terrorismus: Der Bundestag billigte am Donnerstagabend die lange umstrittene Verlängerung der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 beschlossenen Anti-Terror-Gesetze.

Die Regelung sieht vor, dass Geheimdienste bei Terrorverdacht bei Banken, Fluggesellschaften und Telefonunternehmen Auskünfte einholen können. Informationen über Flugpassagiere oder Kontodaten können die Dienste anders als bisher bei zentralen Stellen abrufen.

Ohne eine Verlängerung wären die Gesetze zum Jahresende ausgelaufen. Auf die Verlängerung der Regelungen hatte sich die Koalition nach langem Hin und Her Ende Juni geeinigt. Am Donnerstag stimmten auch die SPD-Abgeordneten mit der Koalition.

(AFP)

Anschlag in Kenia

Mehrere Menschen sind am Donnerstag im Nordosten Kenias nahe der somalischen Grenze bei einem Granatenangriff auf einen Kleinbus getötet worden. Das berichten örtliche Medien.

Während das staatliche Fernsehen auf seiner Website von sechs Toten sprach, berichtete die Zeitung Daily Nation im Internet von vier Todesopfern. In dem Regierungsfahrzeug befanden sich den Angaben nach vor allem ranghohe Mitarbeiter der Schulbehörden.

Bei dem Terrorangriff im Bezirk Mandera handelt es sich um den dritten Anschlag binnen weniger Tage in Kenia. Am Montag waren bei zwei Explosionen in der Hauptstadt Nairobi ein Mensch getötet und 22 verletzt worden.

Ein Verdächtiger soll nach Polizeiangaben gestanden haben, im Auftrag der radikalislamischen Al-Schabaab-Milizen aus Somalia gehandelt zu haben. Kenia hatte vergangene Woche eine Militäroffensive gegen die Milizen im Nachbarland gestartet und damit auf die Entführung von Touristen und Mitarbeitern ausländischer Hilfsorganisationen reagiert.

(dpa)

Kunduz-Untersuchungsausschuss abgeschlossen

Zum Abschluss des Kundus-Untersuchungsausschusses hat die SPD der Bundesregierung eine Mitschuld an den Zuständen gegeben, die zu dem tödlichen Bombardement führten. Die Politik habe die Wirklichkeit in Afghanistan mit den zunehmenden Kämpfen viel zu lange verdrängt, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold bei der Vorstellung des Abschlussberichts.

Bis heute ist unklar, wie viele afghanische Zivilisten im September 2009 bei dem von dem deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Luftangriff auf zwei Tanklaster nahe Kundus getötet wurden. SPD-Mann Arnold sprach von mindestens 83 Toten, darunter 22 Kinder.

Der Untersuchungsausschuss hatte zwei Jahre lang den Vorfall untersucht. Die Vertreter der Grünen und der Linkspartei werfen der Regierung vor, die Aufklärung des Vorfalls nicht genug unterstützt zu haben. Außerdem sei das Bombardement nicht verhältnismäßig gewesen und stelle einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Die Regierungsfraktionen argumentieren, Klein habe mit den ihm vorliegenden Informationen nach bestem Wissen und Gewissen zum Schutz seiner Soldaten gehandelt. Die Bundesanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen Klein wegen des Bombardements im April 2010 ein.

(Reuters)

Syrien vermint Teile der Grenze zu Libanon

Die syrische Armee hat offenbar damit begonnen, einen Teil der Grenze zum Nachbarland Libanon zu verminen. Betroffen sei syrisches Gebiet in der Nähe der zwei nordlibanesischen Dörfer Knaisse und El Hnaider, sagte ein libanesischer Kommunalvertreter der Nachrichtenagentur AFP.

Vermutlich will die Armee damit den Waffenschmuggel nach Syrien unterbinden, wo es seit Monaten Proteste gegen Staatschef Baschar al-Assad gibt. Die Dörfer liegen unweit der syrischen Stadt Homs, die als Hochburg der Protestbewegung gegen das Regime gilt.

(AFP)

Ermittlungen gegen Regierungspartei in Kroatien

Einen Monat vor der Parlamentswahl in Kroatien gibt es Ermittlungen gegen die konservative Regierungspartei von Ministerpräsidentin Jadranka Kosor. Wie die Partei- und Regierungschefin mitteilte, werden der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) Schmiergeldzahlungen und illegale Finanzierungspraktiken vorgeworfen.

Zuvor hatten kroatische Medien berichtet, die nationale Anti-Korruptionsbehörde USKOK ermittle gegen die HDZ und einige ihrer Führungsmitglieder wegen schwarzer Parteikassen. Gegen die Regierungschefin selbst werde nicht ermittelt, aber unter anderen gegen ihren Vorgänger Ivo Sanader. Dieser steht von Freitag an wegen Korruption vor Gericht.

Medienberichten zufolge wird unter anderem ermittelt, wie die HDZ ihre Kampagnen für die Parlamentswahlen 2003 und 2007 finanzierte. Auch die Finanzierung der Kampagne zur Präsidentschaftswahl 2005, die Kosor verlor, wird demnach untersucht. Umgerechnet mindestens vier Millionen Euro aus Spenden und staatlichen Firmen sollen an die HDZ geflossen sein.

(AFP)

Bundesländern wollen Glücksspielmarkt liberalisieren

Die Bundesländer wollen den milliardenschweren Glücksspielmarkt stärker für private Sportwetten-Anbieter öffnen als bislang geplant: Die inhaltlichen Fragen seien zwischen 15 der 16 Bundesländer gelöst, sagte der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) bei einer zweitägigen Ministerpräsidentenkonferenz in Lübeck.

Der bisherige Glücksspielstaatsvertrag läuft zum Jahresende aus. Ob es aber zu einer gemeinsamen Lösung mit Schleswig-Holstein kommt, das im Alleingang ein weitreichenderes Glücksspielgesetz verabschiedet hatte, ist weiter ungewiss.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bekräftigte seine Verhandlungsbereitschaft. Er könne aber nicht einfach über den Landtag in Kiel hinweg entscheiden. Außerdem müsse die EU-Kommission die Reformpläne für den Glücksspielstaatsvertrag akzeptieren. Den bisherigen Entwurf hatte sie kritisiert, für die Kieler Regelung gab sie dagegen ihr Placet.

Voraussichtlich wird es mit der nun anvisierten gemeinsamen Regelung 20 Lizenzen für private Sportwettenanbieter geben. Die Spieleinsatzsteuer dürfte bei fünf Prozent liegen statt der zunächst geplanten knapp 17 Prozent. Casinospiele und Poker im Internet soll es laut Beck nicht geben. Die schwarz-gelbe Koalition in Schleswig-Holstein hat hingegen die Lizenzen nicht begrenzt und erlaubt Online-Glücksspiele im Netz.

(dpa)

Berliner Innensenator Körting hört auf

Berlin bekommt einen neuen Innensenator. Amtsinhaber Ehrhart Körting (SPD) hat am Donnerstag seinen Rückzug bekannt gegeben: "Ich habe zehneinhalb Jahre das Innenressort geleitet und werde sicherlich nicht unpolitisch werden. Aber es ist angemessen, mit 69 Jahren aufzuhören", sagte der Innensenator.

Schon länger war bekannt, dass Körting vermutlich nicht noch einmal als Senator antreten will. Das wichtige Ressort wird nun vom künftigen rot-schwarzen Senat neu besetzt. Zu Spekulationen, dass CDU-Fraktions- und Landeschef Frank Henkel das Amt übernehmen könnte, hatte sich der CDU-Politiker bislang nicht geäußert.

Als Innensenator genoss Körting auch bei der Opposition und bei Kollegen aus anderen Bundesländern hohes Ansehen. Zusammen mit dem früheren Polizeipräsidenten Dieter Glietsch entwickelte er eine Deeskalationsstrategie gegen die wiederkehrenden Krawalle am 1. Mai. Das brachte Körting parteienübergreifenden Respekt ein.

(dpa)

Sechs mutmaßliche Islamisten im Süd-Jemen getötet

Jemenitische Regierungstruppen haben bei Gefechten im Süden des Landes sechs mutmaßliche Muslim-Extremisten erschossen. Bei den Kämpfen um zwei Städte seien Dutzende Gegner verletzt worden, teilten die Behörden am Donnerstag mit.

Zwei Soldaten seien ebenfalls verletzt worden. Das ärmste Land der arabischen Halbinsel erlebt seit Anfang des Jahres nicht nur einen Aufstand der Bevölkerung gegen den seit mehr als 30 Jahren autoritär herrschenden Präsidenten Ali Abdullah Saleh. Für Unruhe sorgt auch eine islamistische Rebellen-Bewegung mit Verbindungen zur Al-Qaida.

(Reuters)

Freigelassene Terrorverdächtige präsentieren sich auf Facebook

Nur einen Tag nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft sind die Berliner Terrorverdächtigen Hani N. und Samir M. in der islamistischen Szene freudig begrüßt worden. Ein bei Facebook aufgetauchtes Foto zeigt den 28-jährigen Palästinenser N. und den 24-jährigen Deutsch-Libanesen M. an der Seite des unter Islamisten bekannten Berliner Ex-Rappers "Deso Dogg" und des wegen der Verbreitung von Terrorpropaganda vorbestraften Österreichers Mohamed M.

Der wegen Gewalttaten vorbestrafte "Deso Dogg" hat als "Abu Maleeq" in islamistischen Liedern mehrfach den bewaffneten Heiligen Krieg verherrlicht. Der Verfassungsschutz warnt vor ihm. Auch Mohamed M. gilt als wichtige Größe dschihadistisch orientierter Islamisten. Erst im September aus seiner vierjährigen Haft entlassen, hielt er unter seinem Pseudonym "Usama al-Gharib" Hetzansprachen, in denen er zum Hass auf Ungläubige aufrief.

Die beiden Männer waren am 8. September in einer groß angelegten Polizeiaktion festgenommen worden, weil sie einen Terroranschlag vorbereitet haben sollen. Ermittler fanden bei ihnen Chemikalien, die zum Bau von Sprengsätzen geeignet waren. Das Berliner Kammergericht hob ihre Haftbefehle am Mittwoch jedoch mangels dringendem Tatverdacht auf.

(dapd)

Tunesisches Gericht lässt libyschen Ex-Ministerpräsidenten frei

Der frühere libysche Ministerpräsident al-Baghdadi Ali al-Mahmudi ist trotz eines Auslieferungsantrages der Übergangsregierung in Tripolis wieder auf freiem Fuß. Ein tunesisches Gericht habe seine Freilassung angeordnet, sagte al-Mahmudis Anwalt. Er bestätigte damit Angaben aus Justizkreisen, dass al-Mahmudi ein freier Mann sei.

Al-Mahmudi hatte seit 2006 dem vor einer Woche getöteten Machthaber Muammar al-Gaddafi als Ministerpräsident gedient. Nach Gaddafis Sturz war er nach Tunesien geflohen, wo er festgenommen wurde. Dagegen und gegen eine mögliche Auslieferung hatte al-Mahmudi mit einem Hungerstreik protestiert.

(Reuters)

Wahrheitskommission in Brasilien untersucht Diktatur-Verbrechen

In Brasilien wird eine Wahrheitskommission eingerichtet, die auch Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur von 1964 bis 1985 untersuchen soll. Der Senat stimmte einem entsprechenden Gesetzentwurf zu, der noch von Präsidentin Dilma Rousseff unterzeichnet werden muss.

Öffentliche Einrichtungen und Behörden sind zur Zusammenarbeit verpflichtet und müssen auf Wunsch auch bisher geheim gehaltene Dokumente zur Verfügung stellen. Zudem kann die Kommission Zeugen laden und forensische Untersuchungen einleiten. Das Gremium hat aber keine Strafvollmachten, wenn Taten verjährt sind oder unter die politische Amnestie fallen, die der letzte Präsident der Militärregierung, General João Figueiredo, 1979 erlassen hatte.

Der Auftrag der Kommsision lautet unter anderem, Folterungen und Morde aufzuarbeiten, die im Namen des brasilianischen Staates begangen wurden. Menschenrechtsministerin Maria do Rosário sprach von einem "historischen Sieg und "einer neuen Etappe" für Brasilien. Präsidentin Rousseff war selbst während der Diktatur im Widerstand aktiv. Sie wurde Anfang der 1970er Jahre inhaftiert und gefoltert.

(dpa)

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