Politik kompakt:Palästinenser-Regierung tritt geschlossen zurück

Regierungsumbildung in den Palästinensergebieten: Ministerpräsident Fajad hat das Rücktrittsgesuch bei Präsident Abbas eingereicht. Kurzmeldungen im Überblick.

Die palästinensische Regierung hat ihren Rücktritt erklärt. Ministerpräsident Salam Fajad habe das Rücktrittsgesuch am Montag bei Palästinenserpräsident Mahmud Abbas eingereicht, sagte ein Minister, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Die Regierung ist beendet", sagte Fajad demnach vor seinem Kabinett. Der Rücktritt der Regierung soll eine Neubesetzung der meisten Ministerposten ermöglichen.

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Reichte das Rücktrittsgesuch bei Palästinenserpräsident Abbas ein: Ministerpräsident Salam Fajad.

(Foto: AFP)

Abbas hatte bereits Ende des Jahres angekündigt, die derzeitige Regierung umbilden zu wollen. Der seit 2007 amtierende Fajad solle aber Regierungschef bleiben. Ein ranghoher palästinensischer Vertreter sagte, Abbas werde Fajad umgehend wieder als Regierungschef einsetzen und mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen.

Die palästinensische Autonomiebehörde hatte am Samstag angekündigt, sie wolle die seit langem ausstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bis September abhalten. Die vergangene Präsidentschaftswahl fand 2005 statt, die Parlamentswahl ein Jahr später.

(AFP/dpa)

Stuttgart-21-Gegner starten ein neues Bürgerbegehren, die Grünen schließen Koalitionen mit der Union nicht generell aus und die birmanische Oppositionspolitikerin Suu Kyi wird verwarnt: Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen.

Neues Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21

Gegner von Stuttgart 21 haben ein neues Bürgerbegehren gestartet, um das Milliardenprojekt zu stoppen. Ziel ist der Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Bahnprojekt, teilte das Aktionsbündnis mit. Stuttgart 21 sei eine reine Bundesangelegenheit und die pauschale Mitfinanzierung durch die Stadt somit verfassungswidrig. Aus Artikel 104 des Grundgesetzes ergebe sich das Verbot der Finanzierung des Baus von Eisenbahnen des Bundes durch die Länder und Gemeinden. Über die Zuschüsse von geplanten 291,8 Millionen Euro durch die Stadt müssten die Bürger somit selbst abstimmen dürfen. Möglichst schnell sollen 20.000 Unterschriften gesammelt werden, um einen Bürgerentscheid zu erreichen. Für dessen Erfolg wäre die Zustimmung der Mehrheit bei einer Beteiligung von mindestens einem Viertel der Wahlberechtigten nötig.

(dpa)

IAEA-Chef Amano besorgt über Uran-Anreicherung in Iran

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Yukia Amano, hat die Befürchtung geäußert, Iran könne mit der fortgesetzten Anreicherung von Uran militärische Ziele verfolgen. Iran reichere Uran bis zu einem Grad von 3,5 Prozent und von 20 Prozent an, sagte Amano in einem Interview mit der Washington Post. "Sie produzieren es ständig, fortwährend", fügte der Japaner hinzu.

Waffenfähiges Uran muss zu mindestens 90 Prozent angereichert sein. Amano führte aus, die IAEA habe von verschiedenen Ländern Informationen erhalten und selbst Hinweise gesammelt, "die uns Anlass zur Sorge über die mögliche Verwendung von atomaren Material für militärische Zwecke geben - in der Vergangenheit und vielleicht jetzt". Die IAEA habe aber keinen Beweis dafür, dass der Iran am Bau einer Atombombe beteiligt sei. Allerdings sei er sich "nicht sicher, ob sie etwas verstecken", fügte Amano hinzu.

Der Westen wirft Teheran vor, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an einer Atombombe zu arbeiten. Ende Januar scheiterten in Istanbul Gespräche von Vertretern der fünf UN-Vetomächte USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich sowie Deutschlands mit iranischen Regierungsvertretern. Ein neues Treffen wurde nicht vereinbart.

(AFP)

Proteste gegen Röttgen

Atomkraftgegner haben gegen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und seine Pläne zur Erkundung des möglichen Atomendlagers Gorleben protestiert. Bei Röttgens Besuch in der Kreistags-Sitzung am Montag in Hitzacker lehnte die Bürgerinitiative sein Angebot zum Dialog ab. Sein Bemühen laufe ins Leere, kritisierten Atomkraftgegner.

Bundesumweltminister Röttgen schlug den Bürgern vor, sich am Prozess zur Untersuchung des Salzstocks Gorleben zu beteiligen. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisierte das Dialog-Angebot als "Farce". Er forderte den sofortigen Stopp der Erkundung im Salzstock und bei der Suche nach einem Atomendlager einen Vergleich mehrerer Standorte.

(dpa)

Rösler will Pflegende entlasten

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will die enormen Belastungen von Millionen pflegenden Angehörigen mit zusätzlichen Kuren und neuen Versicherungsleistungen mindern. Zugleich dämpfte er nach einem Spitzentreffen mit Vertretern der Pflegebranche am Montag in Berlin die Erwartungen: "Nicht all das, was wünschenswert ist, ist auch finanziell machbar."

Einen Gesetzentwurf für die Pflegereform kündigte Rösler bis Mitte des Jahres an. Über die Finanzierung werde erst zum Schluss der Verhandlungen geredet. Die bis zu vier Millionen Betroffenen sollen laut Rösler zeitlich, organisatorisch, seelisch und finanziell entlastet werden. Sie sollten mit den Pflegebedürftigen einen Tapetenwechsel durch spezielle Kuren auf Kassenkosten bekommen können. Sämtliche Angebote sollten transparent gemacht werden. Sachbearbeiter sollten flexibler über die Bewilligung von Rollstühlen und anderem entscheiden können. Bei Konflikten zwischen Pflegendem und Bedürftigem solle unter anderem ein Notfalltelefon helfen.

Rösler deutete zudem an, dass Pflegegeld und Sachleistungen künftig verstärkt zusammen gewährt werden könnten. Die eingeladenen Experten reagierten nach dem Treffen verhalten bis enttäuscht. "Natürlich reicht das nicht", sagte der Experte Claus Fussek. "Wir brauchen bald Greifbares", sagte der Präsident des Pflegerates, Andreas Westerfellhaus.

(dpa)

Oppositionsführerin Suu Kyi in Birma verwarnt

Die birmanische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi und ihre Partei sind angesichts ihres Widerstandes zur möglichen Aufhebung westlicher Sanktionen in den Staatsmedien verwarnt worden. Suu Kyi und ihre Partei würden "tragisch enden", sollten sie sich weiterhin gegen ein Ende der Sanktionen aussprechen, hieß es in einem Wochenendkommentar in der staatlichen Zeitung New Light of Myanmar.

Suu Kyis offiziell aufgelöste Nationale Liga für die Demokratie (NLD) hatte den Westen vergangene Woche aufgefordert, genau über eine mögliche Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen die Militärjunta nachzudenken. Bei dem Kommentar in der Staatszeitung, die als Sprachrohr der Junta gilt, handelt es sich um die erste ausdrückliche Kritik an Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi in den staatlichen Medien seit ihrer Freilassung im November nach sieben Jahren Hausarrest.

(AFP)

Orban: Ungarn hat Kritik an Mediengesetz "zurückgeschlagen"

Ungarns Regierung hat nach Meinung von Ministerpräsident Viktor Orban die internationale Kritik am neuen Mediengesetz entkräftet. Die diesbezüglichen "Angriffe", die das ungarische Volk "beleidigt" hätten, habe man "zurückgeschlagen", sagte Orban im ungarischen Parlament zum Auftakt der Frühjahrs-Sitzungsperiode.

Die Zeiten seien vorbei, da Ungarn "Belehrungen" angenommen habe von anderen Staaten oder Staatengemeinschaften. "Brüssel ist nicht Moskau", sagte Orban in Anspielung auf die vor 1990 herrschende Hegemonie der Sowjetunion über den Ostblock. Zuletzt hatten ungarische Regierungspolitiker, darunter Justizminister Tibor Navracsics, mehrfach betont, man sei im Prinzzip bereit, das Gesetz zu ändern, falls Brüssel es beanstande. Derzeit laufen dazu Konsultationen auf Expertenebene zwischen Brüssel und Budapest.

Nach Meinung von Fachverbänden und Bügerrechtsorganisationen kann das neue ungarische Mediengesetz als Instrument der Zensur benutzt werden. Es wird derzeit von der EU-Kommission auf Konformität mit EU-Richtlinien überprüft. Bisher beanstandete Brüssel vor allem Verstöße gegen die audiovisuelle Richtlinie, die Sender mit Sitz im Ausland betreffen. Die von der Zivilgesellschaft geäußerten Kernvorwürfe, etwa, dass die Medienkontrollbehörde politisch einseitig besetzt sei, kritisierte Brüssel bisher nicht. Die Medienkontrollbehörde wird von einer von Orban persönlich ernannten Vorsitzenden geleitet. Der beigeordnete Medienrat besteht ausschließlich aus Vertretern von Orbans rechtsnationaler Partei FIDESZ, die im Parlament die Zwei-Drittel-Mehrheit hat.

(dpa)

Grüne schließen Koalitionen mit der Union nicht generell aus

Grünen-Chefin Claudia Roth schließt Bündnisse mit der Union trotz gegensätzlicher Ansätze in der Atompolitik nicht generell aus. "Es gibt ja möglicherweise noch eine Reformchance und ein Umdenken bei den Schwarzen", sagte Roth im ARD-Morgenmagazin. Gleichzeitig warf sie der Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine "Atomlobbypolitik" vor. Merkel wolle diese Politik in "unverantwortlicher Weise durchzocken", kritisierte Roth die Kanzlerin. "Das geht mit Grün nicht", fügte sie hinzu.

Die Parteichefin bekräftigte, dass die Grünen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die von der Regierung beschlossene Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken klagen werden, weil die Sicherheit nicht gewährleistet sei und der Bundesrat bei der Entscheidung nicht beteiligt gewesen sei. Die Klage werde gemeinsam mit der SPD eingebracht, sagte Roth, ohne eine genaue Zeitangabe dazu zu machen.

(AFP)

Erneut Selbstmordanschlag in Kabul

Die afghanische Hauptstadt Kabul ist am Montag von einer Explosion erschüttert worden. Die Detonation haben sich in der Nähe eines Einkaufszentrums ereignet, hieß es in Polizeikreisen. Ein westlicher Militärvertreter sagte, zwei Selbstmordattentäter seien in den Anschlag verwickelt. Einer habe einen Sprengsatz gezündet. Das Ausmaß von Schäden waren zunächst nicht bekannt. Kurze Zeit nach der Explosion waren nach Angaben der Polizei Schüsse im Stadtzentrum zu hören.

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen von Ausländern frequentierten Supermarkt waren im Januar im Kabuler Stadtzentrum mindestens neun Menschen getötet worden. Mehrere Gruppen bekannten sich zu dem Anschlag.

(Reuters)

Chodorkowskij-Urteil angeblich von oben angeordnet

Das international kritisierte Urteil gegen den Kremlgegner Michail Chodorkowskij zu insgesamt 14 Jahren Haft ist nach Angaben einer Gerichtsmitarbeiterin dem Richter aufgezwungen worden. Richter Viktor Danilkin habe während des Prozesses immer wieder per Telefon Anweisungen vom übergeordneten Moskauer Stadtgericht erhalten. Das sagte die Pressesprecherin des Chamowniki-Gerichts und enge Mitarbeiterin Danilkins, Natalia Wassiljewa, in einem Interview mit dem kremlkritischen Internetportal "gazeta.ru".

Danilkin wies die Behauptungen als Verleumdung zurück. Beobachter halten das Urteil für politisch motiviert. Das Stadtgericht nannte das Interview eine "Provokation". Chodorkowskijs Anwalt Wadim Kljuwgant sagte hingegen, Wassiljewas Aussagen bestätigten den Eindruck, das Urteil sei verfügt worden. Sie sei "enttäuscht", begründete Wassiljewa das Interview. "Ich wollte Richterin werden." Als sie jedoch den Justizbetrieb von innen kennengelernt habe, habe sie gemerkt, dass die Annahme, Richter seien unabhängig, ein "Märchen" sei. Wassiljewa habe kurz vor dem Interview gekündigt, teilte das Chamowniki-Gericht mit.

"Vom Anfang des Prozesses an (...) gab es eine ständige Kontrolle", sagte Wassiljewa. Danilkin "wollte dieses (Urteil) nicht, verständlicherweise." Prozessbeobachter hatten kritisiert, dass der Urteilsspruch und die Anklage fast wörtlich überein gestimmt hätten. Chodorkowskij sowie sein mitangeklagter Ex-Geschäftspartner Platon Lebedew waren Ende Dezember wegen Unterschlagung von 218 Millionen Tonnen Öl zu einer Gesamtstrafe von jeweils 14 Jahren Haft verurteilt worden. Darin enthalten ist eine Verurteilung wegen Geldwäsche in einem ersten Prozess. Die Ex-Manager des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos sollen erst 2017 freikommen.

(dpa)

De Maizière für rasche Einführung von Islamunterricht

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für eine rasche Einführung eines flächendeckenden islamischen Religionsunterrichts in Deutschland ausgesprochen. "Wir brauchen ihn jetzt und überall und nicht nur als Pilotprojekt", sagte der CDU-Politiker in Nürnberg auf einer Tagung der Deutschen Islam Konferenz (DIK).

Derzeit besuchten rund 700.000 muslimische Kinder deutsche Schulen. Könnte ihnen ein islamischer Religionsunterricht angeboten werden, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Integration und eine "wirksame Immunisierung" gegen den Extremismus. Der Islamunterricht müsse raus aus den Hinterhöfen der Moscheen und rein in die Schulen. Allerdings dürfe dafür das Religionsverfassungsrecht nicht verwässert werden, sagte de Maizière. Grundvoraussetzung für die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts ist eine sogenannte Religionsgemeinschaft als Ansprechpartner, die ihre Grundsätze für den Religionsunterricht definiert und damit die Inhalte festlegt.

Derzeit fehlt eine solche islamische Religionsgemeinschaft in Deutschland noch. Um die Einführung des islamischen Religionsunterrichts dennoch voranzutreiben, seien Übergangsregelungen denkbar, sagte de Maizière. So könne zunächst mit Organisationen kooperiert werden, die schon einige, aber eben noch nicht alle erforderlichen Merkmale einer Religionsgemeinschaft erfüllten. "Es geht darum, in der Sache voranzukommen, auch im Interesse der islamischen Kinder in diesem Land", betonte der CDU-Politiker.

(dapd)

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