Politik kompakt:Organspender bis auf Widerruf

Die Nierenspende von Frank-Walter Steinmeier hat eine Diskussion ausgelöst: Die Organspende könnte zur Regel werden. Wer nach seinem Tod nicht spenden möchte, müsste ausdrücklich widersprechen. Kurzmeldungen im Überblick.

Vertreter von Regierung und Opposition haben nach der Nierenspende des SPD-Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier eine Debatte über eine Reform der Organspendenregelung angeregt. In einem Zeitungsinterview forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), offen über eine Widerspruchsregelung bei Organspenden zu diskutieren.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, sprach sich dagegen im Kölner Stadt-Anzeiger für eine fraktionsübergreifende Initiative aus. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hatte zuvor betont, die Bereitschaft zur Organspende dürfe nicht verordnet werden.

Es müsse eine Regelung gefunden werden, die die Organspende zur Regel mache und nur bei ausdrücklichem Widerspruch zu unterlassen sei, forderte nun Lauterbach. Bei einer Widerspruchsregelung könnten Hirntoten Organe entnommen werden, sofern sie dem zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben. In mehreren europäischen Ländern ist dies Praxis.

In Deutschland muss ein Hirntoter schon zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt haben oder die Angehörigen müssen Ja sagen. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) warten derzeit etwa 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Schätzungsweise 1000 sterben jährlich, während sie auf eine Transplantation hoffen.

"Ich halte das ethisch für geboten", sagte Lauterbach mit Blick auf eine Reform. Es handele sich bei diesem schwierigen Thema nicht um eine parteipolitische Frage. Daher solle der Bundestag wie in den Debatten zur Stammzellforschung und der Patientenverfügung Reformmodelle erörtern und ohne Fraktionszwang abstimmen.

(dpa)

Eine deutsche Patrouille wird in Afghanistan mit einem Sprengsatz angegriffen, die Suche nach einer Regierungskoalition in Belgien endet in einer Sackgasse und fast ein Fünftel der Amerikaner hält Barack Obama für einen Muslim: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Deutsche Patrouille in Afghanistan angegriffen

In Nordafghanistan ist am Montag erneut eine deutsche Patrouille mit einem versteckten Sprengsatz angegriffen worden. Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mitteilte, wurde kein Soldat verletzt. Ein Bundeswehrfahrzeug vom Typ Dingo sei leicht beschädigt worden. Der Angriff erfolgte demnach am Morgen neun Kilometer nordwestlich des Einsatzgebietes der deutschen Truppen. Die Soldaten, die mit afghanischen Sicherheitskräften unterwegs waren, konnten den Einsatz demnach fortsetzen. Erst am Freitag war ein Transportpanzer vom Typ Fuchs auf dem Weg vom Flughafen in Faisabad mit einer Handfeuerwaffe beschossen und leicht beschädigt worden. Verletzte gab es keine.

(dpa)

US-General Petraeus: Nato-Truppen bleiben über Juli 2011 hinaus in Afghanistan

Auch nach dem Beginn ihres Abzugs im kommenden Juli werden US- und Isaf-Truppen in Afghanistan im Einsatz bleiben. Alle Staaten, die in Afghanistan engagiert seien, hätten große Verpflichtungen übernommen und versprochen dabei zu bleiben, sagte der Afghanistankommandeur der Nato, US-General David Petraeus, am Sonntag im heute-journal des ZDF. Er könne die Afghanen beruhigen, die fürchteten, den Taliban schutzlos ausgeliefert zu sein, wenn die internationalen Truppen demnächst abziehen, sagte Petraeus weiter. Alle, einschließlich der Afghanen, müssten jedoch dafür sorgen, dass die Isaf ihre Ziele erreichen könne, forderte der US-General. Ausdrücklich lobte Petraeus die Arbeit der Bundeswehr in Afghanistan. Das deutsche Kontingent sei bedeutend größer geworden und habe sich inzwischen auch "anders organisiert", sagte der General: "Es gibt Einheiten, die in der Lage sind, Aktionen gegen die Aufständischen durchzuführen - mit beeindruckenden Erfolgen".

(AFP)

DGB-Chef Sommer kündigt Proteste gegen Regierung an

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will von September an mit Aktionen in ganz Deutschland gegen die Politik der Bundesregierung protestieren. "Für uns ist dieses Land in der Schieflage: Klamme Kommunen, die Rente mit 67, Leiharbeit, Lohnsubventionen durch Hartz IV oder auch die unsoziale Kopfpauschale machen deutlich, dass es nicht mehr gerecht zugeht", sagte DGB-Chef Michael Sommer dem Hamburger Abendblatt. Ziel sei es deshalb, den Unmut über die "falsche Politik" hörbar zum Ausdruck zu bringen. Für den kommenden Monat plane der DGB mit seinen Gewerkschaften Aktivitäten in den Betrieben und Verwaltungen sowie auf Plätzen und Straßen, sagte Sommer. Ende Oktober folgten dann "drei zentrale Aktionswochen" mit größeren Kundgebungen in Hannover, Stuttgart, Nürnberg und Kiel.

(AFP)

Regierungsbildung in Belgien in Sackgasse

Die Suche nach einer Regierungskoalition in Belgien kommt nicht voran. Sozialistenchef Elio Di Rupo bat darum, von der Aufgabe entbunden zu werden, die Möglichkeiten für einen Kompromiss zwischen Flamen und Wallonen auszuloten. Er habe keinen Kompromiss im Streit um eine Staatsreform herbeiführen können, sagte Di Rupo am Sonntag. König Albert II. Lehnte sein Rücktrittsangebot jedoch ab und erklärte, Di Rupo solle die Verhandlungen fortführen. Die Fünf-Parteien-Koalition in Belgien war im Mai am Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen zerbrochen. Bei der Neuwahl im Juni siegten Di Rupos Sozialisten im frankophonen Süden, die flämischen Nationalisten dagegen im niederländischsprachigen Norden.

(AP)

Obama nimmt Unkenntnis über seinen Glauben gelassen hin

Fast ein Fünftel der Amerikaner hält ihren Präsidenten für einen Muslim - doch dem Christen Obama bereitet das kein Kopfzerbrechen. "Fakten sind Fakten", sagte Obama am Sonntag in einem Interview des Fernsehsenders NBC. Die Verwirrung über seine Religionszugehörigkeit führt er zurück auf ein "Netzwerk von Fehlinformationen, die im Zeitalter neuer Medien laufend produziert werden können". Obama fügte hinzu:"Ich mache mir nicht allzu viele Sorgen um welche Gerüchte auch immer." "Wenn ich ständig dahinter her wäre, würde ich nicht viel zustande bringen." Eine Umfrage des Pew-Forschungszentrum brachte kürzlich zutage, dass 18 Prozent der Amerikaner annehmen, Obama sei muslimischen Glaubens. Nur 34 Prozent konnten ihn korrekt als Christ einordnen.

(AP)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: