Politik kompakt:Medwedjew warnt vor Zusammenbruch Kirgistans

Mit dem Verfassungsreferendum öffnet sich Kirgistan der Demokratie. Doch Russlands Präsident fürchtet, dass das Extremisten den Weg zur Macht ebnet.

Die Kurzmeldungen im Überblick.

Die Kirgisen haben zwei Monate nach der Entmachtung des Präsidenten Kurmanbek Bakijew mit überwältigender Mehrheit eine neue Verfassung angenommen. Vorläufigen Ergebnissen zufolge stimmten mehr als 90 Prozent in einem Referendum dafür, die Macht des Präsidenten zu beschränken und Kirgistan zur ersten parlamentarischen Demokratie Zentralasiens zu machen. Wie die Wahlkommission am Montag nach Auszählung von knapp 95 Prozent der Stimmen mitteilte, sprachen sich am Sonntag lediglich 7,9 Prozent gegen eine neue Verfassung aus.

Referendum in Kirgistan

Referendum in Kirgistan: Zwei Monate nach der Entmachtung von Kurmanbek Bakijew stimmten 90 Prozent für eine neue Verfassung.

(Foto: dpa)

Trotz des eindeutigen Ergebnisses warnt der russische Präsident Dmitrij Medwedjew vor einem Zusammenbruch Kirgistans. Er frage sich, ob dies am Ende nicht jenen zur Macht verhelfe, die die Sichtweisen von Extremisten hätten, sagte Medwedjew am Sonntag am Rande des G20-Gipfels.

Die Errichtung einer parlamentarischen Demokratie beinhalte Gefahren. Das Land benötige eine starke, gut organisierte Regierung, um dies zu verhindern.

(Reuters)

Die belgische Missbrauchskommission tritt zurück, Nordkorea droht mit Militärschlag und im Fall Käßmann sind die Ermittlungen wegen Geheimnisverrats eingestellt: Weitere Kurzmeldungen auf den nächsten Seiten.

Belgische Missbrauchskommission gibt auf

Nach der Beschlagnahme von fast 500 Opferakten durch die Justizbehörde haben die Mitglieder einer Kommission für Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche Belgiens die Arbeit eingestellt. "Weitermachen ist sinnlos", sagte der Vorsitzende der Kommission, Kinderpsychiater Peter Adriaenssens, am Montag in Brüssel.

Offensichtlich halte sich die belgische Staatsanwaltschaft nicht an Absprachen mit der Kommission. Das Untersuchungsgremium unter der Leitung Adriaenssens von der Katholischen Universität Löwen war von der belgischen Bischofskonferenz geschaffen worden, um einen Überblick über den Umfang der Missbrauchsfälle zu erarbeiten. 475 Akten der Kommission wurden am Donnerstag im Rahmen von Hausdurchsuchungen in Bistumsverwaltungen und kirchlichen Einrichtungen beschlagnahmt.

Papst Benedikt XVI. verurteilte die Durchsuchungen am Wochenende als "beklagenswert und verwunderlich". Adriaenssens, der von Justizminister Stefaan De Clerck als "Weltautorität in Sachen Missbrauch" bezeichnet wurde, kritisierte die Beschlagnahmen durch die Staatsanwaltschaft: "Ich dachte, dass es klare Absprachen mit der Justiz gebe. Aber offensichtlich gelten die nicht."

Ein Sprecher der belgischen Bischofskonferenz sagte zum Rücktritt der Untersuchungskommission: "Das ist sowohl für die Opfer als auch für die Kirche sehr bedauerlich."

(dpa)

Nordkorea droht mit Angriff

Nordkorea hat Südkorea und den USA vorgeworfen, die entmilitarisierte Zone zwischen den beiden koreanischen Staaten aufzurüsten - und im Gegensatz mit einem Militärschlag gedroht. Die US-Truppen hätten am Samstag schwere Waffen in das Grenzdorf Panmunjom gebracht, meldete die amtliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Montag unter Berufung auf das Militär. Wenn sie nicht unverzüglich wieder abtransportiert würden, sei mit "starken militärischen Gegenmaßnahmen" in der Region zu rechnen.

Außerdem will Nordkorea sein "Atomwaffenarsenal ausbauen. Die jüngste verstörende Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel unterstreicht die Notwendigkeit für die Volksrepublik, ihre atomare Abschreckung auf einem neu entwickelten Weg zu stärken", wurde ein Sprecher des Außenministeriums von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA zitiert.

Nordkoreas Heer verfügt über 1,2 Millionen Soldaten und ist damit eines der größten der Welt. Die beiden koreanischen Staaten befinden sich seit dem Korea-Krieg von 1950 bis 1953 formell noch im Kriegszustand. Ein US-Militärsprecher äußerte sich zunächst nicht zu den nordkoreanischen Vorwürfen. Die USA haben in Südkorea etwa 28.000 Soldaten stationiert, die die südkoreanische Armee unterstützen. Die Spannungen zwischen den beiden koreanischen Staaten haben sich zuletzt wieder erheblich verschärft, nachdem der demokratisch regierte Süden dem kommunistischen Norden vorgeworfen hat, im März eines seiner Kriegsschiffe versenkt zu haben.

(Reuters)

Ermittlungen im Fall Käßmann eingestellt

Die Lüneburger Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen im Zusammenhang mit der Alkoholfahrt der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann eingestellt. Es hätten sich keine konkreten Hinweise auf einen unbekannten Informanten ergeben, teilte die Behörde am Montag mit. Die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund mehrerer Anzeigen von Privatpersonen wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat die Ermittlungen aufgenommen. Dabei sollte Vorwürfen gegen Unbekannte nachgegangen werden, die die Trunkenheitsfahrt der früheren Landesbischöfin an die Öffentlichkeit gebracht haben könnten. Auch Polizisten könnten ihre Pflicht auf Geheimhaltung verletzt haben, so der Verdacht.

Die Lüneburger Justiz fand jedoch keine konkreten Beweise für solche Vorwürfe. Der Zeitpunkt, an dem die Bischöfin in eine Alkoholkontrolle geraten war und die Veröffentlichung der Meldung in den Medien liege mit gut zwei Tagen so weit auseinander, dass sich der Kreis möglicher Informanten nicht mehr zuverlässig eingrenzen ließ. Die angefragten Journalisten hätten sich zudem zu Recht auf Informantenschutz berufen. Die Anzeigen waren in Hannover eingegangen, aber an die Lüneburger Justiz weitergeleitet worden, um jeden Anschein mangelnder Objektivität auszuschließen.

(dpa)

Die CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag wird nach einem Bericht der Rheinischen Post in einer Kampfabstimmung über ihren neuen Vorsitzenden entscheiden. Sowohl Arbeitsminister Karl-Josef Laumann als auch Integrationsminister Armin Laschet wollten sich um den Posten bewerben, berichtete die Zeitung am Montag vorab unter Berufung auf Fraktionskreise. In vertraulichen Gesprächen sei keine Einigung zwischen Laumann und Laschet gelungen.

Der neue Fraktionschef soll am Dienstag nächster Woche (6. Juli) gewählt werden. Die Fraktion hat derzeit nur einen kommissarischen Vorsitzenden. Der amtierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hatte erklärt, er wolle nicht Fraktionsvorsitzender werden.

(dpa)

Für die ausländischen Truppen in Afghanistan war der Juni der verlustreichste Monat seit Beginn des Krieges vor neun Jahren. Rund 100 Soldaten kamen in diesem Monat ums Leben. Am Montag wurde der Tod von fünf Isaf-Soldaten bekannt, die am Vortag bei Anschlägen und Schießereien getötet wurden. Der zuvor verlustreichste Monat war der August 2009, in dem 77 Isaf-Soldaten starben.

Nach Isaf-Angaben wurden am Sonntag vier norwegische Soldaten getötet. Eine im Norden des Landes am Straßenrand deponierte Bombe riss sie in den Tod. Bei einem weiteren Vorfall im Süden Afghanistans wurde ein britischer Soldat von Aufständischen erschossen.

(Reuters)

Dienstältester Senator der USA verstorben

Robert Byrd, der Senator mit der längsten Amtszeit in der Geschichte der USA, ist am Montag gestorben. Byrd wurde 92 Jahre alt. Der demokratische Politiker saß in den fünfziger Jahren zunächst im Repräsentantenhaus und danach mehr als ein halbes Jahrhundert im Senat in Washington. Sechs Jahre davon war er Mehrheitsführer.

Im Jahr 2006 wurde er für eine neunte Amtszeit wiedergewählt - ein beispielloser Vorgang in der US-Geschichte. In Verhalten und Stil erinnerte der am 20. November 1917 geborene Byrd viele eher an einen Senator aus dem 19. Jahrhundert. Er konnte Gedichte aufsagen, aus der Bibel zitieren oder sich detailreich über die Peloponnesischen Kriege auslassen - und er tat dies nicht selten in den Debatten. Als "lebende Enzyklopädie" bezeichnete ihn einst der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Jim Wright.

(AP)

Platzeck prophezeit Ende des Soli

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schließt eine besondere Förderung Ostdeutschlands über 2019 hinaus aus. "Ich sehe keine politische Mehrheit für eine wie auch immer geartete Verlängerung des Solidarpaktes", sagte Platzeck der Mitteldeutschen Zeitung.

Die Solidarität der Geberländer sei ausgereizt. Im Gegenteil müsse Ostdeutschland aufpassen, dass die im Rahmen des Solidarpakts II bis 2019 zugesagte Förderung auch bestehen bleibe.

Zwar habe der Osten weiterhin große strukturelle Probleme, weil eine industrienahe Forschung fehle und die Arbeitslosigkeit außergewöhnlich hoch sei. Dennoch müsse Ostdeutschland eigenständig werden.

Der Solidarpakt II gilt seit Anfang 2005. Die Bundesregierung stellt dafür bis 2019 insgesamt 156 Milliarden Euro bereit. Die Mittel dienen dem Aufbau der Infrastruktur, dem Ausgleich für fehlende Finanzkraft der Gemeinden und der Förderung von Gemeinschaftsaufgaben.

(AFP)

13 Tote in Afghanistan

Bei einem Anschlag sind am Montag mindestens acht Zivilisten getötet worden, am Tag zuvor starben fünf Nato-Soldaten. In der zentralafghanischen Provinz Ghasni explodierte ein selbstgebauter Sprengsatz, die Bombe zerstörte einen Minibus und tötete auch Frauen und Kinder. Ein Polizeisprecher machte die radikalislamischen Taliban für den Anschlag verantwortlich. Er sollte demnach die internationalen Truppen der Nato treffen.

Im Norden des Landes tötete eine Straßenbombe am Sonntag vier norwegische Nato-Soldaten, teilte die internationale Schutztruppe Isaf mit. Ein weiterer Soldat sei bei einem Angriff von Aufständischen im Süden Afghanistans getötet worden.

Im Juni sind in Afghanistan bisher mehr als 90 ausländische Soldaten ums Leben gekommen. Es ist tödlichste Monat seit Beginn des Krieges. In diesem Jahr sind am Hindukusch bereits mehr als 310 Soldaten gestorben, 2009 waren es etwa 520 Tote.

(Reuers)

Tschechien bekommt bürgerliche Regierung

In Tschechien übernimmt in dieser Woche ein neuer Regierungschef die Amtsgeschäfte. Präsident Vaclav Klaus wolle an diesem Montag Petr Necas von der Demokratischen Bürgerpartei ODS zum Ministerpräsidenten ernennen, teilte der Präsidentenpalast am Sonntag mit.

Necas will mit zwei weiteren Parteien bis Mitte Juli eine Mitte-Rechts-Regierung bilden. Die ODS hatte zwar bei der Parlamentswahl Ende Mai mit Necas als ihrem Spitzenkandidaten schwere Verluste erlitten. Sie blieb aber stärkste Kraft des bürgerlichen Lagers.

Die seit gut einem Jahr amtierende Übergangsregierung von Ministerpräsident Jan Fischer war am Freitag erwartungsgemäß zurückgetreten. Der parteilose Fischer hatte die Regierung im Mai 2009 übernommen, nachdem sein Vorgänger Mirek Topolanek mitten in der tschechischen EU-Präsidentschaft zurückgetreten war. Während seiner Amtszeit erwarb er sich eher unerwartet Respekt und Popularität. Fischer wechselt nun als Vizepräsident zur Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung nach London

(Reuters)

Kanada und Indien beschließen Nuklear-Kooperation

Kanada und Indien haben am Rande des G-20-Gipfels in Toronto ein historisches Atom-Abkommen geschlossen. Das Abkommen erlaube Indien den Import von atomarer Ausrüstung und Technologie aus Kanada, teilten Regierungsvertreter nach der Unterzeichnung des Vertrags am Sonntag in Toronto mit.

Indien sichert sich damit auch Uranlieferungen für seine Atomkraftwerke. Das Land hatte Anfang der siebziger Jahre Atomtechnologie aus Kanada für sein Atomwaffenprogramm genutzt und damit das Vertrauen der Kanadier für lange Zeit verspielt. Bei dem nun abgeschlossenen Vertrag sei aber sichergestellt worden, dass Indien kanadisches Atommaterial nur zu zivilen Zwecken nutze, sagte der indische Regierungschef Manmohan Singh.

2008 hatten die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und die Gruppe der Atomlieferländer (Nuclear Suppliers Group, NSG) ein seit 1974 geltendes Verbot von Atomgeschäften mit Indien aufgehoben. Es war verhängt worden, nachdem die indisceh regierungft einen Atomwaffentest durchgeführt hatte

(AFP)

Islands Regierungschefin schließt Homo-Ehe

In Island hat sich auch Regierungschefin Jóhanna Sigurdardóttir getraut: Sie schloss am Sonntag laut einem Bericht der Rundfunkanstalt RUV die Ehe mit ihrer langjährigen Gefährtin Jónina Leósdóttir. Die beiden hatten bisher eine eingetragene Partnerschaft, nun wurde diese in eine Ehe umgewandelt.

Eine besondere Zeremonie habe es aus diesem Anlass aber nicht gegeben, berichtete RUV. Das isländische Parlament hatte am 12. Juni in einem einstimmigen Beschluss Homosexuellen-Ehen ermöglicht. Das entsprechende Gesetz trat am Sonntag in Kraft.

(AFP)

Afghanistan im Zentrum von Polens TV-Duell

Eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Polen haben die beiden Kandidaten Jaroslaw Kaczynski und Bronislaw Komorowski in einem Fernsehduell über den Afghanistan-Einsatz gestritten. Komorowski sprach sich bei der live übertragenen Debatte am Sonntagabend für einen Abzug aus Afghanistan bis 2012 aus. Kaczynski lehnte dies ab und übte zugleich scharfe Kritik an Russland.

Komorowski sagte bei dem Fernsehduell, der Afghanistan-Einsatz verschlinge 20 Prozent der Mittel, die für eine Modernisierung der polnischen Armee notwendig seien. Der Kandidat der liberalen Bürgerplattform will als Präsident darauf hinwirken, dass die Regierung in Warschau eine Strategie für einen Abzug im Jahr 2012 entwickelt.

Derzeit sind 2500 polnische Soldaten in Afghanistan stationiert, ihre Zahl soll im Laufe des Jahres auf 2600 steigen. Kaczynski wies Komorowskis Kritik am Afghanistan-Einsatz zurück. Das Ziel der polnischen Politik müsse es sein, "als große europäische Nation behandelt zu werden", sagte der nationalkonservative Politiker. Eine "minimalistische Politik" könne dies nicht leisten. Komorowski trat bei dem Fernsehduell kämpferischer auf, um mit seinem Image als wenig charismatischer Politiker zu brechen. Kaczynski hingegen bemühte sich darum, kompromissbereit und versöhnlich zu wirken.

Die erste Wahlrunde am 20. Juni hatte Komorowski mit 42 Prozent der Stimmen gewonnen, Kaczynski errang 36 Prozent. Eine Stichwahl findet am kommenden Sonntag statt.

(AFP)

Mazedoniens Opposition will Neuwahlen

Mehrere tausend Anhänger der Opposition Mazedoniens haben am Sonntagabend in Skopje für vorgezogene Parlamentswahlen demonstriert. Der Sozialdemokrat Branko Crvenkovski warf Regierungschef Nikola Gruevski vor, in den Verhandlungen um einen Beitritt Mazedoniens zur EU und Nato zu wenig Entschlossenheit zu zeigen, vor allem in Bezug auf den jahrelangen Sreit mit Griechenland um den Staatsnamen Mazedonien.

Zudem prangerte Crvenkovski an, das ohnehin arme Balkanland sei "wirtschaftlich verwüstet". Vor etwa 50 000 Anhängern, so die von den Organisatoren angegebene Teilnehmerzahl der Aktion vor dem Regierungsgebäude, forderte Crvenkovski das Parlament auf, noch im Herbst Newahlen anzusetzen. Die konservative Regierung Gruevskis ist erst knapp zwei Jahre im Amt.

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