Politik kompakt:Längere Atomlaufzeiten - am Bundesrat vorbei

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Die schwarz-gelbe Regierung will längere Laufzeiten für Atomkraftwerke ohne Beteiligung des Bundesrats durchsetzen. Kurzmeldungen im Überblick.

Die Bundesregierung will längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke ohne die Beteiligung des Bundesrates durchsetzen. "Bei der Verlängerung der Laufzeiten werden wir ein verfassungskonformes, zustimmungsfreies Gesetz haben", kündigte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) in einem Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe an. Mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am vergangenen Sonntag hat die schwarz-gelbe Koalition im Bundesrat ihre Mehrheit verloren.

Streitpunkt Atomkraft: Die schwarz-gelbe Regierung will längere Laufzeiten für Atomkraftwerke ohne Beteiligung des Bundesrats durchsetzen - und so die Opposition ausmanövrieren. (Foto: Foto: ddp)

Pofalla sagte, so sei damals auch die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vorgegangen: "Schröder hat die Begrenzung der Laufzeiten seinerzeit auch ohne den Bundesrat gemacht."

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), aber auch andere Unionspolitiker wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers waren bislang davon ausgegangen, dass eine Verlängerung der Atommeiler-Laufzeiten vom Bundesrat mitbeschlossen werden muss.

Grünen-Politikerin Renate Künast fordert die Entlassung von Deutsche-Bank-Chef Ackermann als Merkel-Berater, SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der FDP parteitaktische Winkelzüge vor und Venezuelas Staatschef Chávez boykottiert den EU-Lateinamerika-Gipfel: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Nach der umstrittenen Prognose von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zur Zahlungsfähigkeit Griechenlands fordert die Grünen-Politikerin Renate Künast dessen Entlassung als Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Merkel muss jetzt klar sagen, was gilt: Das, was sie sagt, oder was ihr dampfplaudernder Chef-Berater von sich gibt", sagte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag der Leipziger Volkszeitung. Ackermanns Verhalten sei "unverantwortlich und unverschämt".

Ackermann hatte zur Schulden-Tilgung Griechenlands gesagt: "Ob Griechenland über die Zeit wirklich in der Lage ist, diese Leistungskraft aufzubringen, das wage ich zu bezweifeln." Künast kritisierte, der Deutsche-Bank-Chef spiele erst "Merkels großen Berater, und wenn das Rettungspaket unter großen Mühen endlich durchgesetzt ist, sagt er: Das nützt nichts". Mit solchen Äußerungen gefährde er den Erfolg des Euro-Rettungsschirms. "Der Name Ackermann ist inzwischen Synonym für Sabotage", sagte Künast. Als Berater der Kanzlerin sei Ackermann dadurch nicht mehr tragbar. "Was soll man davon halten, wenn Merkel sagt, der Rettungsschirm ist notwendig - und dann kommt ihr Chef-Berater und erklärt: Das bringt alles nichts."

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat der FDP nach der Absage an eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen parteitaktische Winkelzüge vorgeworfen. Die Liberalen verfolgten den "geheimen Plan", SPD und Grüne in eine Koalition mit der Linkspartei zu drängen, sagte Gabriel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. "Diejenigen, die die Linkspartei am lautesten beschimpfen, wünschen sie sich in der Düsseldorfer Regierung frei nach dem Motto: Dann können wir zur Bundestagswahl eine schöne Kampagne gegen Rot-Rot-Grün führen", sagte Gabriel. "Das ist Parteitaktik à la Westerwelle statt Verantwortung für das Land."

Es sei ein "ausgemachter Skandal", dass eine demokratische Partei wie die FDP schon ein bloßes Gespräch mit den Sozialdemokraten und den Grünen über eine verantwortliche Regierungsbildung in Nordrhein- Westfalen verweigere. Er hoffe, dass dies nicht das letzte Wort sei. "In Zeiten wirtschaftlicher Krisen ist eine stabile und verlässliche Regierung wichtiger als ideologische Barrieren", sagte Gabriel.

Die designierte Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch plädierte indes für eine Beteiligung ihrer Partei an der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Die Linke solle in Düsseldorf "selbstverständlich" mitregieren, wenn es die Inhalte hergeben, sagte sie der Sächsischen Zeitung: "Rot-Rot-Grün ist eine gute Variante."

Venezuelas linksgerichteter Staatschef Hugo Chávez wird nicht am EU- Lateinamerika-Gipfel in Madrid teilnehmen. Das teilte Chávez während einer vom Fernsehen übertragenen Veranstaltung in Caracas mit. Er werde auch nicht beim Treffen der G15-Gruppe, einem Zusammenschluss von Entwicklungsländern, am 17. Mai in Teheran sein. Chávez bezeichnete es als "großen Sieg", dass einige Länder wie Brasilien, Venezuela und Bolivien durch ihren angedrohten Boykott des EU-Lateinamerika-Gipfels die Teilnahme des umstrittenen neuen Präsidenten von Honduras, Porfirio Lobo, verhindert hätten.

Lobo war im November 2009 nach einer durch einen Staatsstreich ausgelösten Krise in Honduras gewählt worden und hatte sein Präsidentenamt Ende Januar angetreten. Viele südamerikanische Länder erkennen die Regierung nicht an.

Ein UN-Komitee hat Jordanien, Syrien und Jemen aufgerufen, den weitverbreiteten Foltervorwürfen gegen die jeweiligen Polizeikräfte und Geheimdienste in ihren Ländern nachzugehen. Das UN-Komitee erklärte, es lägen glaubhafte Berichte über den routinemäßigen Einsatz von Folter und Misshandlungen in den drei Staaten vor. Die Verantwortlichen dort müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte der Ausschuss nach einer dreiwöchigen Untersuchung zur Lage in den Staaten, die den internationalen Vertrag zur Ächtung der Folter unterzeichnet haben.

Amerikanische Spezialeinheiten haben nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel einen an dem Anschlag auf die Bundeswehr beteiligten Taliban identifiziert und getötet. Nur wenige Tage nach dem Angriff am Karfreitag, dem drei deutsche Soldaten zum Opfer fielen, hätten Hubschrauber-Besatzungen der US-Special-Forces den Taliban-Kommandeur Mullah Gai aufgespürt. Als dieser eine Panzerfaust auf einen der Hubschrauber abgeschossen habe, hätten die US-Soldaten das Feuer erwidert und ihn getötet. Laut Spiegel gaben hochrangige US-Militärs dem deutschen Isaf-Stabschef Bruno Kasdorf informell das Versprechen, die Hintermänner der beiden tödlichen Anschläge auf die Bundeswehr vom April zu jagen, bei Möglichkeit festzunehmen, aber notfalls auch zu töten.

Die Suche nach einem neuen Chef der Stasiunterlagen-Behörde hat bereits begonnen, wie der Spiegel berichtet. Als aussichtsreicher Kandidat gilt nach einem Bericht des Magazins der CDU-Politiker und frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke. Die zweite und letzte Amtszeit der derzeitigen Chefin Marianne Birthler endet im Frühjahr 2011. Im Gespräch seien auch die Brandenburger Stasiunterlagen-Beauftragte Ulrike Poppe sowie der Berliner Oberkirchenrat David Gill. Wenig Chancen habe der einstige DDR-Außenminister Markus Meckel (SPD).

Nooke ist derzeit im Entwicklungshilfeministerium für Afrika zuständig. Der 51-Jährige stammt aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung, er hat zudem administrative Erfahrungen.

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