Politik kompakt:Israel übermittelt Hamas Antwort zu Schalit

Gespräche über Gefangenenaustausch in der kritischen Phase, Sarkozys Partei will mit Burka-Verbot ernst machen, Steinmeier lehnt Truppenaufstockung in Afghanistan ab.

Die zähen Verhandlungen unter deutscher Vermittlung über einen Gefangenenaustausch in Nahost gehen weiter. Der israelische Rundfunk meldete am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise in Jerusalem, Israel habe der radikal-islamischen Hamas-Organisation die Antwort auf einen neuen Einigungsvorschlag übermittelt. Der innere Kabinettskreis um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte nach langen Beratungen in der Nacht zum Dienstag den israelischen Vermittler Chagai Hadas angewiesen, seine Bemühungen um eine Freilassung des Soldaten Gilad Schalit fortzusetzen.

Politik kompakt: Proteste für die Freilassung Gilad Schalits. Die radikale Hamas fordert für Schalits Freiheit die Freilassung von etwa 1000 palästinensischen Häftling

Proteste für die Freilassung Gilad Schalits. Die radikale Hamas fordert für Schalits Freiheit die Freilassung von etwa 1000 palästinensischen Häftling

(Foto: Foto: dpa)

Schalit war vor dreieinhalb Jahren von militanten Palästinensern unter Hamas-Kommando in den Gazastreifen entführt worden. Die im Gazastreifen herrschende Hamas fordert für Schalits Freiheit die Freilassung von etwa 1000 palästinensischen Häftlingen. An den Verhandlungen mit der Hamas ist der deutsche Vermittler Ernst Uhrlau maßgeblich beteiligt. Die israelische Zeitung Haaretz schrieb am Dienstag, Israel stimme dem Gefangenenaustausch grundsätzlich zu. Man sei jedoch gegen eine Rückkehr von Palästinensern ins Westjordanland, die an tödlichen Anschlägen beteiligt waren. Sie sollten stattdessen in den Gazastreifen oder in Drittländer verbannt werden. Sollte Hamas dem zustimmen, werde die gesamte israelische Regierung einberufen, um die Vereinbarung zu billigen.

Sarkozys Partei will mit Burka-Verbot ernst machen

Die französische Regierungspartei UMP will mit dem Verbot der Ganzkörperverschleierung von muslimischen Frauen durch die Burka ernst machen. Er werde in der ersten Januarhälfte einen Gesetzestext im Parlament vorlegen, der jegliche vollständige Verdeckung des Gesichts in der Öffentlichkeit verbiete, sagte UMP-Fraktionschef Jean-François Copé am Dienstag in Paris. Der Entwurf solle von einem Resolutionstext begleitet werden, der "ein starkes Signal" mit Blick auf "den Respekt der Frau" geben solle.

Ausdrücklich genannt wird die Burka in dem Text nicht, wie Copé darlegte. Der Entwurf bezieht sich demnach auf jegliche Vermummung, weil er sonst die fünf Millionen Muslime in Frankreich diskriminieren würde und gegen Verfassungsrecht verstoßen könnte. Ausgenommen von dem Verbot seien lediglich außergewöhnliche Anlässe, zum Beispiel der Karneval oder extreme Kälte, sagte Copé. Vor den Regionalwahlen im März schafft es der Gesetzesvorschlag ihm zufolge nicht mehr zur Debatte ins Parlament. Grund sei die ohnehin schon volle Tagesordnung bis zu dem Urnengang.

Die konservative Regierung hat derweil noch nicht über ein Verbot der Burka entschieden, auch wenn Präsident Nicolas Sarkozy mehrfach betont hat, dass die Burka in Frankreich "keinen Platz" habe. Ein Parlamentsausschuss hat die Frage im Auftrag der Regierung in Anhörungen geprüft. Sein Abschlussbericht steht noch aus. Auch in der UMP gibt es Gegner des Verbots, das nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 400 und 1900 Burka-Trägerinnen in Frankreich treffen würde. 2004 hatte dort die Regierung vor dem Hintergrund der gesetzlich festgeschriebenen Trennung von Kirche und Staat bereits das Tragen auffälliger religiöser Zeichen in Schulen verboten.

Steinmeier lehnt Aufstockung von Kampftruppen in Afghanistan ab

Nach dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel hat sich auf Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gegen eine Aufstockung der deutschen Kampftruppen in Afghanistan ausgesprochen. "Mehr Engagement in der Ausbildung, aber nicht mehr Kampftruppen - das sollte unsere Linie sein", sagte Steinmeier der Saarbrücker Zeitung. Es sei immer Position der SPD gewesen, dass der Einsatz kein Selbstzweck sei und der Aufenthalt der Soldaten am Hindukusch nicht zur Dauerangelegenheit werden dürfe.

Die SPD steht dem Afghanistan-Einsatz seit ihrem Wechsel in die Opposition zunehmend skeptisch gegenüber. Über eine Aufstockung der deutschen Truppen am Hindukusch will die Bundesregierung erst im Zusammenhang mit der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London entscheiden. Besonders in der Unruheregion Kundus klagt die Bundeswehr über zu wenig Kampftruppen, während die Mandatsobergrenze von 4500 Soldaten praktisch ausgeschöpft ist. Im Januar will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg eine weitere Kampfkompanie nach Kundus schicken. Die Bundeswehr beteiligt sich in Afghanistan auch an der Ausbildung von Armee und Polizei.

Tote bei Anschlag auf Presse-Club in Pakistan

Ein Selbstmordattentäter hat sich vor dem Presse-Club in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar in die Luft gesprengt. Neben dem Attentäter seien mindestens drei Menschen gestorben, teilten die Behörden am Dienstag mit. Unter den Toten seien ein Polizist und ein Angestellter des Clubs, dessen Büro direkt am Eingang des Gebäudes lag. Eine Passantin sei an Herzversagen gestorben, sagten Ärzte eines Krankenhauses. 15 Menschen, darunter viele Reporter, seien verletzt worden. Die meisten von ihnen hätten leichte Verletzungen etwa durch Glassplitter erlitten, hieß es weiter. Zum Zeitpunkt des Anschlags waren viele Journalisten in dem Gebäude, um eine Pressekonferenz eines örtlichen Politikers zu besuchen. Peshawars Polizeichef Liaquat Ali Khan sagte, der Attentäter habe sich in die Luft gesprengt, als er am Eingang zum Presse-Club von einem Polizisten aufgehalten worden sei.

Sieben Nordkoreaner gelangen über Seegrenze nach Südkorea

Sieben Nordkoreaner sind über eine selten genutzte Schifffahrtslinie nach Südkorea gelangt. Aus Regierungskreisen in Seoul verlautete am Dienstag zunächst, es handele sich um Flüchtlinge, die dem abgeschotteten Norden den Rücken kehren wollten. Nach einer Befragung hätten die Nordkoreaner jedoch angegeben, zurückkehren zu wollen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap. In der Vergangenheit hatte Südkorea wiederholt Nordkoreaner zurück in ihre Heimat geschickt, nachdem diese angegeben hatten, mit ihren Booten versehentlich in südkoreanische Gewässer abgedriftet zu sein. Die Nordkoreaner kamen den Angaben zufolge über die umstrittene Seegrenze vor der Westküste der koreanischen Halbinsel. Dort war es im vergangenen Monat zum ersten Seegefecht zwischen den beiden Staaten seit sieben Jahren gekommen.

China macht prominentem Dissidenten den Prozess

Der prominente chinesische Bürgerrechtler Liu Xiaobo wird an diesem Mittwoch in Peking wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" vor Gericht gestellt. Seine Frau Liu Xia und internationale Menschenrechtsgruppen wiesen die Anschuldigungen gegen den Vorsitzenden des chinesischen Pen-Clubs am Dienstag als politisch motiviert zurück. "Alle Vorwürfe sind fabriziert", sagte Liu Xia der Deutschen Presse-Agentur dpa in Peking. Dem 54-jährigen, der vor einem Jahr festgenommen wurde, drohen bis zu 15 Jahre Haft. "Der Prozess wurde extra auf einen Termin kurz vor Weihnachten gelegt, weil dann die internationale Aufmerksamkeit nicht so groß ist", sagte Liu Xia. Nach ihrem Eindruck könnte schon am Mittwoch ein Urteil gegen ihren Mann gesprochen werden. Der frühere Universitätsdozent und Literaturkritiker war einer der führenden Köpfe hinter der "Charta 08". Dieser Appell für Demokratie und Menschenrechte in China wurde inzwischen von mehr als 10.000 Menschen online unterzeichnet.

Iran: Berichte über Bau an Bomben-Komponente sind fingiert

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat Berichte zurückgewiesen, sein Land arbeite an einer wichtigen Atombomben-Komponente. Dies sei grundsätzlich falsch, sagte Ahmadinedschad am Montagabend dem US-Fernsehsender ABC News. Die Londoner Times hatte vergangene Woche unter Berufung auf ein vertrauliches iranisches Dokument berichtet, die Regierung in Teheran habe einen Vierjahresplan für den Test eines Neutronen-Initiators, der als Teil einer Atomwaffe eine Explosion auslösen könnte. Dies seien fingierte Papiere, die von der US-Regierung verfälscht und die Welt gesetzt worden seien, sagte Ahmadinedschad weiter. Der Westen wirft dem Iran vor, unter dem Deckmantel der Stromerzeugung an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten. Der Golfstaat bestreitet das.

Deutsche Umwelthilfe dringt auf 30-Prozent-Ziel für Europa

Nach dem dürftigen Ergebnis der UN-Klimaschutzkonferenz von Kopenhagen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die EU zu weiteren einseitigen Schritten beim Klimaschutz aufgefordert. Die EU solle auf einem Sondergipfel im Januar eine Verringerung der CO2-Emissionen um 30 Prozent bis 2020 beschließen und sich auch gegenüber der UNO auf dieses Ziel verpflichten, forderten die DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake und Jürgen Resch am Dienstag in Berlin. Auf keinen Fall dürfe die Bundesregierung jetzt Druck aus der Wirtschaft nachgeben, und das deutsche Ziel in Frage stellen, die Emissionen bis dahin um 40 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 zu verringern. Auch der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) forderte die Bundesregierung auf, jetzt nicht auf weitere internationale Beschlüsse zu warten, sondern selbst weitere Schritte hin zu mehr Klimaschutz einzuleiten. "Wir müssen vorangehen und wir müssen das jetzt tun", sagte Töpfer im Deutschlandradio Berlin. Eine für das Klima schonende Energieversorgung sei möglich, "ohne die wirtschaftliche Stabilität auch nur im Entferntesten zu gefährden". Insofern sei die jetzige Situation eine "großartige Chance" für die EU und auch für Deutschland, dies zu beweisen. Wer glaube, am Anfang alle Ziele festzulegen und erst dann handeln zu müssen, der werde "verdammt viel Zeit verlieren", sagte Töpfer.

Senat nimmt letzte Änderungen am Text der Gesundheitsreform vor

Der US-Senat hat am Dienstag die letzten Änderungen an seinem Entwurf der Gesundheitsreform verabschiedet. Der von dem demokratischen Mehrheitsführer Harry Reid eingebrachte Anhang war das Ergebnis langer Verhandlungen und soll die Zustimmung aller Demokraten zu dem Text sichern. Unter anderem werden darin ein Modell einer staatlichen Versicherung des Bundes sowie Bundesmittel für Abtreibungen gestrichen. Im Laufe des Tages und am Mittwoch sollte die Kammer noch einige Abstimmungen zu Verfahrensfragen vornehmen. Das endgültige Votum über den Entwurf war für Donnerstag geplant. Der Entwurf des Senats müsste noch mit einem fertigen Entwurf des Repräsentantenhauses angeglichen werden. Die Gesundheitsreform ist das wichtigste innenpolitische Projekt von Präsident Barack Obama. Die Republikaner lehnen sie fast geschlossen ab, in der Öffentlichkeit ist sie umstritten.

Auslieferung von Terrorist Weinrich abgelehnt

Der verurteilte Terrorist Johannes Weinrich darf nach einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts nicht an Frankreich ausgeliefert werden. Der 4. Strafsenat lehnte eine Überstellung an die Pariser Justiz mit dem Begründung ab, der Schutz des Grundgesetzes, wonach kein deutscher Staatsangehöriger an ein anderes Land ausgeliefert werden darf, gelte auch für Weinrich. Der Terrorist verbüßt in Berlin eine lebenslange Freiheitsstrafe unter anderem wegen seiner Beteiligung an dem Bombenanschlag auf das französische Kulturzentrum "Maison de France" 1983 in der Hauptstadt. Er galt als rechte Hand des aus Venezuela stammenden und in Frankreich verurteilten Top-Terroristen Ilich Ramirez Sanchez ("Carlos").

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