Politik kompakt:UN-Chefankläger erhebt Anklage wegen Hariri-Mord

Sechs Jahre nach dem Mord an dem libanesischen Premier will der Staatsanwalt in Den Haag Anklage erheben - verrät aber nicht, gegen wen.

Kurzmeldungen im Überblick.

Sechs Jahre nach der Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri hat die Staatsanwaltschaft beim Sondertribunal für den Libanon Anklage erhoben. Chefankläger Daniel Bellemare habe dazu umfangreiches Beweismaterial eingereicht, teilte das Tribunal mit. Ob darin tatsächlich Mitglieder der pro-iranischen Hisbollah als Täter genannt werden, blieb zunächst unklar.

Sondertribunal für den Libanon in Den Haag

Fest steht: Es wird einen Prozess im Mordfall Hariri geben. Wen das Sondertribunal für den Libanon in Den Haag anklagen wird, ist hingegen noch nicht bekannt.

(Foto: dpa)

Im Streit um eine mögliche Verwicklung der Schiitenbewegung in das Bombenattentat auf Hariri, bei dem im Februar 2005 in Beirut auch 22 weitere Menschen getötet wurden, ist letzte Woche die libanesische Regierung zerbrochen. Einzelheiten der Anklage sollen erst nach Prüfung durch die zuständige Gerichtskammer bekannt werden. Sie muss entscheiden, ob das Beweismaterial für einen Prozess ausreicht. Das kann mehrere Wochen dauern.

Die Hisbollah hatte vor Konsequenzen gewarnt, sollte auch nur eines ihrer Mitglieder vor dem "israelisch-zionistischen" Gerichtshof in Leidschendam bei Den Haag beschuldigt werden. Sie Hisbollah hatte am vergangenen Mittwoch ihre Minister aus der Regierung in Beirut zurückgezogen, weil sich Ministerpräsident Saad Hariri weigerte, die Zusammenarbeit mit dem Sondertribunal zu beenden. Er ist der Sohn des Ermordeten Rafik Hariri.

(dpa)

Verwirrung um Aussetzung der Todesstrafe für Aschtiari in Iran, FDP-Generalsekretär Lindner droht mit Koalitionsbruch und im Irak hat es erneut Übergriffe auf Christen gegeben : Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Kurzmeldungen im Überblick.

Ermittlungen gegen Speer eingestellt

Der Verdacht der Falschaussage gegen den ehemaligen Brandenburger Innenminister Rainer Speer (SPD) hat sich nicht erhärtet. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte Ermittlungen gegen den 51-Jährigen und seine frühere Geliebte wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides statt ein.

Speer in den Ruhestand versetzt

Einen Verdacht der Falschaussage sieht die Staatsanwaltschaft Berlin nicht erhärtet - und stellt deshalb die Ermittlungen gegen Brandenburgs ehemaligen Innenminister Rainer Speer (SPD) und dessen frühere Geliebte ein.

(Foto: dpa)

Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigte am Montag einen Vorab-Bericht der Berliner Morgenpost. Der Tatvorwurf gegen Speer sei nicht nachweisbar. In solchen Fällen sei die Staatsanwaltschaft verpflichtet, die Ermittlungen einzustellen. Bei der Ex-Geliebten sei die Beweislage zwar anders, in ihrem Fall hätte möglicherweise eine Falschaussage nachgewiesen werden können. Jedoch sprächen verschiedene Umstände gegen ein Verfahren. Einerseits sei die Frau nicht vorbestraft, andererseits schon durch die Veröffentlichungen über die Affäre beschädigt. Außerdem sei ihre Schuld gering. Deshalb müsse auch in ihrem Fall kein Verfahren eröffnet werden, sagte Steltner.

Speer war im September nach Berichten über ein uneheliches Kind aus der Affäre mit der Landesbediensteten als Innenminister zurückgetreten. Die Mutter soll für das 1997 geborene Kind jahrelang Unterhalt vom Staat statt von Speer kassiert haben. Speer und die Frau hatten sich juristisch gegen Veröffentlichungen über die Affäre gewehrt und dabei vor einem Berliner Gericht eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hatte aufgrund von ihr zugespielten E-Mails den Verdacht der eidesstattlichen Falschaussage gesehen, die Ermittlungen aber an die zuständige Berliner Staatsanwaltschaft abgegeben.

(AP)

FDP macht Druck auf Schäuble

Schaeuble bleibt beim Thema Steuervereinfachung bei 2012

Bleibt beim Thema Steuervereinfachung hart: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

(Foto: dapd)

In der Debatte um Steuersenkungen wirft die FDP Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Wortbruch vor. Die Liberalen hätten die erhöhte Tabaksteuer nur akzeptiert, weil im Gegenzug eine Steuervereinfachung und Entlastung der Bürger für 2011 vereinbart worden sei, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner in Berlin.

Dass Schäuble diese nun verweigere, verstoße gegen die Absprachen. "Wenn man sich auf Zusagen nicht verlassen kann, kann eine Koalition nicht arbeiten", kritisierte Lindner. Entgegen der bisherigen Praxis sei es daher künftig in ähnlich gelagerten Fällen offenbar "zu empfehlen", Absprachen schriftlich festzuhalten.

Schäuble hatte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt, er bleibe bei seinem Nein zu Steuersenkungen im laufenden Jahr. Er halte nichts davon, bei den Menschen zu hohe Erwartungen zu schüren, die man hinterher nicht einlösen könne.

Lindner sagte dazu, alle technisch machbaren Steuersenkungen sollten rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Nach dem Willen der FDP solle zudem bis zum Ablauf der Legislaturperiode jedes Jahr eine gesetzliche Steuervereinfachung auf den Weg gebracht werden.

(dpa)

Verwirrung um Aschtiani in Iran

Um die Aussetzung einer Todesstrafe im international viel beachteten Ehebruch-Prozess gegen Sakine Mohammadi Aschtiani in Iran hat es am Montag Verwirrung gegeben. Der Angeklagten drohe nicht mehr der Tod durch Erhängen, schrieb die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im iranischen Parlament, Sohre Elahian, an die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff. Aufgrund eines Gnadengesuchs ihrer Kinder sei die Strafe in eine zehnjährige Gefängnisstrafe umgewandelt worden, hieß es in dem von der Nachrichtenagentur Isna veröffentlichten Brief weiter.

Kurz darauf folgte jedoch ein Dementi: In dem Verfahren gebe es keine neuen Entwicklungen, zitierte die amtliche Agentur Irna Malek Adschdar Scharifi, einen Justizbeamten aus der Provinz, in der Aschtianis Fall behandelt wird. Ihre Akte werde derzeit vom Obersten Gericht geprüft, ein abschließendes Urteil sei noch nicht gefällt worden.

Nach Protesten ausländischer Regierungen hatte der Iran im vergangenen Jahr bereits ein Steinigungsurteil gegen Aschtiani ausgesetzt. Dabei war es um den Vorwurf des Ehebruchs gegangen. Allerdings war Aschtiani wegen Beihilfe zum Mord an ihrem Ehemann auch zum Tod durch Erhängen verurteilt worden.

Der Fall hat international für großes Aufsehen gesorgt. Im Oktober waren zwei deutsche Reporter in Iran festgenommen worden, weil sie den Sohn von Aschtiani ohne Erlaubnis der Behörden interviewen wollten. Der Fall hat die ohnehin angespannten Beziehungen des Westens zu Iran weiter kompliziert. Iran steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines Kernenergieprogramms heimlich an Atomwaffen zu arbeiten.

(Reuters)

Handgranate vor kroatischer Botschaft

Vor der kroatischen Botschaft in Berlin ist am Montag ein Paket mit einer Handgranate gefunden worden. Zunächst konnte die Polizei nicht sagen, ob der Fund möglicherweise in der Poststelle abgefangen und dann auf die Straße gebracht wurde.

Das Paket sei bereits von Kriminaltechnikern abtransportiert worden, damit die Handgranate gesprengt werden kann, teilte die Polizei mit. Der kroatische Staatspräsident Ivo Josipovic wird in dieser Woche in Berlin erwartet. Am Mittwoch wird er von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) empfangen, am Donnerstag wird Josipovic Kanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) treffen.

Die Ahornstraße in Schöneberg, in der sich die Botschaft befindet, wurde kurzzeitig gesperrt. Die Polizei versuchte zunächst, Passanten in Sicherheit zu bringen, Kriminaltechniker des Landes Berlin transportierten die Handgranate dann in einem Fahrzeug zum Sprengort. Das Paket war gegen 13.00 Uhr entdeckt worden. Wer den Fund meldete, war zunächst ebenso unklar wie weitere Hintergründe.

(dpa)

FDP und Linke halten Guttenberg zum Sparen an

FDP und Linke fordern ein Festhalten am geplanten Sparkurs für die Bundeswehr. Die von der Regierungskoalition beschlossene Sparvorgabe von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 dürfe höchstens noch weiter unterboten werden, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Montag in Berlin. Um die Bundeswehrreform wie vereinbart abzuschließen, müsse Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vielmehr alle Rationalisierungs- und Einsparpotenziale in seinem Etat nutzen.

Auch die Linke-Fraktion im Bundestag sieht Guttenbergs Auftrag darin, einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten, anstatt "seine Wunscharmee zusammenzuträumen". Der Verteidigungsminister hatte am Wochenende erklärt, mit der politisch gewünschten Armee von 185.000 Soldaten sei das Sparziel von 8,3 Milliarden Euro nicht zu stemmen. Lindner betonte dagegen, es gebe viele Stellschrauben, mit denen sich Einsparungen bei der Bundeswehr erzielen ließen. Als Beispiel nannte er Kürzungen bei Beschaffungsprogrammen wie der nächsten Eurofighter-Tranche und dem Militärtransporter A 400M.

Der CSU-Politiker Guttenberg sei hier gefordert, "auch wenn viel Rüstungsindustrie in Bayern beheimatet ist". Weitere Personalstreichungen bei der Bundeswehr ließen sich dagegen durch Effizienzgewinne weitgehend vermeiden. Die Linke hingegen fordere eine Halbierung der Truppenstärke, so Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Bundestags-Fraktion. Das sei bei einer konsequente Ausrichtung auf die Landesverteidigung möglich, wenn auf den Ausbau der weltweiten offensiven Einsatzfähigkeit der Bundeswehr verzichtet werde.

(AP)

Libanon: Regierungsbildung vertagt

Der libanesische Präsident Michel Suleiman hat die für diesen Montag geplanten Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung auf die kommende Woche verschoben. Das Präsidialamt begründete die Entscheidung mit den unterschiedlichen Positionen der politischen Parteien. Libanesische Politiker hatten die Vertagung ins Gespräch gebracht, um die Ergebnisse eines Libanon-Gipfels von Syrien, Katar und der Türkei in Damaskus abzuwarten.

Der Generalsekretär der mit Syrien und Iran verbündeten schiitischen Hisbollah-Bewegung, Hassan Nasrallah, hatte am Sonntagabend zusätzlich Öl ins Feuer gegossen: In einer Ansprache, die der Hisbollah-Fernsehsender Al-Manar übertrug, erklärte er, seine Partei und ihre Verbündeten seien nicht bereit, Saad Hariri als neuen Ministerpräsidenten zu akzeptieren.

Die Koalitionsregierung von Ministerpräsident Hariri war in der vergangenen Woche von der Hisbollah und ihren Verbündeten gestürzt worden. Elf Minister, die zum Hisbollah-Lager gehörten, reichten ihren Rücktritt ein. Hariri wurde vom Präsidenten anschließend gebeten, so lange als Übergangsministerpräsident im Amt zu bleiben, bis eine neue Regierung gebildet ist. Ursache waren weder politische Divergenzen noch die Besetzung von Ministerposten. Die Hisbollah will nur dafür sorgen, dass ihre Funktionäre nicht vor dem Uno-Tribunal für die Aufklärung des Mordes an Hariris Vater angeklagt und verurteilt werden.

Das Gericht in Den Haag wird möglicherweise diese Woche die Anklagen im Fall Hariri vorlegen, die sich auch gegen Mitglieder der Hisbollah richten dürften. Der Milliardär und frühere Ministerpräsident Rafik Hariri war 2005 bei einem Bombenattentat in Beirut ums Leben gekommen. An dem Mordkomplott sollen Hisbollah-Mitglieder und syrische Funktionäre beteiligt gewesen sein. Auch die iranische Führung, von der die Hisbollah mit Waffen versorgt wird, hatte angeblich ihre Finger mit im Spiel.

(dpa/Reuters)

Irak: Neue Übergriffe auf Christen

Die irakische Regierung hatte versprochen, die Christen des Landes besser zu beschützen. Doch die Übergriffe gehen weiter: Bewaffnete Männer haben in der nördlichen Stadt Mossul ein 14 Jahre altes christliches Mädchen verschleppt. Am Vortag war in der gleichen Stadt ein christlicher Arzt an seinem Arbeitsplatz in einem Krankenhaus angeschossen worden.

Staatspräsident Dschalal Talabani hatte die Iraker nach dem Angriff auf den Arzt aufgerufen, "Solidarität mit unseren christlichen Brüdern zu zeigen", um die Welle der Attacken auf Angehörige der Minderheit zu beenden. Mehr als die Hälfte der 1,5 Millionen Christen, die vor dem Sturz von Präsident Saddam Hussein durch die US-Armee 2003 im Irak gelebt hatten, ist inzwischen im Ausland.

Ministerpräsident Nuri al-Maliki hatte nach dem Blutbad islamistischer Terroristen in einer Bagdader Kirche im vergangenen Oktober versprochen, mehr für den Schutz der Christen zu tun. Dies hatten auch mehrere westliche Politiker eingefordert. Die irakischen Christen fühlen sich sowohl von den sunnitischen al-Qaida-Terroristen als auch von schiitischen Milizen bedroht.

(dpa)

Die Türkei hat offenbar entgegen ihren offiziellen Angaben im Jahr 2002 CIA-Flüge zum Transport von Terrorverdächtigen in geheime CIA-Gefängnisse über den Luftwaffenstützpunkt Incirlik genehmigt. Das geht aus einer Wikileaks-Depesche der US-Botschaft in Ankara aus dem Jahr 2006 hervor, berichtete die Welt. Die Genehmigung habe für Zwischenlandungen solcher Flüge zum Auftanken gegolten und sei erst im Februar 2006 wieder zurückgezogen worden. Zuvor waren die Flüge öffentlich bekannt geworden, was zu Ermittlungen des Europarates geführt hatte.

In einer als geheim klassifizierten Depesche der US-Botschaft in Ankara vom Juni 2006 heißt es: "Das türkische Militär hatte uns erlaubt, Incirlik seit 2002 als Auftankstopp für Gefangenentransportoperationen der Operation 'Fundamental Justice' zu benutzen, zog diese Genehmigung jedoch im Februar dieses Jahres zurück." Verfasser der Depesche sei dem Bericht zufolge der damalige US-Botschafter Wilson, Adressat "Gen. Schwartz" - wahrscheinlich der heutige Generalstabschef der Luftwaffe, Norton A. Schwartz der, von 2005 bis 2008 Chef des US Transportation Command war.

(dapd)

Irland: Außenminister droht mit Rücktritt

Im irischen Machtkampf hat Außenminister Micheal Martin mit einem Rücktritt gedroht, sollte Premierminister Brian Cowen nicht sein Amt aufgeben. Er werde bei einem für Dienstag angesetzten, parteiinternen Vertrauensvotum gegen Cowen stimmen, kündigte Martin an. Vor der vermutlich im Frühjahr stattfindenden Wahl in der Republik Irland sei es nötig, einen neuen Spitzenkandidaten für die derzeit regierende Fianna-Fail-Partei aufzustellen. Martin gilt als Anwärter auf den Posten.

Cowen hatte nach tagelangen Diskussionen um seine politische Zukunft am Sonntag angekündigt, bis zur nächsten Wahl im Amt des Premiers bleiben zu wollen. Allerdings setze er für diesen Dienstag eine geheime Abstimmung darüber an, wer in der Partei ihn weiterhin unterstützt und wer nicht. Als Nachfolgekandidat wird neben Martin auch der derzeitige Finanzminister Brian Lenihan gehandelt. Die Opposition im irischen Unterhaus hatte ein Misstrauensvotum auch im Parlament angekündigt.

Irlands finanzielle Krise hatte in den vergangenen Wochen auch eine politische nach sich gezogen. Nachdem das unter einer Rekordverschuldung ächzende Land im Dezember unter den Rettungsschirm der Europäischen Union geschlüpft war, kam die Regierung aus Fianna Fail und Grünen unter Beschuss, weil sie nicht richtig auf die Banken- und Finanzkrise reagiert habe.

(dpa)

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