Politik kompakt:"Iran meldete zweite Atomananlage zu spät"

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Die Atombehörde wirft Iran schleppende Informationspolitik vor, Obama wird ausgebremst, Perus Ex-Präsident erneut verurteilt.

El Baradei: Iran meldete zweite Atomananlage zu spät

Einen Tag vor dem Treffen der UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) der Islamischen Republik eine schleppende Informationspolitik vorgeworfen. Der Iran hätte die UN-Atomaufsicht viel früher über den Bau seiner zweiten Uran-Anreicherungsanlage in Kenntnis setzen müssen, sagte IAEA-Chef Mohamed El Baradei am Mittwoch in einem Fernsehinterview. Er widersprach jedoch der Einschätzung Großbritanniens, der Iran betreibe derzeit ein Atomwaffenprogramm. Westliche Regierungen und der Iran bekräftigten unterdessen ihre unterschiedlichen Erwartungen an die Gespräche am Donnerstag in Genf. "Der Iran hätte uns noch an dem Tag informieren müssen, an dem der Bau der Anlage beschlossen wurde", sagte ElBaradei dem Sender CNN-India. Westlichen Regierungen zufolge kam der Iran mit der Mitteilung über den Bau der Atomfabrik vergangene Woche nur der unmittelbar bevorstehenden Enthüllung des vor mehr als drei Jahren begonnenen Projekts zuvor. Die verzögerte Meldung sei ein Verstoß gegen Informationspflichten und bedeute einen Rückschlag für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Vertrauen in das iranische Atomprogramm zu fassen, kritisierte El Baradei.

Perus Ex-Präsident Fujimori erneut verurteilt

Der frühere peruanische Präsident Alberto Fujimori (1990-2000) ist am Mittwoch in einem weiteren Strafprozess wegen Korruption und Unterschlagung zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Fujimori (71) hatte sich in allen Punkten für schuldig bekannt, um eine genaue Aufklärung von Korruption und Unterschlagungen sowie der Bestechung von Parlamentariern und Journalisten und von illegalen Abhöraktionen während seiner Regierung zu verhindern. Dies hätte der absehbaren Kandidatur seiner Tochter Keiko bei der Präsidentenwahl 2011 schaden können, kommentierten nationale Medien.

Rückschlag für Obamas Gesundheitsreform

Die Pläne von US-Präsident Barack Obama für eine staatliche Krankenversicherung sind im Finanzausschuss des US-Senats mit Stimmen der Demokraten gescheitert. Fünf von insgesamt zwölf demokratischen Senatoren, unter ihnen der Ausschussvorsitzende Max Baucus, stimmten am Dienstag zusammen mit den zehn Republikanern in dem Gremium gegen die Aufnahme der "staatlichen Option" in den Gesetzentwurf. Das Projekt wurde mit 15 zu acht Stimmen abgelehnt. Baucus hatte Mitte September einen eigenen Entwurf ohne die staatliche Variante vorgelegt. Dagegen nahmen der Gesundheitsausschuss des Senats und drei Ausschüsse des Abgeordnetenhauses das Projekt einer staatlichen Krankenversicherung in ihre Gesetzesvorlagen auf.

Die von Obama angestrebe Gesundheitsreform soll den rund 47 Millionen bislang nicht abgesicherten US-Bürgern Zugang zu einer Krankenversicherung verschaffen. Die USA sind unter den großen Industriestaaten das einzige Land, in dem es kein Krankenversicherungssystem für die gesamte Bevölkerung gibt. Vor allem die Republikaner laufen Sturm gegen Obamas Pläne.

Tillich stellt neue sächsische Regierung vor

CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat jetzt die Mitglieder der ersten schwarz-gelben Regierung in Sachsen ernannt. Mit einer Personalie sorgt der Regierungschef für eine Überraschung: Wissenschafts- und Kunstministerin wird die parteilose Sabine Freifrau von Schorlemer. Die Professorin war bislang Lehrstuhlinhaberin für Völkerrecht, Recht der EU und Internationale Beziehungen an der Technischen Universität Dresden. Neu im Kabinett sind zudem der CDU-Politiker Markus Ulbig - bisher Oberbürgermeister von Pirna - sowie die FDP-Minister Jürgen Martens für Justiz und Europa und Sven Morlok für die Wirtschaft.

Die anderen Minister stammen aus dem alten Kabinett. Christine Clauß bleibt für Soziales zuständig, Roland Wöller ist weiterhin Kultusminister. Frank Kupfer bleibt Umwelt- und Agrarminister und Johannes Beermann leitet weiterhin die Staatskanzlei. Auch der parteilose Finanzminister Georg Unland führt sein Amt weiter. Die CDU hatte bei der Landtagswahl am 30. August 40,2 Prozent der Stimmen geholt und bildet nun in den kommenden fünf Jahren mit der FDP, die auf zehn Prozent kam, eine Koalition.

Bundeswehr schickt Kommunikationssatelliten ins All

Der erste eigene Kommunikationssatellit der Bundeswehr soll in der Nacht zum Freitag von Französisch-Guyana aus ins All starten. Die Trägerrakete Ariane mit dem knapp 2,5 Tonnen schweren Satelliten namens SatcomBw an Bord soll gegen Mitternacht vom Weltraum-Bahnhof Kourou abheben, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Betreiber in Oberpfaffenhofen bei München mitteilte.

Nach dem Start gibt es noch eine Reihe Tests, bis der Satellit von Januar an einsatzbereit ist. Ein zweiter Bundeswehr-Satellit soll bis März kommenden Jahres starten. Mit dem Projekt will sich die Bundeswehr von kommerziellen Anbietern unabhängig machen. Unter anderem wurden für die Kommunikation der Truppen auf dem Balkan, in Afrika oder in Afghanistan mit dem Hauptquartier in Potsdam Kapazitäten eingekauft. Für die beiden Satelliten, die nur der Bundeswehr gehören, ist eine Nutzungsdauer von 15 Jahren vorgesehen. Unter anderem sollen über das neue System Telefongespräche, Videokonferenzen und Internetzugang laufen.

USA wollen Soldaten aus dem Irak abziehen

Die USA möchten ihre Truppen im Irak reduzieren. Im Oktober sollen 4000 US-Soldaten nach Hause zurückkehren. Rund 120.000 amerikanische Soldaten sollen dann noch vor Ort sein, wie aus einer Rede von General Ray Odierno hervorgeht, die er vor einem Kongressauschuss halten soll. Die Ankündigung ist Teil einer Truppenreduzierung, die mit dem vollständigen Abzug aus dem Irak bis Ende 2011 enden soll. In seinem Bericht verweist der Oberkommandierende der US-Streitkräfte im Irak auf einen deutlichen Rückgang der Angriffe und Anschläge: Während es im August 2007 noch 4000 Angriffe waren, wurden im vergangenen Monat rund 600 Attacken gemeldet. Auch die Zahl der Al-Kaida-Extremisten und ausländischer Kämpfer sei gesunken, erklärt Odierno.

USA und Kuba nehmen Kontakt auf

Zum ersten Mal seit mehreren Jahren hat es zwischen den USA und Kuba wieder Gespräche auf höherer Regierungsebene gegeben. Wie das US-Außenministerium bestätigte, kam die stellvertretende Abteilungsleiterin im Außenamt, Bisa Williams, bei einem sechstägigen Besuch unter anderem mit dem kubanischen Vizeaußenminister Dagoberto Rodriguez zusammen. Ihre Visite Mitte September habe ursprünglich nur Gesprächen über eine Wiedereröffnung des Postverkehrs zwischen beiden Staaten gegolten, sagte ein Sprecher in Washington. Sie sei dann aber zwecks weiterer Begegnungen ausgedehnt worden. Nach US-Medienberichten waren es die ersten Gespräche auf höherer Ebene seit sieben Jahren. Dabei ging das Themenspektrum beim Williams-Besuch deutlich über das des damaligen Kontaktes hinaus.

Obama sieht Afghanistan nicht als Amerikas alleinigen Kampf

US-Präsident Barack Obama nimmt die Nato in Afghanistan in die Pflicht. "Das ist kein amerikanischer Kampf, sondern auch ein Nato-Einsatz", sagte er nach einem Gespräch mit dem neuen Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Der Chef der westlichen Militärallianz pflichtete Obama bei. "Für unseren Einsatz in Afghanistan trägt nicht allein Amerika die Verantwortung oder Belastung: Er ist und bleibt eine gemeinsame Anstrengung." Rasmussen unterstützte zudem Obamas Forderung, vor einer Verstärkung der Truppen die Einsatzstrategie zu klären. "Zuerst die Strategie, dann die Ressourcen", sagte er. Obama will darüber mit der Militärführung beraten. Rasmussen gab zugleich keine Zusage für zusätzliche Truppen aus den Reihen der Nato-Verbündeten. Die Zurückhaltung vor allem der Europäer in der Frage der Aufstockung der Einsatzkräfte hat zuletzt in den USA scharfe Kritik ausgelöst. Nach Einschätzung des obersten Kommandeurs der US- und Nato-Truppen am Hindukusch sind Verteidigungskreisen zufolge bis zu 40.000 weitere Soldaten nötig, um eine Niederlage gegen die radikal-muslimischen Taliban zu verhindern. Die Bundeswehr hat derzeit rund 4200 Soldaten vor allem im Norden Afghanistans stationiert.

Israel lässt Gefangene für Informationen frei

Israel möchte nach eigenen Angaben 20 gefangene Palästinenserinnen im Austausch für Informationen über den 2006 entführten Soldaten Gilad Schalit freilassen. Das Sicherheitskabinett habe einen entsprechenden Vorschlag von Vermittlern gebilligt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit. Demnach werde die israelische Regierung von der palästinensischen Hamas als Gegenleistung aktuelle und eindeutige Beweise erhalten, dass Schalit noch lebe. Ägyptischen Sicherheitskrisen zufolge sollen ägyptische und deutsche Vermittler unterdessen weiter versuchen, die Herausgabe Schalits im Gegenzug für die von der Hamas geforderte Freilassung Hunderter islamistischer Häftlinge zu erreichen. Gilad Schalit war 2006 an der Grenze zum Gazastreifen entführt worden.

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