Politik kompakt:Gabriel wirft Schwarz-Gelb Spaltung vor

Der künftige SPD-Vorsitzende Gabriel attackiert die Regierung, Merkel ist sauer auf britischen Oppositionschef, Mussawi deutet neue Proteste in Iran an.

Gabriel wirft Schwarz-Gelb Spaltung vor

Gabriel, dpa

Der künftige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die neue Bundesregierung scharf attackiert.

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Der künftige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die neue Bundesregierung scharf attackiert. Sie schere sich nicht um das Gemeinwohl, sondern betreibe Klientelpolitik, sagte er am Samstag vor SPD-Mitgliedern im niedersächsischen Loxstedt. Schwarz-Gelb wolle mit Steuergeschenken nur solche Leute bedienen, "die es nicht nötig haben". Dieses Geld fehle Ländern und Gemeinden für Verbesserungen bei der Bildung. Auch bei der Gesundheit wolle die Regierung den privaten Anbietern Gelder zuschanzen. Damit werde der Weg in die Zweiklassenmedizin geebnet. Gabriel nannte den neuen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) einen "scheinheiligen Spalter und Ideologen . Wie zuvor bei einem Treffen mit der Parteibasis in Bremen räumten Gabriel und die designierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles schwere Fehler ein, die zu der Niederlage bei der Bundestagswahl geführt hätten. Die Partei habe seit langem bei vielen Menschen an Glaubwürdigkeit verloren. Auch der ständige Flügelstreit habe die Menschen verprellt. Nach Gabriels Worten muss die SPD auch nach ihrer Neuaufstellung weiterhin wirtschaftliche Kompetenz demonstrieren. Das Propagieren von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Veränderung allein reiche nicht aus. Gabriel und Nahles sprachen sich für Abmilderungen bei der Rente mit 67 und den Hartz-Gesetzen aus. Eine völlige Rücknahme der Reformen lehnten sie aber ab. Das künftige SPD-Führungsduo besucht vor dem SPD-Parteitag Mitte November in Dresden die SPD-Bezirke.

Unmut auf EU-Gipfel über britischen Oppositionschef

Der britische Oppositionsführer und mögliche künftige Regierungschef David Cameron hat mit seiner Haltung zum EU-Reformvertrag den Unmut führender EU-Länder auf sich gezogen. Wie die britische Zeitung Guardian berichtete, zeigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Spaniens Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero verärgert über einen Brief Camerons an den tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus, in dem der Brite angeboten hatte, den Reformvertrag gemeinsam zu Fall zu bringen.

Merkel habe Camerons Verhalten als nicht vertrauenswürdig bezeichnet, Sarkozy sei "erzürnt" gewesen und Zapatero habe das Vorgehen "schädigend" genannt. Cameron hatte Klaus angeboten, ein Referendum abzuhalten und die bereits erfolgte Vertragsratifizierung rückgängig zu machen, wenn Klaus den Abschluss der Ratifizierung bis nach den britischen Wahlen im Mai oder Juni 2010 hinauszögere. In Umfragen liegen die oppositionellen Tories weit vor der regierenden Labour-Partei von Premierminister Gordon Brown.

Iranischer Oppositionsführer Mussawi deutet neue Proteste an

Der iranische Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi hat indirekt zu neuen Protesten aufgerufen. Er forderte seine Anhänger am Samstag auf, am 30. Jahrestag der Geiselnahme in der Teheraner US-Botschaft auf die Straße zu gehen. Gewöhnlich finden sich am 4. November anti-westliche Demonstranten vor der früheren US-Botschaft in der iranischen Hauptstadt ein. Die Sicherheitskräfte haben der Opposition verboten, an diesem Tag Demonstrationen abzuhalten. Sollten Mussawis Anhänger am Mittwoch dennoch auf die Straße gehen, drohen neue Auseinandersetzungen mit der Polizei. Mussawi erklärte auf seiner Internetseite, er werde seinen Kampf für einen politischen Wandel fortsetzen.

UN beschließen mehr Kontrolle für Waffenhandel

Der Abrüstungsausschuss der Vereinten Nationen in New York hat sich mit überwältigender Mehrheit für die verstärkte Kontrolle des internationalen Waffenhandels ausgesprochen. 153 der 192 UN-Mitgliedsstaaten stimmten dafür, ein globales Abkommen auszuarbeiten, das den Waffenhandel weltweit regulieren soll. Simbabwe stimmte als einziges Land gegen den Plan. 19 Länder, darunter China, Russland, Saudiarabien, Indien, Pakistan und der Iran, enthielten sich der Stimme. Die USA, die unter US-Präsident George W. Bush zwei Mal gegen die Kontrolle von Waffenverkäufen votiert hatten, schlossen sich jetzt den Befürwortern an.

Honduras droht nach Einigung erneut Hängepartie

Nach dem umjubelten Durchbruch bei den Vermittlungsgesprächen in Honduras droht dem zerrissenen Land bereits die nächste Hängepartie. Nur wenige Stunden nach Bekanntgabe eines Kompromissvorschlags zur Lösung der politischen Krise erklärten die Putschisten, der gestürzte Staatschef Manuel Zelaya werde frühestens in einem Monat in den Präsidentenpalast zurückkehren dürfen.

Ein Unterhändler des international isolierten Übergangspräsidenten Roberto Micheletti verwies auf die Einigung, wonach der Kongress über eine Wiedereinsetzung Zelayas entscheiden müsse. Die Abgeordneten würden aber nicht mehr vor der Wahl am 29. November zusammenkommen. Zuvor müsse außerdem noch der Oberste Gerichtshof dem Prozedere zustimmen, betonte Michelettis Unterhändler Armando Aguilar.

Bush schaltet sich in Debatte über Afghanistan-Einsatz ein

Der ehemalige US-Präsident George W. Bush hat sich in die Debatte um den Afghanistan-Einsatz eingeschaltet. Es sei entscheidend für die Stabilität in der Region und weltweit, dass der Kampf gegen die Taliban gewonnen werde, sagte Bush auf einer Konferenz in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Eine Niederlage würde "ernsthafte Bedrohungen" mit sich bringen und die Rückkehr zu einer brutalen Tyrannei bedeuten". Über seinen Nachfolger Barack Obama sagte Bush, dieser sei nicht seine "erste Wahl" gewesen, "aber ich wünsche ihm allen Erfolg und ich werde nicht viel Zeit darauf verwenden, ihn zu kritisieren". Kritiker habe Obama schließlich genügend.

Sieben Soldaten bei Anschlag in Pakistan getötet

Bei einem erneuten Anschlag auf die pakistanischen Streitkräfte sind sieben Soldaten getötet worden. Nach Angaben der Armee wurde ein Militärfahrzeug in der nordwestlichen Khyber-Region von einer am Straßenrand versteckten Bombe erfasst und vollständig zerstört. Das Attentat ereignete sich wenige Stunden nach einem massiven Luftangriff der Armee auf vermutete Stellungen der radikal-islamischen Taliban in der Umgebung. Dabei wurden nach Armeeangaben 13 Extremisten getötet und elf Lager zerstört.

Das Militär hatte im September eine Offensive in der Khyber-Region gestartet, nachdem die Extremisten ihre Anschläge auf die Provinzhauptstadt Peshawar ausgedehnt hatten. Die zunehmenden Attentate auch auf Einrichtungen der Armee hatten im Westen zuletzt die Sorge aufkommen lassen, dass die Extremisten an das pakistanische Atombombenarsenal gelangen könnten. Die Regierung in Islamabad versicherte aber, die Nuklearwaffen würden weiterhin sicher an geheim gehaltenen Militärstützpunkten lagern.

50 Festnahmen bei Demonstration für Versammlungsfreiheit in Moskau

Bei einer Demonstration für die Versammlungsfreiheit in Moskau hat die russische Polizei am Samstag 50 Kundgebungsteilnehmer festgenommen. Dies sagte Polizeisprecher Viktor Biriukow der Nachrichtenagentur Interfax. Unter den Festgenommenen war auch der Vorsitzende der national-bolschewistischen Partei, Eduard Limonow.

Die Vorsitende der Helsinki-Gruppe zur Verteidigung der Menschenrechte, Ljudmila Alexejewa, wurde von den Sicherheitskräften nicht zu der Kundgebung durchgelassen. Die 82-Jährige trug ein Schild mit dem Aufruf "Beachtet die Verfassung!" Die Demonstranten forderten die Einhaltung von Artikel 31 der russischen Verfassung. Sie kündigten an, jeweils am 31. Tag eines Monats zu weiteren Demonstrationen für die Meinungsfreiheit zusammenzukommen.

Erdogan verurteilt Sanktionen in Atomkonflikt mit Iran

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat internationale Sanktionen im Atomkonflikt mit Iran in scharfen Worten verurteilt. In einer im Fernsehen übertragenen Rede bezeichnete er die Strafmaßnahmen am Samstag als arrogant und erhob im Gegenzug die Forderung an Staaten wie die USA, Großbritannien und Frankreich, ihre Atomwaffen abzugeben. "Diejenigen, die diese arroganten Sanktionen wollen, müssen als erste diese Waffen abgeben", sagte er. "Wir teilen diese Haltung mit unseren iranischen Freunden, unseren Brüdern."

Iran steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Programms für Kernenergie an Atomwaffen zu arbeiten. Um die Islamische Republik zu einer Offenlegung aller Einzelheiten des Programms zu zwingen, hat der UN-Sicherheitsrat wiederholt Sanktionen verhängt. Derzeit wartet die internationale Gemeinschaft auf die Zustimmung Irans zu einem Kompromiss im Streit über eine Auslagerung der Urananreicherung, die zur Herstellung von Atomwaffen genutzt werden kann. Die Türkei ist das einzige muslimische Land in der Nato. Jüngste Äußerungen Erdogans haben die Sorge geschürt, der Staat wende sich zunehmend vom Westen ab und stärker der islamischen Welt zu.

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