Politik kompakt:EU will Sanktionen gegen Weißrussland verschärfen

Erneut sind in Minsk Gegner von Staatschef Lukaschenko verurteilt worden. Die EU verschärft möglicherweise schon am Montag die Sanktionen gegen Weißrussland.

Kurzmeldungen im Überblick.

Die autoritäre Führung in Weißrussland hat erneut mehrere Oppositionelle zu Haftstrafen verurteilt. Der ehemalige Präsidentenkandidat Wladimir Nekljajew soll zwei Jahre ins Gefängnis, eine Mitarbeiterin erhielt eine einjährige Haftstrafe. Nekljajews Kollege Witali Rymaschewski wurde am Freitag ebenso wie drei Wahlkampfhelfer zu Bewährungsstrafen bis zu zwei Jahren verurteilt. Nach zuletzt mehreren Urteilen gegen Oppositionelle in Minsk will die EU die Sanktionen gegen Weißrussland verschärfen.

Former presidential candidate Vladimir Neklyaev gestures as he speaks to the media after leaving a court building in Minsk

Der ehemalige Präsidentenkandidat Wladimir Nekljajew soll zwei Jahre ins Gefängnis. In Minsk bedankte sich Nekljajew nach dem Prozess für die Hilfe der internationalen Gemeinschaft.

(Foto: REUTERS)

"Wir werden handeln", kündige Außenminister Guido Westerwelle nach einem Treffen mit seinen polnischen und französischen Kollegen in Polen an. Nach Angaben von Westerwelle, Radoslaw Sikorski und Alain Juppé sind gezielte Strafen vor allem gegen solche Unternehmen vorgesehen, die besonders eng mit dem Regime von Präsident Alexander Lukaschenko arbeiten. Die Bevölkerung solle davon nicht getroffen werden. Wie am Rande des Treffens im nordpolnischen Bydgoszcz (Bromberg) verlautete, ist auch ein umfassendes Waffenembargo geplant. Die EU-Außenminister wollen darüber am Montag entscheiden.

Mehrere führende Regimegegner waren kürzlich in Minsk zu teils langjährigen Strafen verurteilt worden. Solche Repressionen in unmittelbarer Nachbarschaft der EU könnten nicht toleriert werden, unterstrichen die drei Außenminister. In Minsk bedankte sich Nekljajew nach dem Prozess für die Hilfe der internationalen Gemeinschaft. Ohne Unterstützung der EU und der USA hätte er vermutlich "wegen Spionage" eine längere Haftstrafe erhalten, sagte der Ex-Präsidentenkandidat. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten mindestens 200 Menschen gegen die Urteile, hieß es. Die Führung in Minsk geht derzeit so scharf wie seit Jahren nicht mehr gegen Andersdenkende vor. Beobachter sprechen von Schauprozessen wie zu Zeiten von Sowjetdiktator Josef Stalin.

Kim Jong Un, Sohn des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il, ist offenbar nach China gereist, der Castor-Transport 2010 belastet das Land Niedersachsen mit knapp 33,5 Millionen Euro und mehr als 1700 Taliban-Kämpfer nehmen an einem Programm zur Wiedereingliederung von Aufständischen teil: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Europa grollt Merkel

Die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über angeblich zu frühe Renten und zu lange Urlaube der Südeuropäer ist bei Europaabgeordneten aus den betreffenden Ländern auf scharfe Kritik gestoßen.

German Chancellor Merkel addresses news conference after talks in Berlin

Will nur dann helfen, wenn die andern sich wirklich anstrengen: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

(Foto: Reuters)

"Frau Merkels Bemerkungen sind eine Provokation, beleidigend, unbegründet und demagogisch gegenüber Ländern, die mit einer sehr schweren Wirtschaftskrise zu kämpfen haben", sagte die sozialistische portugiesische Europa-Abgeordnete Elisa Ferreira den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe.

Als "skandalös und realitätsfern" bezeichnete der sozialistische spanische Europa-Abgeordnete Alejandro Cercas die Äußerungen: "Anstatt uns zu helfen, wirft sie uns Knüppel zwischen die Beine."

Der griechische Grünen-Abgeordnete Michalis Tremopoulos sieht die europäische Zusammenarbeit bedroht. "Was wir brauchen, ist ein Europa, das Solidarität und Verantwortung ins Gleichgewicht bringt", sagte er. Er stelle aber fest, dass Merkel dieser Vision den Rücken gekehrt habe.

Merkel hatte bei einer CDU-Veranstaltung gesagt, dass man "in Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und anderen nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland". Das gleiche gelte beim Urlaub: "Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig." Berlin werde nur dann helfen, wenn "die andern sich auch wirklich anstrengen".

(dapd)

Sohn von Kim Jong Il offenbar nach China gereist

Der Sohn und mutmaßliche Nachfolger des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il, Kim Jong Un, ist nach Medienberichten zu einem Besuch in China eingetroffen. Kim Jong Un sei über die Grenzstadt Tumen im Nordosten Chinas eingereist, berichtete die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf einen chinesischen Informanten. Sein nächstes Reiseziel sei aber unbekannt.

Auch sei unklar, ob er allein oder in Begleitung seines Vaters sei. In Tumen herrschten besondere Sicherheitsvorkehrungen. Im vergangenen September hatte der 69-jährige Kim Jong Il seinen Sohn, der Ende Zwanzig sein soll, in die erweiterte Führungsriege der herrschenden Arbeiterpartei aufgenommen und ihn damit praktisch zum Nachfolger ernannt. Zuvor hatte ihn sein Vater zum Vier-Sterne-General befördert. China pflegt nach wie vor gute Beziehungen zu dem weithin isolierten Nordkorea.

(dpa)

Castor 2010 verursacht Rekordkosten von 33,5 Millionen Euro

Der Castor-Transport mit Atommüll ins Zwischenlager Gorleben im vergangenen Jahr belastet das Land Niedersachsen mit Rekordkosten von knapp 33,5 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Große Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion zurück.

Für den Polizeieinsatz beim Castor-Transport 2011 seien knapp 22 Millionen Euro eingeplant gewesen, allerdings sei nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr mit höheren Kosten zu rechnen. Das Land Niedersachsen dringt darauf, dass der Bund die Kosten übernimmt, die den Ländern für die Sicherung des Atommülltransportes entstehen. Eine Entscheidung steht aber noch aus.

(dpa)

Mehr als 1700 Taliban geben Waffen ab

Knapp ein Jahr nach Beginn eines Programms zur Wiedereingliederung von Aufständischen in Afghanistan haben nach Nato-Angaben mehr als 1700 Taliban-Kämpfer ihre Waffen niedergelegt. Bislang seien knapp 1740 ehemalige Kämpfer in das Programm eingestiegen, sagte der zuständige britische Nato-General Phil Johns auf einer von Kabul aus übertragenen Videokonferenz zu Journalisten.

Das für den Versöhnungsprozess zuständige afghanische Gremium führe zudem Verhandlungen mit bis zu 45 Gruppen im ganzen Land, wodurch weitere bis zu 2000 Kämpfer ihre Waffen niederlegen und dem Programm beitreten könnten. Das Programm war im Juli 2010 gestartet. Rebellen wird Straffreiheit zugesichert, wenn sie im Gegenzug der Gewalt abschwören, Verbindungen zum Terrorismus kappen und sich an die Vorgaben der afghanischen Verfassung halten.

Die internationale Gemeinschaft unterstützt das Programm mit 141 Millionen Dollar (knapp 100 Millionen Euro). In der Regel entscheide ein Taliban-Anführer, den Kampf zu beenden, ihm folgten dann mehrere, manchmal dutzende Kämpfer, sagte Johns. Es gebe auch zahlreiche Aufständische, die dem Kampf abgeschworen hätten, ohne an einem Regierungsprogramm zur Wiedereingliederung teilzunehmen.

(AFP)

Direktor des Budapester Holocaust-Zentrums entlassen

Der Direktor der Budapester Holocaust-Zentrums für Dokumentation und Erinnerung (HDKE), Laszlo Harsanyi, ist entlassen worden. Das habe die öffentlich-rechtliche Stiftung, die das Holocaust-Zentrum betreibt, ohne offizielle Begründung bekanntgegeben, berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Donnerstagabend.

An dieser Stiftung ist der Staat maßgeblich beteiligt, vertreten durch das Ministerium für Justiz und öffentliche Verwaltung. Die Entlassung war erwartet worden. Harsanyi sagte, er wolle den Vorgang nicht kommentieren. Seit Monaten spekulieren ungarische Oppositionsmedien darüber, dass die rechtsnationale Regierung Ungarns über einen Führungswechsel beim HDKE die Geschichtsdeutung ändern wolle, die in der derzeitigen ständigen Ausstellung des Holocaust-Zentrums vermittelt wird.

Dabei gehe es der Regierung vor allem darum, die Rolle des bis 1944 regierenden "Reichsverwesers" Miklos Horthy (1868-1957) im ungarischen Holocaust zu beschönigen. Im März dieses Jahres hatte der für das Holocaust-Zentrum zuständige Ministerial-Staatssekretär Andras Levente Gal erklärt, Horthys Rolle werde in dieser Ausstellung nicht korrekt dargestellt. Er habe vom HDKE eine Korrektur verlangt, sagte Gal in einem Interview, das auf der Regierungs-Homepage veröffentlicht wurde. Als wahrscheinlicher Nachfolger des entlassenen Harsanyi gilt der Historiker Szabolcs Szita.

(dpa)

Bombenanschlag auf Fahrzeuge des US-Konsulats in Peshawar

Zwei Fahrzeuge des US-Konsulats in der pakistanischen Stadt Peshawar sind am frühen Freitagmorgen Ziel eines Autobombenanschlags der pakistanischen Taliban geworden. Die mit al-Qaida verbundene Organisation bekannte sich zu dem Anschlag, den sie als Racheakt für die Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden bezeichnete. Zwei US-Bürger wurden Behördenangaben zufolge leicht verletzt. Ein pakistanischer Passant kam demnach ums Leben und mindestens zehn weitere Personen wurden verletzt.

Taliban-Sprecher Ahsanullah Ahsan kündigte per Telefon weitere tödliche Anschläge auf Amerikaner und Nato an. "Wir hatten davor gewarnt, dass wir den Märtyrertod von Osama rächen werden", sagte er. Die Amerikaner seien auf dem Weg von ihren Wohnungen in das streng abgesicherte Konsulat gewesen, als die Bombe detonierte, sagte der Sprecher der US-Botschaft Alberto Rodriguez. Die Insassen des getroffenen Autos seien im zweiten Wagen schnell vom Tatort weggebracht worden. Eine möglicherweise gebrochene Hand sei die schwerste Verletzung, sagte Rodriguez. Der Botschaftssprecher gab nicht bekannt, welche Positionen die angegriffenen Amerikaner innehatten.

(dapd)

Fotograf Hammerl in Libyen getötet - Südafrika protestiert

Der Tod des Fotoreporters Anton Hammerl in Libyen und die Informationspolitik der Regierung in Tripolis haben in Südafrika Empörung ausgelöst. Südafrikas Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane beschuldigte am Freitag in Johannesburg die libyschen Behörden, Südafrikas Regierung im Fall Hammerl viele Wochen lang irregeführt zu haben. "Wir sind enttäuscht, dass wir nicht von den libyschen Behörden, sondern nun von Journalisten informiert wurden", so die Ministerin. Der 41 Jahre alte Fotograf war nach Angaben seiner Familie in Südafrika seinen am 5. April erlittenen Schussverletzungen erlegen. Hammerl, der in Großbritannien lebte, ist südafrikanischer und österreichischer Staatsbürger. Er sei von Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi verletzt worden und bald darauf verstorben, heißt es in der Erklärung der Familie.

(dpa)

FPÖ in Österreich erstmals in Wahlumfragen auf erstem Platz

Die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat in einer Wahlumfrage erstmals den ersten Platz belegt. Bei der Sonntagsfrage zu ihren Wahlabsichten nannten 29 Prozent der Befragten die FPÖ, wie die Tageszeitung "Kurier" am Freitag berichtete. Dicht gefolgt wurde sie in der Umfrage des OGM-Instituts von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) mit 28 Prozent. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) kam demnach auf 23 Prozent, die Grünen auf 13 Prozent. Nach Ansicht des OGM-Direktors Wolfgang Bachmayer wurde das Ergebnis maßgeblich beeinflusst durch die aktuelle Debatte um die Krise des Euro, die Hilfen für Griechenland sowie die Äußerungen des Bankmanagers der Erste Group, Andreas Treichl. Der FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache macht seit Monaten Kampagne für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Treichl hatte kürzlich die Politiker als "feig, blöd" und in Wirtschaftsfragen "ahnungslos" bezeichnet. In der Umfrage hielten 56 Prozent der Befragten diese Äußerung für "berechtigt". Treichels Pauschalurteil hatte in Österreich zu einer heftigen Debatte und scharfer Kritik an der großen Koalition aus SPÖ und ÖVP geführt. Bachmayer führt daher die schlechten Umfrageergebnisse für die Koalitionsparteien auch auf eine grundsätzliche Unzufriedenheit der Bürger mit der Regierungspolitik zurück.

(AFP)

FDP-Vorstoß zur Mehrwertsteuer lässt die Union kalt

Die Mehrwertsteuer sorgt ein weiteres Mal für Streit in der Koalition. Die FDP verlangt eine schnelle Reform und ein Konzept von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Der verweist auf die Arbeit der zuständigen Kommission, die aber noch nie getagt hat. CSU-Chef Horst Seehofer findet, eine Steuerreform sei derzeit gar kein Thema. Für die Opposition ist das "Hickhack" ein gefundenes Fressen. Auslöser der Debatte war ein Bericht der Bild-Zeitung (Freitagausgabe), wonach eine Reform der Mehrwertsteuer vor der nächsten Bundestagswahl sehr unwahrscheinlich sei. FDP-Generalsekretär Christian Lindner reagierte prompt und empört: Seine Partei halte eine Neuordnung der Steuer "bis 2013 nach wie vor für möglich und nötig", sagte er am Freitag in Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle einen Reformvorschlag machen. Die Mehrwertsteuer sei "bürokratisch, kaum durchschaubar und deshalb reformbedürftig", urteilte Lindner. Seine Äußerungen stießen bei Horst Seehofer auf Missfallen. Der CSU-Chef kritisierte, er wisse nicht, was die Diskussion jetzt "in der politischen Landschaft zu suchen hat". Die FDP habe "schon manchmal ein Geschick beim Aufgreifen bestimmter Themen".

(dapd)

Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte werden vier Länder mit maroden Staatskassen einer strengen Haushaltskontrolle von außen unterworfen. Die finanzschwachen Länder Berlin, Bremen, Saarland sowie Schleswig-Holstein müssen wegen "drohender Haushaltsnotlage" künftig ein mehrjähriges Sanierungsprogramm umsetzen. Das geht aus einer Beschlussvorlage für den Stabilitätsrat von Bund und Ländern hervor, der an diesem Montag in Berlin tagt. Die Einhaltung des Sanierungsprogramms wird regelmäßig geprüft. Die Länder müssen aber keine Strafen fürchten. Die Haushaltspolitik dieser vier Länder steht bereits seit Mitte Oktober 2010 unter verschärfter Beobachtung. Der Stabilitätsrat hatte auf seiner zweiten Sitzung eine intensive Prüfung aufgrund von "Anzeichen für eine drohende Haushaltsnotlage" beschlossen. Erstmals wurden damit Länderetats strenger unter die Lupe genommen.

Vier "armen" Ländern droht Haushaltsnotlage

Erhärtet sich der Verdacht einer drohenden Haushaltsnotlage, vereinbart der Rat mit betroffenen Ländern Sanierungsprogramme. Diese sollen auf fünf Jahre angelegt sein und werden halbjährlich auf Abweichungen überprüft. Anders als im Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt sind allerdings keine Sanktionen für Länder vorgesehen, die die Vorgaben nicht einhalten.

(dpa)

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