Politik kompakt:Ausgaben für Sozialhilfe steigen weiter

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Der Staat muss immer mehr Geld für Sozialhilfe ausgeben, Ex-SPD-Landesvize Walter akzeptiert seine Parteistrafe und Japan steht offenbar vor einem Machtwechsel.

Sozialhilfe-Ausgaben auf höchstem Stand seit 2005

Der Staat muss immer mehr Geld für Sozialhilfeleistungen ausgeben. (Foto: Foto: dpa)

Der Staat muss immer mehr Geld für Sozialhilfeleistungen ausgeben: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stiegen die Ausgaben vergangenes Jahr erneut, diesmal um 4,9 Prozent auf netto 19,8 Milliarden Euro. In den Vorjahren waren die Zahlen um jeweils rund vier Prozent gestiegen, wie die Behörde mitteilte. Pro Kopf wurden damit 2008 rechnerisch 241 Euro für Sozialhilfe ausgegeben, im Jahr zuvor waren es noch 229 Euro. In Westdeutschland waren es 2008 mit 249 Euro je Einwohner wesentlich mehr als in Ostdeutschland mit 164 Euro. Die mit Abstand höchsten Pro-Kopf-Ausgaben hatten demnach erneut die drei Stadtstaaten Bremen (405 Euro), Hamburg (376 Euro) und Berlin (370 Euro).

Im Westen verzeichnete Baden-Württemberg die geringsten Ausgaben je Einwohner (177 Euro), Schleswig-Holstein die höchsten (288 Euro). Im Osten waren die Ausgaben in Sachsen am niedrigsten (124 Euro) und in Mecklenburg-Vorpommern am höchsten (206 Euro).

Der Deutsche Städtetag sprach von fast einer Milliarde Euro Mehrkosten im vergangenen Jahr und erklärte, zusammen mit den Folgen der Wirtschaftskrise könnten die Kommunen die Kosten nicht mehr alleine bewältigen.

Hessen: Ex-SPD-Landesvize Walter akzeptiert Parteistrafe

Der frühere SPD-Landesvize Jürgen Walter hat unter Protest in einem Parteiordnungsverfahren gegen ihn ausgesprochene Strafe wegen des gescheiterten Machtwechsels in Hessen akzeptiert. Er verzichte nur deshalb auf Rechtsmittel, um die Partei in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs nicht weiter zu belasten, schrieb Walter in einer Mitteilung. "Im Übrigen bleibe ich selbstverständlich Mitglied der SPD." Walter hatte im November 2008 mit drei Fraktionskolleginnen die Wahl der damaligen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin verweigert, weil sie entgegen ihren ursprünglichen Versprechen mit Stimmen der Linkspartei ins Amt kommen wollte.

SPD-Schiedskommissionen hatten Walter wegen dieser Erklärung einen Tag vor der geplanten Wahl im hessischen Landtag in zwei Instanzen mit einer Einschränkung seiner Mitgliedsrechte bestraft: Für zwei Jahre ist er nur in seinem Ortsverein stimmberechtigt, in dieser Zeit darf er keine Parteiämter ausüben.

Japan steht offenbar vor historischem Machtwechsel

Japan steht bei der Unterhauswahl am Sonntag allem Anschein nach vor einem historischen Machtwechsel. Umfragen zufolge haben die erst 1996 gegründete Demokratische Partei und ihr Spitzenkandidat Yukio Hatoyama beste Chancen, die Regierung zu bilden. Den seit 1955 nahezu ununterbrochen regierenden Liberal-Demokraten (LDP) droht der Gang in die Opposition. Auch die Finanzmärkte in der seit Jahren kriselnden zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sind auf den Wechsel eingestellt.

Den Umfragen zufolge können die Demokraten auf einen klaren Sieg setzen und mit mehr als 300 der 480 Sitze im Unterhaus rechnen. Einige Demoskopen sagen der Partei sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit voraus. Freilich sind zwischen 20 bis 40 Prozent der Befragten noch nicht sicher, wem sie am Sonntag ihre Stimme geben sollen. Finanzminister Kaoru Yosano warnte unterdessen vor einem Erdrutschsieg der Konkurrenz. "Dann droht die Despotie einer Partei."

Gaddafis Zelt sorgt vor UN-Vollversammlung in New York für Ärger

Die Teilnahme des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi an der UN-Vollversammlung im kommenden Monat bringt die US-Behörden in Bedrängnis. Der Senator von New Jersey, Frank Lautenberg, äußerte sich in einem Schreiben an das Außenministerium besorgt darüber, dass Gaddafi möglicherweise sein Beduinenzelt auf einem Libyen gehörenden Gelände in dem New Yorker Vorort Englewood aufstellen könnte.

In der Gemeinde leben mehrere Hinterbliebene der Opfer des Anschlags von Lockerbie, bei dem 1988 270 Menschen starben. Gaddafi hatte am Wochenende den wegen seiner Krebserkrankung vorzeitig aus der Haft entlassenen Lockerbie-Attentäter Abdelbasset Ali Mohammed el-Megrahi persönlich empfangen.

FDP-Generalsekretär Niebel gegen Ampelkoalition

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hat eine Koalition zwischen SPD, FDP und Grünen nach der Bundestagswahl definitiv ausgeschlossen. "Eine Ampelkoalition kommt für uns Liberale nicht in Frage", sagte Niebel der Berliner Zeitung. Wenn es rechnerisch für Schwarz-Gelb nicht reiche, werde es eine Ampelmehrheit und gleichzeitig eine rot-rot-grüne Mehrheit geben. "Wollten wir in einer Ampel etwas durchsetzen, würden uns SPD und Grüne stets mit Rot-Rot-Grün drohen", sagte Niebel. Also würde über kurz oder lang Rot-Rot-Grün kommen. "Und wir spielen natürlich nicht für eine Übergangszeit den Anstands-Wauwau, bis sich SPD und Grüne trauen", hob der FDP-Generalsekretär hervor.

Simbabwes Regierung: Mugabe nicht in Klinik

Simbabwes Regierung hat Berichte zurückgewiesen, denen zufolge Präsident Robert Mugabe in Dubai im Krankenhaus liege. Der seit der Unabhängigkeit des Landes regierende 85-Jährige sei am Vorabend bereits wieder in seine Heimat zurückgekehrt. Eine Zeitung hatte berichtet, Mugabe befinde sich im Krankenhaus. Er sei vor einer Woche unmittelbar nach Rückkehr von einem Besuch im Nachbarland Namibia dorthin geflogen. Der simbabwische Staatschef hatte sich am Dienstag beim Staatsbegräbnis eines langjährigen politischen Weggefährten vertreten lassen und damit einige Spekulationen über seinen Gesundheitszustand ausgelöst.

Klage gegen Jung wegen seiner Arbeit als Anwalt abgewiesen

Das Landgericht Wiesbaden hat eine Schadensersatzklage gegen Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) im Zusammenhang mit dessen früherer Tätigkeit als Anwalt abgewiesen. Eine ehemalige Mandantin hatte Jung wegen des Vorwurfs der "fehlerhaften Anwaltsberatung und Prozessführung" auf Schadensersatz in Höhe von mehr als einer Million Euro verklagt, wie das Gericht mitteilte.

Die Richter entschieden nun, dass eine objektive Pflichtverletzung des heutigen Verteidigungsministers nicht vorgelegen habe. Die Klägerin hatte nach Gerichtsangaben im Jahr 1994 ein Hausgrundstück erworben. Vor Gericht wollte sie dann eine Rückabwicklung des Kaufvertrages erreichen. Jung trat dabei als Prozessbevollmächtiger der Frau auf.

"Sauerland-Gruppe" wollte Terror wie am 11. September

Die "Sauerland-Gruppe" hat mit geplanten Bombenanschlägen auf drei US-Diskotheken und einen Flughafen in Deutschland Terror im Ausmaß des 11. September 2001 verbreiten wollen. Auch die usbekische Botschaft sei als Anschlagsziel im Gespräch gewesen, sagte der Angeklagte Adem Yilmaz an diesem Mittwoch vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf. Den Auftrag für Attentate im Stil der Terroranschläge gegen die USA habe die Gruppe während ihrer Ausbildung im pakistanischen Waziristan von der Führung der Islamischen Dschihad-Union (IJU) erteilt bekommen. Die mutmaßlichen Terroristen waren 2007 im Sauerland aufgeflogen.

Struck: "Merkel kann mich nicht leiden und ich sie nicht"

SPD-Fraktionschef Peter Struck kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Stern : "Sie ist nicht die Richtige. Sie müsste viel mehr führen und verlässlicher sein." Konkret warf der frühere Verteidigungsminister der Kanzlerin vor, nicht deutlich für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan zu werben. "Aber das ist ihr wohl nicht populär genug." Sein persönliches Verhältnis zu Angela Merkel beschrieb Struck mit den Worten: "Sie kann mich nicht leiden und ich sie nicht."

Nach der Wahl beendet Struck nach 29 Jahren im Bundestag seine Karriere. Seinem Ruhestand sieht der 66-Jährige mit gemischten Gefühlen entgegen. "Politik ist 'ne Droge. Jeder, der das bestreitet, lügt", sagte er dem Stern.

USA wollen Bürgern von Honduras keine Visa mehr ausstellen

Die USA erhöhen den Druck auf die Putschregierung in Honduras: Ab diesem Mittwoch sollen Bürgern des lateinamerikanischen Landes keine Visa mehr ausgestellt werden. Die US-Botschaft in Tegucigalpa werde Visa nur noch in Notfällen und an Honduraner vergeben, die in die USA auswandern wollen, teilte das Außenministerium in Washington mit. Mit dem Schritt sollen demnach die honduranischen Behörden dazu bewegt werden, die Rückkehr des gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya in sein Amt zu ermöglichen. Der linksgerichtete Politiker befindet sich seit dem Putsch Ende Juni im Exil.

Sohn von RAF-Opfer Buback fordert Hafterleichterung für Terroristen

Michael Buback, Sohn des von der Roten Armee Fraktion (RAF) ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, fordert, gesprächsbereiten Ex-Terroristen der RAF Hafterleichterungen für künftige Strafverfahren in Aussicht zu stellen. "Es geht mir ausschließlich darum, dass die Wahrheit bekannt wird", sagte der 64-jährige Chemieprofessor in einem Interview mit dem Magazin Stern. Der Mord an Bubacks Vater, der am 7. April 1977 mit zwei seiner Begleiter in Karlsruhe von einem Motorrad aus erschossen wurde, ist bis heute nicht aufgeklärt. Vergangene Woche hatte die Bundesanwaltschaft mitgeteilt, auf einem Bekennerschreiben zu der Tat seien DNA-Spuren der Ex-Terroristin Verena Becker gefundenworden.

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