Polen:Warschau schreibt Geschichte

Die Regierung dichtet die Historie um.

Von Florian Hassel

Polens nationalpopulistische Regierung hat eine Mehrheit im Parlament. Daher dürfte der Entwurf, den die Regierung zum Schutz des guten Namens Polens eingebracht hat, bald Gesetz werden. Klar ist, was die Regierung damit bezweckt: Sie will einen Propagandaerfolg landen und Kritiker entmutigen. Das Gesetz könnte Historiker, Journalisten und Verlage einschüchtern, die am neuen offiziellen historischen Kurs der regierenden Pis-Partei zweifeln oder anderslautende Erkenntnisse vorlegen.

In der Begründung des Gesetzentwurfs spricht Justizminister Zbigniew Ziobro von der angeblichen Notwendigkeit einer "konsequenten Geschichtspolitik der polnischen Regierung". Diese bestand zuletzt etwa darin, das nach internationalen Standards geplante Museum des Zweiten Weltkrieges in Danzig noch vor seiner Eröffnung auf mehr Patriotismus zu verpflichten. Für das Institut für nationales Gedenken - in Polen ein mit Staatsanwälten ausgestattetes Instrument der Geschichtspolitik - wurde ein neuer Direktor berufen. Er leugnet polnische Verbrechen im 2. Weltkrieg, die es auch gab. Und der Propagandafilm Smolensk lastet den Unglückstod des damaligen polnischen Präsidenten Lech Kaczynski fälschlich russischem Staatsterrorismus an.

Das Gesetz zum Schutz des guten Namen Polens ist so ein weiterer Akt der Umschreibung der polnischen Geschichte im Dienste der Regierung.

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