Polen:Symbolik zählt

Die EU müsste längst viel schärfer gegen Warschau vorgehen.

Von Florian Hassel

Zu spät, zu wenig. Die Drohung der EU-Kommission, gegen Polen ein Verfahren zum Stimmrechtsentzug nach Artikel 7 des EU-Vertrages einzuleiten, ist immer noch nur dies: eine Drohung, die nur in die Tat umgesetzt werden soll, falls die Richter des Obersten Gerichts in Polen entlassen oder in Zwangsrente geschickt werden. Diese Gefahr ist einstweilen durch das Veto des polnischen Präsidenten gegen das entsprechende Gesetz abgewehrt. Gleichwohl steht es um Polens unabhängige Rechtsprechung so schlecht, dass die EU-Kommission viel früher hätte handeln sollen.

Nach der Unterwerfung des Verfassungsgerichts unter die Regierung soll nun die Unabhängigkeit normaler Richter und des Richternachwuchses beseitigt werden. Spätestens dies hätte die EU-Kommission dazu bringen sollen, das Verfahren einzuleiten, um Polen das Stimmrecht in der Europäischen Union zu entziehen. Gewiss, das Verfahren hat keine Aussicht auf Erfolg - Ungarn hat sein Veto angekündigt. Doch auch Symbolik zählt.

Schon bei der Verlängerung der Amtszeit Donald Tusks als Präsident des Europäischen Rates erlitt die Regierung in Warschau, allein gegen alle, eine krachende Niederlage. Ein Verfahren zum Stimmrechtsentzug, bei dem Ungarn ein Veto einlegt, doch der Rest Europas gegen Polen votiert, wäre eine weitere Ohrfeige. Und das Zeichen, dass Europa wenigstens versucht zu tun, was es kann.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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