Polen:Mit Sandhandschuhen

Germany's Chancellor Angela Merkel Meets Ukraine's President Petro Pororschenko And Saxony State Premier Stanislaw Tillich

Stanislaw Tillich, 56, ist seit 2008 Ministerpräsident des Freistaates Sachsen und damit der dienstälteste seiner Zunft.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich zeigt Verständnis für Warschau und die neue rechtskonservative Regierung.

Vor dem Antrittsbesuch der polnischen Ministerpräsidentin Beata Szydł o an diesem Freitag in Berlin hat Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU) für einen behutsamen Umgang mit der neuen nationalkonservativen Regierung in Warschau geworben. "Wir sind zu schnell oberlehrerhaft", sagte der sächsische Ministerpräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Selbstverständlich versucht die neue Regierung, neue Akzente zu setzen", sagte Tillich. "Aber sie hat auch deutlich gemacht, dass Polen Mitglied der EU und der Nato bleiben will - ohne sich von anderen alles vorschreiben zu lassen."

Am Kurs der nationalkonservativen Regierung in Warschau hatte es heftige Kritik auch von deutscher Seite gegeben. Seit ihrem Amtsantritt im Oktober brachte die PiS des ehemaligen Ministerpräsidenten Jarosław Kaczynski mehrere Gesetze durchs Parlament, die sich gegen die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz richten. In Polen gingen Tausende Menschen gegen die Reformen auf die Straße. Die EU-Kommission leitete Mitte Januar eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen ein. Es war das erste Mal überhaupt, dass ein solches Verfahren gegen einen EU-Mitgliedstaat eröffnet wurde. Am Ende könnten Sanktionen gegen Warschau bis hin zum Stimmrechtsentzug stehen.

Dass Szydło sich für ihren Antrittsbesuch Monate Zeit ließ, hatte in Berlin Irritationen ausgelöst. Tillich riet zu Verständnis dafür, das Polen einen eigenen Weg suche. "Wir glauben mitunter, das Verständnis von Demokratie, wie es sich in Deutschland oder Frankreich entwickelt hat, sei das einzig wahre", sagte der CDU-Politiker. "Aber wir sollten anerkennen, dass im Baltikum, in Polen, in Tschechien oder der Slowakei eigene Wege zum gesellschaftlichen Miteinander gegangen werden."

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