Polen:Letzte Etappe

Die konservative Regierung schafft die Gewaltenteilung ab.

Von Florian Hassel

Lediglich eine kurze Atempause erhielten Polens unter Druck stehende Richter, als Donald Trump in der vergangenen Woche nach Warschau kam und die nationalpopulistische Regierung zwei Abstimmungen im Parlament kurzfristig zurückzog. Kaum war Trump weg und mit ihm die internationale Aufmerksamkeit, nahm Polens Parlament mehrere Gesetze an: Diese lösen den mit der Unabhängigkeit der Richterschaft betrauten Rat auf und geben Polens Justizminister - der gleichzeitig Generalstaatsanwalt ist - einen Blankoscheck für die Ernennung, Disziplinierung und Entlassung von Richtern.

Kurz darauf lag schon der nächste, ebenfalls verfassungswidrige Gesetzentwurf vor: Sollte er beschlossen werden, was eine Formsache ist, wird er Polens Obersten Gerichtshof in seiner bisherigen Form auflösen und alle unbotmäßigen Richter entlassen. Auch die für die Unabhängigkeit der Justiz eintretende Gerichtspräsidentin. Es ist dies die letzte Etappe eines Staatsstreiches von oben, der vor gut eineinhalb Jahren begonnen hat. Mit ihm schafft Polens Regierung die Gewaltenteilung ab.

Eigentlich müssten in Warschau Hunderttausende Menschen auf die Straße gehen. Doch der einzige Massenandrang herrscht auf Polens Autobahnen, auf dem Weg zum Sommerurlaub an der Ostsee. So stirbt im größten mittel- und osteuropäischen Mitgliedsland der Europäischen Union der Rechtsstaat im Sommer 2017 einen stillen, bitteren Tod.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: