Polen:"Es belustigt mich"

Jarosław Kaczyński, Chef der Pis-Partei und zur Zeit mächtigster Mann in Warschau, weist die Kritik der EU an seinem Staatsumbau zurück. Mit den tatsächlichen Zuständen in seinem Land habe sie nichts zu tun.

Der Chef der polnischen Regierungspartei Pis, Jarosław Kaczyński, hat die Kritik der EU am Umgang Warschaus mit dem Verfassungsgericht zurückgewiesen. Der Bild sagte er zu dem von der EU-Kommission eingeleiteten Rechtsstaatsverfahren: "Das ist nichts als ein fröhliches Schaffen zum Vergnügen der EU-Kommission und ihrer Beamten." Auf die Frage, ob er die Kritik aus Brüssel ernst nehme, sagte Kaczyński: "Es belustigt mich. Denn diese Kritik hat mit dem aktuellen Zustand unseres Landes nichts gemein." Im Streit über die Beschneidung der Befugnisse des polnischen Verfassungsgerichts hatte die EU-Kommission Warschau am Mittwoch ein Ultimatum gestellt. Die nationalkonservative Regierung in Polen habe drei Monate Zeit, um von Brüssel beschlossene Empfehlungen umzusetzen, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

"Deutschland bei Wohlstand und Wirtschaftskraft einholen"

Der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien erteilte Kaczyński erneut eine strikte Absage. "Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der es dazu käme", sagte er und fügte mit Verweis auf die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel hinzu: "Ich würde gerne von Frau Bundeskanzlerin erfahren, was sie sich dabei gedacht hat, als sie die Grenzen öffnete. Denn da lässt mich meine Vorstellungskraft im Stich." Unter Hinweis auf den Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen 1939 sagte er: "Unsere Geschichte verbindet uns nicht, sie trennt uns eher." Zwar seien Polen und Deutsche heute durch intensive Handelsbeziehungen verbunden. Doch "die Völker" werden "Zeit brauchen, um Wunden zu heilen". Kaczyński warf Berlin indirekt ein Vormachtstreben in der EU vor. Er rief Deutschland zu Fairness auf: "Wir wollen das Recht auf Entwicklung in einem fairen Markt und dadurch eines Tages auch Deutschland bei Wohlstand und Wirtschaftskraft einholen."

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