Polen:Papst: "Die Welt hat den Frieden verloren"

Vor dem Weltjugendtag - Papst Franziskus

Eigentlich müsste Papst Franziskus im katholischen Polen viele Fans haben. Doch viele Gläubige hängen dort noch Erinnerungen an Johannes Paul II. nach.

(Foto: Claudio Peri/dpa)
  • Papst Franzsikus sagt auf dem Flug nach Krakau zum Weltjugendtag: "Die Welt ist im Krieg".
  • Dort angekommen redet das Oberhaupt der katholischen Kirche der polnischen Regierung ins Gewissen: Das Land solle anfangen, Flüchtlinge aufzunehmen.
  • Unter der nationalkonservativen Regierung hat Polen sich abgeschottet.

Von Matthias Drobinski

Papst Franziskus sieht die Welt derzeit im Krieg. "Wir dürfen keine Angst haben, die Wahrheit zu sagen: Die Welt ist im Krieg, weil sie den Frieden verloren hat", sagte er auf dem Flug von Rom nach Krakau, wo er am Weltjugendtag der katholischen Kirche teilnehmen wird.

Er rede nicht von einem Krieg der Religionen, betonte der Papst. "Es ist ein Krieg um Interessen, ein Krieg um Geld, ein Krieg um Ressourcen der Natur." Über den islamistisch motivierten Mord an einem katholischen Priester in Nordfrankreich habe er mit Frankreichs Präsident François Hollande "wie mit einem Bruder" gesprochen.

In Krakau angekommen, redete das Oberhaupt der katholischen Kirche der polnischen Regierung ins Gewissen: Sie soll ihre Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen ändern. Es sei "die Bereitschaft zur Aufnahme derer notwendig, die vor Kriegen und Hunger fliehen; die Solidarität gegenüber denen, die ihrer Grundrechte beraubt sind, darunter des Rechts, in Freiheit und Sicherheit den eigenen Glauben zu bekennen", sagte Franziskus bei einer Begegnung mit der polnischen Regierung und Vertretern des öffentlichen Lebens in Krakau, wohin der Papst anlässlich des katholischen Weltjugendtages gereist ist. Polen hat unter der nationalkonservativen Regierung fast keine Flüchtlinge aufgenommen, was auch die katholische Kirche im Land immer wieder kritisiert hat.

Papst lobt die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg

Franziskus ging in seiner Ansprache an mehreren Stellen indirekt auf die Konflikte zwischen der polnischen Regierung und Teilen der Zivilgesellschaft ein. "Die Einigkeit, auch bei Verschiedenheit der Meinungen", sei "der sichere Weg, um das Gemeinwohl des gesamten polnischen Volkes zu erlangen", sagte er. "Im Licht ihrer tausendjährigen Geschichte fordere ich die polnische Nation auf, hoffnungsvoll auf die Zukunft und auf die Probleme zu schauen, die es in Angriff nehmen muss", sagte er. Dies begünstige "ein Klima der Achtung unter allen Gliedern der Gesellschaft".

Der Papst lobte die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, bei der die katholische Kirche in beiden Ländern eine wichtige Rolle gespielt habe. Er würdigte auch die Annäherung der katholischen Kirche Polens an die russisch-orthodoxe Kirche. Das "Bewusstsein und die Achtung der eigenen Identität und der Identität der anderen" sei notwendig - dies dürfe aber nicht zu einem "negativen Gedenken" führen, das "den Blick des Geistes und des Herzens zwanghaft auf das Schlechte" fixiere, "vor allem auf das, welches die anderen begangen haben", sagte der Papst.

Fünf Tage lang bleibt Jorge Mario Bergoglio im Land seines Vorvorgängers Johannes Paul II.; es ist sein erster Besuch als Papst in dem katholisch geprägten Land. Er wird unter anderem den Marienwallfahrtsort Tschenstochau und das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz besuchen sein - dort trifft der Papst ehemalige Häftlinge und Retter von Juden. In Krakau sind am Wochenende ein Kreuzweg mit Jugendlichen und eine Gebetsnacht geplant, außerdem am Sonntag die große Abschlussmesse mit dem Papst, zu der bis zu 1,5 Millionen Menschen erwartet werden. Der Weltjugendtag steht unter dem Leitwort "Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden".

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