Polen:Auf dem Marsch

Der Rechtsstaat ist abgeschafft, jetzt stehen nur noch ein paar Medien und die Bürgerge­sellschaft gegen das System Kaczynski.

Von Florian Hassel

In nur acht Tagen drei Gesetze zur Beseitigung einer unabhängigen Justiz - aus der Sicht des Machttheoretikers Niccolò Machiavelli ist das Vorgehen der nationalpopulistischen Regierung Polens höchst eindrucksvoll. Dass die obere Parlamentskammer des Landes, ebenfalls von der Regierung kontrolliert, allen drei Gesetzen zustimmen wird, ist Formsache. Polen degradiert die allgemeinen Gerichte, den Landesrichterrat und nun auch das Oberste Gericht zu Filialen der Regierungspartei. Präsident Andrzej Duda, der nie über den Status einer Marionette seines politischen Ziehvaters Jarosław Kaczyński hinausgekommen ist, wird alles abzeichnen.

In den Großstädten demonstrieren zwar Tausende mit Kerzen. Die kritische Protestgröße aber, die Kaczyński zum Rückzug zwingen würde, wurde nicht einmal ansatzweise erreicht. Dafür hätten Hunderttausende, vielleicht Millionen auf die Straße gehen müssen. Die Herrscher Polens, gefangen in ihrer von Verschwörungstheorien geprägten Weltsicht, hätte das auch nicht beeindruckt. Sie beschimpfen die Demonstranten als Verräter und "Polen schlechtester Sorte".

Wer glaubt, dass Kaczyński nun haltmachen wird, dürfte sich täuschen. Auch Bürgergruppen und die wenigen noch unabhängigen Medien werden jetzt unter Druck kommen. Sie bilden das letzte Hindernis für den Aufbau des autoritären Kaczyński-Staates.

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