Pkw-Maut:Die CSU muss bei der Pkw-Maut ihr Wort brechen

Die Partei sollte sich von ihrem einstigen Lieblingsprojekt verabschieden. Verkehrsminister Dobrindt erinnert an einen Geisterfahrer.

Kommentar von Peter Fahrenholz

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt erinnert an den Autofahrer in einem alten Witz: Der hört im Radio die Durchsage, es sei ein Geisterfahrer unterwegs, und ruft dann aus: "Was heißt hier einer? Hunderte!" Noch nicht einmal jetzt, nachdem die EU-Kommission ihre Drohung wahr gemacht hat und Deutschland wegen der Pkw-Maut verklagt, kann Dobrindt zugeben, dass er sich mit seinem Mautkonzept verrannt hat. Stattdessen hält er unbeirrt an der Hoffnung fest, der Europäische Gerichtshof werde ihm am Ende recht geben (wofür wenig spricht), und begrüßt die Klage sogar noch.

Wobei man ehrlicherweise zugeben muss: Es ist ja eigentlich gar nicht Dobrindts Konzept. Die Idee stammt von seinem Parteichef Horst Seehofer und war als Wahlkampfschlager bei der letzten Bundestagswahl gedacht. Sie sollte die bayerischen Wähler aufstacheln, die immer Maut zahlen müssen, wenn sie nach Österreich und Italien fahren. Wenn wir zahlen müssen, dann sollen die anderen gefälligst auch zahlen, war die Parole, die darauf abzielte, dass jeder bayerische Stammtisch daraufhin laut "Genau!" ruft und CSU wählt. Dobrindt, zuvor Seehofers treuer Generalsekretär, war gewissermaßen das ausführende Organ für den unausgegorenen Plan seines Chefs.

Die Klage der EU-Kommission bringt Seehofer in die Bredouille

Insofern ist die Klage gegen die Pkw-Maut nicht nur eine Ohrfeige für Dobrindt. Wobei der wenig Mitleid verdient. Dobrindt ist insgesamt eher eine Fehlbesetzung, wie auch sein Verhalten im VW-Abgas-Skandal zeigt. Da ist er von der Rolle als oberster Aufklärer weit entfernt, die er von Amts wegen einnehmen müsste. Die Klage ist vor allem ein Desaster für Horst Seehofer und damit für die gesamte CSU. Die Partei aus Bayern, die so gerne einen bundesweiten Anspruch erhebt, muss aufpassen, dass sie auf Bundesebene nicht vor allem als Urheberin aller möglichen politischen Schnapsideen wahrgenommen wird, die dann vor Gericht landen. Erst das Betreuungsgeld, das vom Verfassungsgericht gekippt wurde, jetzt die Pkw-Maut, der ein ähnliches Schicksal vor dem Europäischen Gerichtshof droht.

Beim Betreuungsgeld konnte die CSU noch auf eine Landesvariante ausweichen und damit einigermaßen ihr Gesicht wahren. Bei der Pkw-Maut ist das kaum möglich. Denn die CSU ist hier zwischen zwei Versprechen eingeklemmt, die sie nicht alle beide halten kann: dass ausländische Pkw-Fahrer auch auf deutschen Autobahnen zahlen müssen und dass deutsche Autofahrer dadurch nicht zusätzlich belastet werden. Den Trick, das europäische Diskriminierungsverbot dadurch zu umgehen, dass zwar auch Deutsche die Maut zahlen müssen, den Betrag aber über eine Reduzierung der Kfz-Steuer quasi zurückerstattet bekommen, hat die EU-Kommission nicht akzeptiert - trotz heftiger Briefwechsel zwischen Berlin und Brüssel. Die CSU hat jetzt zwei Möglichkeiten, um ein Urteil zu vermeiden. Entweder sie zieht die Mautpläne zurück. Oder sie akzeptiert eine Maut für alle ohne Kompensation. In beiden Fällen wird sie wortbrüchig.

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