Pingpong der Positionen:Integrationsbeauftragte stärken - statt neues Ministerium schaffen

Pingpong der Positionen: Flüchtlinge vor dem Berliner LAGeSo im Dezember 2015

Flüchtlinge vor dem Berliner LAGeSo im Dezember 2015

(Foto: AFP (M))

SZ-Autor Stefan Braun findet: Deutschland braucht ein Integrationsministerium. Leser Max Kuhlmann ist anderer Meinung und hat eine Gegenrede verfasst - für unser "Pingpong der Positionen".

Ist es sinnvoll, in Deutschland ein Integrationsministerium zu schaffen? Ja, meint unser Berliner Online-Chef Stefan Braun in seinem Kommentar. Wir haben Sie gebeten, eine Gegenrede zu schreiben. Erfahren Sie hier, warum Leser Max Kuhlmann ein solches Ministerium für unnötig hält und was er stattdessen vorschlägt - in unserem "Pingpong der Positionen", einem Dialog-Format, mit dem wir im Rahmen unseres Projekts "Democracy Lab" experimentieren. Stefan Braun wird dazu wiederum eine Entgegnung verfassen. Das letzte Wort hat dann - wenn er will - unser Leser, Herr Kuhlmann.

Leserkommentar: Es braucht kein Migrations- und Integrationsministerium

Ein erstes, aber wichtiges soft argument vorweg: Integration ist keine hoheitliche Staatsaufgabe, sondern muss in jedem Einzelfall im Alltag von privater Hand ausgehen und gelingen. Die Einrichtung eines Ministeriums würde nur von den Problemen des Alltags ablenken. Integration ist vielmehr eine Frage des Bewusstseins aller daran Beteiligten, eine Frage des goodwill. Eine Aufgabe der Deutschen genauso wie der zu Integrierenden. Auch wir Deutschen müssen Integration lernen. Der nötige beiderseitige goodwill kann am wenigsten durch ein Ministerium geschaffen werden.

Ein Migrations- und Integrationsministerium hätte zudem praktisch keine Kompetenzen. Dafür hier einige Beispiele:

  • Etwa die Frage der Ausbildung: Das wäre Ländersache. Kein Kultusministerium ließe sich reinreden.
  • Etwa die Frage der steuerlichen Förderung von Integrationsleistungen (Zusatzkosten der Ehrenamtlichen und Förderung der Ausbildung in Unternehmen müssten steuerlich gefördert werden): Kein Finanzministerium ließe sich Kompetenzen nehmen.
  • Etwa die Fragen der Sicherheit: Gerade hier geht es darum, eine effektive Bündelung der Kompetenzen zu schaffen. Ein Migrations- und Integrationsministerium wäre insoweit kontraproduktiv.
  • Etwa die aufkommenden Fragen künftiger Zuwanderung: Das sind Fragen, die im Kreise der Regierung kollektiv beantwortet werden müssen. Sie werden sehr vielschichtig, europabezogen und global sein und könnten, wenn sie zentriert würden, nur von einem Riesenapparat bewältigt werden. Der/die Integrationsbeauftragte sollte eher hier durch seine Fachunterstützung effektiv mitwirken.
  • Etwa europarechtliche Kompetenzen?

Ein Ministerium ist unnötig, denn das bereits vorhandene Amt des beziehungsweise der Integrationsbeauftragten passt im Ansatz durchaus gut. Es müsste allerdings prominenter wirken, gut ausgestattet werden und von einer sehr glaubwürdigen Person besetzt werden. Es war bisher fast immer dürftig besetzt. Das anzugehen wäre besser, als ein neues Ministerium zu schaffen.

Es muss nicht so sein, wie Stefan Braun unterstellt, dass in verschiedenen Ministerien jeweils für Integrationsfragen eingesetzte Beamte bei anderen wichtigen Fragen des Ministeriums für diese anderen Arbeiten herangezogen werden. Darauf könnte ein Integrations- und Migrationsbeauftragter beziehungsweise eine Beauftragte ein Auge werfen.

Und: Obwohl SZ-Autor Braun von der "Megaaufgabe" der Integration, von einem "Berg von Aufgaben" spricht, nennt er kein einziges praktisches Beispiel. Das zeigt schon, wie es einem Migrations- und Integrationsministerium gehen würde. Braun schreibt, ein solches Ministerium könne "neue Chancen und Pflichten" definieren. Es geht aber um langfristige praktische Integration in Bildung, Kultur, Freizeit etc. im Alltag, nicht um Definitionen. Braun sagt des Weiteren, das Ministerium würde "Erfahrungen sammeln". Ein solches Ministerium wird im Gegenteil aber eher weltfremd bleiben. Das sieht man ja am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).

Sinnvoller als ein Integrationsministerium wäre ein Europaministerium. Auch auf dessen Arbeit könnte ein Integrationsbeauftragter ein Auge werfen.

Zum Kommentar von Stefan Braun haben uns noch zahlreiche weitere Zuschriften erreicht - vielen Dank an alle, die mitgemacht haben! Auszüge aus jenen Beiträgen können Sie zum Teil hier nachlesen. Mehr über das SZ Democracy Lab erfahren Sie hier.

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