Rodrigo Duterte:Gottes Gegner

Rodrigo Duterte

Rodrigo Duterte beschimpft Gott.

(Foto: AP)
  • Der philippinische Präsident Duterte hat schon zahlreiche Menschen beleidigt. Jetzt fragt er: "Wer ist dieser dumme Gott?"
  • Damit riskiert er die Entfremdung von den Wählern, viele Philippiner sind tief gläubig.
  • Duterte schürt auch Unruhe im Klerus.

Von Arne Perras, Singapur

Mit dieser Masche ist Rodrigo Duterte weit gekommen, sie hat ihn ganz nach oben getragen, ins höchste Amt der Philippinen. Ein Mann aus dem Volk, einer, der redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Er sagt, er könne nicht anders. Weil er eben ist, wie er ist. So hört es sich an, wenn der Präsident vor ein Mikrofon tritt und wieder mal loslegt.

"Du Hurensohn", so flucht er gerne, Barack Obama hat das zu spüren bekommen und schließlich sogar der Papst. So viele Leute hat Duterte schon beleidigt, dass sich manche fragen: Hat er eigentlich noch jemanden vergessen? Vor wenigen Tagen bekamen alle die Antwort. Scheinbar furchtlos legte sich Duterte mit keinem anderen an als dem Allmächtigen.

"Wer ist dieser dumme Gott?", rief der Präsident bei einer Fernsehansprache und schob seinen allbekannten Lieblingsfluch hinterher. Er redete von der Schöpfung, dem Garten Eden und fragte sich, wie es Gott nur einfallen konnte, Adam und Eva zu erschaffen, so perfekte Wesen, nur um ihnen dann zu erlauben, der Versuchung zu erliegen und in Sünde zu fallen.

Natürlich sind solche Fragen nicht neu, auch Theologen beschäftigen sich mit der Genesis, wenn auch nicht mit so derben Worten. Duterte musste also in jedem Fall damit rechnen, dass seine Schmähung Gottes besondere Wirkung entfalten würde in einem Land, wo das Christentum so stark verwurzelt ist. Spanische Eroberer brachten das Kreuz einst mit in ihre Kolonien, mehr als 80 Prozent sind katholisch, zehn Prozent evangelisch, eine Minderheit bekennt sich zum Islam. Der Klerus besitzt viel Land und Einfluss, er gilt als mächtigste Institution, eine, die auch helfen kann, Diktatoren zu stürzen, wie der Fall des Herrschers Ferdinand Marcos zeigte.

Was also mag dahinterstecken, wenn Duterte nun mit seiner Munition ganz nach oben zielt? Seine Abneigung gegen die Kirche ist bekannt, er geht schon lange nicht mehr zur Messe, im Wahlkampf hatte er darüber gesprochen, dass er als Student von einem Priester missbraucht worden sei. Seine Jugend könnte also eine Rolle spielen. Dass er nun aber in aller Öffentlichkeit Gottes Werk in Frage stellt, hat wohl auch eine politische Stoßrichtung. Nur dass Analysten nicht genau greifen können, was der Präsident bezweckt. Sicher ist nur: Duterte wagt jetzt viel.

Duterte riskiert Entfremdung von den Wählern

Einerseits riskiert er die Entfremdung von Wählern, viele Philippiner sind von einer tiefen Gläubigkeit, wie man sie in Europa nicht häufig findet. Anderseits reizt Duterte Priester und Bischöfe, er schürt Unruhe im Klerus, was sich schon daran erkennen lässt, wie unterschiedlich Kirchenführer auf Dutertes Rede reagierten. Bischof Arturo Bastes nannte ihn einen "Verrückten" und wurde politisch. Alle müssten beten, dass Dutertes "diktatorische Tendenzen" ein Ende nehmen.

Versöhnlicher klang Kardinal Luis Antonio Tagle. Man solle auch jene respektieren, die nicht an Gott glaubten. Und die Philippiner dürften sich jetzt nicht ablenken lassen, wo so viele andere Probleme drängten: steigende Preise, Gewalt, Terror. Dutertes Anti-Drogen-Krieg erwähnte Tagle nicht direkt, er sprach nur von "verschiedenen Formen der Sucht", die es zu bewältigen gebe.

Dutertes Vorgehen in den Slums ist gefürchtet, er lässt die Polizei Jagd machen auf Menschen. Mindestens 12 000 Tote zählt Human Rights Watch, die Polizei listet 4000 Fälle auf. Sie sagt, dass Drogendealer Widerstand leisteten und im Feuergefecht gestorben seien, doch es gibt Indizien, dass Tatorte manipuliert und Menschen hingerichtet wurden, auch durch Todeskommandos. Fast immer trifft es Kleindealer oder mittellose Konsumenten. Drogenbosse rührt Duterte kaum an.

"Eine Nation kann nicht durch Töten regiert werden"

Der Klerus reagierte zögerlich auf die Menschenrechtsverstöße, es waren einzelne mutige Priester, die Opfern beistanden, während Bischöfe taktierten. Manche Geistliche erweckten sogar den Eindruck, der Präsident mache das schon richtig. Kardinal Tagle fand klare Worte: "Eine Nation kann nicht durch Töten regiert werden." Und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Socrates Villegas, machte deutlich, dass Polizisten, die wegen ihrer Einsätze aussagen und ihr Gewissen erleichtern wollten, auf den Schutz der Kirche zählen könnten. Das alles hat den Graben zwischen Duterte und der Kirche vertieft. Und Tiraden gegen Gott werden kaum helfen, ihn zu überbrücken.

Seit Dezember wurden drei Priester auf mysteriöse Weise erschossen. Auch dies nährt Vermutungen, dass sich die Krise verschärft. Duterte weist jeden Verdacht von sich. "Ich habe nichts gegen Euch," versicherte er den Geistlichen. Umgekehrt wiesen die Bischöfe Vorwürfe zurück, dass es eine Verschwörung gegen Duterte gäbe.

Im Umfeld des Präsidenten waren Warnungen zu hören, dass "extreme Elemente" der Kirche versuchen könnten, die Regierung zu destabilisieren. Es gäbe Verbindungen zu verdächtigen "ausländischen Gruppen", hieß es. Damit wird deutlich, wie Duterte seine Verteidigung aufbaut. Er appelliert an die nationalistischen Gefühle der Massen, die ihm beim Schutz des Vaterlands beistehen sollen. Indizien für eine Bedrohung lieferte er nicht.

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